Alt-/Neulussheim. Mit einer Entschuldigung eröffnete Gunther Hoffmann die Sondersitzung des Zweckverbandes Lußheim am Donnerstagabend im Neulußheimer Haus der Feuerwehr: Die gerade einmal neun Besucher bat der Verbandsvorsitzende für den verspäteten Beginn um Verzeihung. Fast 20 Minuten länger als geplant hatte das Gremium vor der öffentlichen Sitzung über die Zukunft des Blausees diskutiert.
Weitere 40 Minuten später war klar, wie es weitergeht: Wolfgang und Roger Erb übernehmen den Betrieb der Freizeitanlage. Dafür sprachen sich die Zweckverbandsmitglieder einstimmig aus. Bis Dienstag vergangener Woche waren drei Bewerbungen eingegangen (wir berichteten), darunter auch eine des bisherigen Betriebsleiters Bodo Roß. Wolfgang Erb, der seit 28 Jahren den Kiosk am Badesee betreibt, und sein Sohn Roger treten ihre Stelle zum 1. Januar an.
"Wir müssen vorankommen"
"Wir sind gezwungen, den Haushalt zu optimieren, damit es später nicht heißt, warum habt ihr eure Hausaufgaben nicht gemacht", begründete Hoffmann den Schritt. Andere Gemeinden hätten mit einem solchen Vertrag, wie er nun beschlossen ist, bereits positive Erfahrungen gemacht. Da sei die Frage berechtigt, "ob wir das nicht auch können". Seit Jahren arbeite man in "wesentlich sensibleren Bereichen" wie dem Friedhof mit externen Dienstleistern zusammen. "Warum soll das nicht auch in anderen Bereichen funktionieren?", fragte Hoffmann und betonte nochmals, dass der Blausee mit dem Vertragsabschluss nicht privatisiert werde: "Öffnungszeiten, Eintrittsgelder, der Zeltplatz, Investitionen, die Pflege der Außenanlage, das bleibt alles bei uns." Mit dem Konzept sei keine Verschlechterung verbunden.
Kritik übte Hoffmann an den Äußerungen der Linken, die Halbwahrheiten verbreiteten und Bürger zu Unterschriften drängten: "Mit Ängsten und Wünschen kann man immer Stimmen fangen. Ich gehe aber davon aus, dass die Mehrheit erwartet, dass wir unsere Hausaufgaben machen." Es wäre viel bequemer gewesen, gar nichts zu machen, so Hoffmann weiter. "Aber wir müssen vorankommen", da sei man bereit, sich persönlichen Beleidigungen und Angriffen auszusetzen.
Jakobi: Zu Sparsamkeit verpflichtet
"Wir sind zu wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung verpflichtet", sprach sich Norbert Jakobi für die Neulußheimer CDU-Fraktion für den Vertrag aus. Für "verwerflich" halte er das Vorgehen der Bürgerinitiative Blausee, "die mit unwahren Behauptungen Bürger aufstachelt". Das angestrebte Bürgerbegehren gehe an den Tatsachen vorbei. "Wir bleiben bei allen maßgeblichen Entscheidungen Herr der Lage."
Matthias Steffan (FWV Altlußheim) wertete den Vertrag als "Ergebnis für eine erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit". Mit Roger und Wolfgang Erb bleibe die Qualität so erhalten wie bisher. Auch Steffan betonte, dass es sich nicht um eine Privatisierung handele.
"Wir nehmen unsere Pflicht sehr ernst", nahm Sven Nitsche für die Neulußheimer Freien Wähler Stellung und sprach sich für weitere Veranstaltungen am Blausee beispielsweise in Kooperation mit Krankenkassen oder auch Radiosendern aus.
Dass man sich mit den Themen Erweiterung und Campingplatz beschäftige, zeige, dass sich der Zweckverband sehr stark engagiere. Das Angebot von Familie Erb habe den "abgerundetsten Gesamteindruck" gemacht. Auch Nitsche äußerte sich kritisch zu den Äußerungen der Linken.
Die Angebote seien alle akzeptabel gewesen, alle Bewerber hätten "Ahnung von der Sache", nahm Hartmut Beck, stellvertretender Verbandsvorsitzender und Bürgermeister Altlußheims, Stellung. "Wir können den Vertrag allerdings nur mit einem abschließen." Das wirtschaftlichste Angebot habe die Familie Erb abgegeben.
"Modell überzeugt nicht"
Mit dem Vertrag sei die Zielsetzung, das Defizit zu dezimieren und dabei die Struktur zu erhalten, "voll berücksichtigt", sprach sich auch Jan Kritzer für die Neulußheimer SPD für den Vertrag aus und betonte, dass das bisher beim Zweckverband angestellte Personal in öffentlicher Beschäftigung verbleibe.
Die einzige kritische Stimme kam von Uwe Grempels (SPD Altlußheim): "Ich bin der Meinung, dass der Vertragsabschluss dem früheren Gemeinderatsbeschluss, dass der Blausee vom Zweckverband unterhalten und betrieben wird, widerspricht." Das Modell überzeuge ihn nicht.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen könne er nicht nachvollziehen. Auch das Verfahren insgesamt sei "unbefriedigend". Dennoch stimmte Grempels dem Beschlussvorschlag zu: Nach der Entscheidung des Altlußheimer Gemeinderats müsse er das tun, das seien die Spielregeln. Für ihn sei das Vorhaben ein "Experiment mit ungeklärten Fragen", das auf dem Prinzip Hoffnung basiere und einen ungewissen Ausgang habe.
Kritik an Unterschriftenaktion
Kay Schweikert (CDU Altlußheim) sprach den Haushalt an: "Wir sind daran gehalten, ihn so zu gestalten, dass er möglich ausgeglichen ist." Einen Verstoß zu dem früheren Gemeinderatsbeschluss sehe er nicht, da es sich nicht um eine Privatisierung handele.
Die Unterschriftenaktion der Bürgerinitiative sieht Schweikert kritisch: "Ich habe mich mit einigen Leuten unterhalten, viele haben nicht gewusst, dass wir beispielsweise die Eintrittsgelder weiter bestimmen. Es war nur bekannt, dass wir den See abgeben."
Der Vertrag mit Roger und Wolfgang Erb ist zunächst auf zwei Jahre befristet. "Wir müssen schauen, wie sich die Zusammenarbeit entwickelt", begründet Hoffmann die Begrenzung und merkt an, dass der Kiosk-Pachtvertrag in zwei Jahren endet.
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