Altlußheim. Ein jeder, der schon einmal ein Gebäude im Bestand umgebaut hat, der weiß, der Teufel steckt im Detail. Manche Schäden lassen sich erst feststellen, wenn Wände oder Böden freigelegt sind oder wenn man mit dem heutigen Wissen auf die damals üblichen Baumethoden blickt. Eine Erkenntnis, die auch vor der Rheinfrankenhalle keinen Halt macht, in der zur Zeit die Lüftungsarbeiten durchgeführt werden. Hier sind es KMF-Matten, die verbaut wurden und die, da krebserregend, nach heutigem Kenntnisstand zu entfernen sind.
Zum Glück, so Bürgermeister Uwe Grempels bei einem Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung in der Halle, war dies die einzige Überraschung, mit der die Halle aufwartete. „Ich wollte es genau wissen“, forderte er die Planerin auf, die Halle auf Schadstoffe hin abzuklopfen. Ihr fielen als erstes die Fugen auf – der Verdacht auf PCB lag in der Luft. Doch eine ins Labor geschickte Probe sorgte für Entwarnung – die Fugen sind unbedenklich. Und auch Kernbohrungen brachten keine weiteren Schadstoffe zutage, es bleibt bei den in den Zwischendecken verbauten Matten.
Allerdings, deren Entsorgung hat es in sich, Grempels schätzt allein die Kosten für die Entsorgung der Matten auf knapp unter 50 000 Euro. Die eigentlichen Kosten für die Entfernung der Matten lassen sich noch nicht beziffern. Zumal dies ein komplexer Vorgang ist: Boden und Wände der Halle, und der betroffenen Nebenräume, müssen sorgsam abgedichtet werden, dann gilt es Luftschleusen einzurichten, über die die Matten ins Freie geholt werden. Grundsätzlich gilt, dass keine Faser, kein noch so kleines Teilchen mit der Halle in Berührung kommt, in ihr verbleiben darf. Bevor die Matten nicht entfernt sind, kann die neue Lüftungsanlage nicht in Betrieb gehen, da diese ja eventuell vorhandene Partikel in der Halle verteilen dürfte.
Lüftungsanlage auf der Rückseite
Abgesehen von den Matten verlaufen die Arbeiten hingegen reibungslos, betont Grempels, der insbesondere von der neuen Lüftungsanlage beeindruckt ist. Befand sich die Lüftungsanlage bisher auf dem Dach der Halle – mit drei großen Modulen – so findet sie sich nun auf der Rückseite. Herzstück der gewaltigen Anlage ist ein sogenannter Kreuzstromwärmetauscher, der die Halle mit Frischluft versorgt, ausgestattet mit modernster Technik bis hin zur Filtertechnik, die selbst Allergikern den Sport in der Halle ermöglicht, erläutert Bauamtsleiter Hubertus Zahn die technischen Komponenten der Anlage.
An den Tauscher müssen noch die Rohre angedockt werden, die zum Dach reichen und dort mit zwei mächtigen Kanälen, von denen wiederum kleinere über die Länge gezogene Kanäle abgehen und in die Halle reichen, für gute Raumluft sorgen. Die Kanäle sind schon installiert, teilt der Bürgermeister mit, nun müssen sie noch isoliert werden, dann kann die Anlage in Betrieb gehen – vorausgesetzt, die Matten sind entfernt.
Durch die Installation der Lüftungsanlage auf dem Boden werden Flächen auf dem Dach frei, die von der Gemeinde für die Installation einer Photovoltaikanlage genutzt werden wollen. Und Strom, merkt Zahn an, kann man in einer großen, vielfältig genutzten Halle nicht genug haben.
Obwohl – das Herzstück der neuen Heizanlage, ein Blockheizkraftwerk (BHKW), produziert quasi als „Abfallprodukt“ gleichfalls Strom. Das BHKW mit einer elektrischen Leistung von 20 Kilowatt und einer Heizleistung von 40 Kilowatt hilft mit, die Energiekosten deutlich zu senken. Es ersetzt die bisherigen zwei BHKW, die nach gut einem Dutzend Jahren das Ende ihres Lebenszyklus erreicht hatten und obendrein nicht mehr gefördert, finanziell unterstützt wurden.
Das BHKW besteht im Prinzip aus einem mit Gas betriebenen Automotor, im konkreten Fall von Toyota. Würde man dessen Leistung in Kilometer umrechnen, so käme man auf rund 240 000 Kilometer im Jahr – eine beachtliche Größe. Das neue BHKW wiederum arbeitet effizienter als sein Vorgänger und wird damit auch wieder gefördert. Vorgesehen ist obendrein, die neue Anlage zum Herzstück für die Versorgung nicht nur der Rheinfrankenhalle, sondern auch des in unmittelbarer Nähe entstehenden Kindergartens mit Wärme zu machen. Und neben der Förderung rechnet sich das BHKW auch durch den Strom, der ins Netz eingespeist und vergütet wird.
Kohlendioxid wird eingespart
Doch nicht nur der Geldbeutel der Gemeinde wird entlastet, auch die Natur profitiert. Durch die energetische Ertüchtigung der Halle werden jährlich zwischen 50 und 60 Tonnen Kohlendioxid eingespart, hält Bürgermeister Grempels fest. Eine Marke, die sich durch den Einbau der Photovoltaikanlagen – auch auf dem Dach des neuen Kindergartens ist eine geplant – noch steigern lässt.
Rund 1,2 Millionen Euro kostet die Sanierung der Rheinfrankenhalle im ersten Bauabschnitt. Dieser Zahl gegenüber stehen Zuschüsse in Höhe von rund 900 000 Euro, mit weiteren 70 000 Euro wird das BHKW gefördert, so dass es sich unterm Strich um eine für die Gemeinde wichtige Investition handelt, die sich schnell amortisieren wird.
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