Gemeindeentwicklung - Projektstart Hauptstraße 72/74 verzögert sich / Vertragsabschluss steht noch aus / Abriss des fränkischen Gehöfts wohl ab nächsten Monat

Ein Monat Galgenfrist fürs Kämpf-Haus

Von 
Hanna Weber
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Noch stehen die alten Gemäuer des fränkischen Gehöfts in der Hauptstraße 74. Bevor abgerissen werden kann, müssen Bauherr und Gemeinde Verträge für Ordnungsmaßnahmen abschließen. An die Stelle des ehemaligen Kämpf-Hauses kommt dann bis Jahresende ein Neubau mit fünf Eigentumswohnungen und einer Gewerbeeinheit. Im Obergeschoss des früheren Netto-Gebäudes wurde mit der Entkernung begonnen.

© Lenhardt

Altlussheim. Die ersten Bauzäune stehen, von Abrissarbeiten ist in der Hauptstraße 72/74 allerdings nichts zu sehen: Die Neugestaltung der Ortsmitte verzögert sich. Geplanter Start für das Projekt auf dem Grundstück des ehemaligen Netto-Markts (72) war der vergangene Dezember, das frühere Kämpf-Haus sollte noch im Januar in Angriff genommen werden.

Laut dem Bauherren, der Immobilien-Entwicklungsgesellschaft ComBau.Org, laufen derzeit zumindest die Entkernungsarbeiten im Obergeschoss der Nummer 72. "Demnächst werden die Verträge für die Ordnungsmaßnahmen abgeschlossen, erst dann kann abgerissen werden", erklärt Heinrich Meyer, Projektmanager des Bamberger Unternehmens, auf Nachfrage unserer Zeitung. Er rechne damit, dass die Formalia in den nächsten zwei Wochen erledigt sind.

Ein zusätzlicher Schritt, der noch aussteht: "Wir müssen der Gemeinde das Gebäude in der Hauptstraße 74 noch abkaufen." Bei dem im November unterzeichneten städtebaulichen Vertrag (wir berichteten) sei es nur um die Abnahme gegangen, erläutert Meyer.

Gewerbe im Erdgeschoss

Bis Mitte Februar, so schätzt er, ist auch eine weitere Hürde genommen - noch seien die Bauanträge für beide Grundstücke bei der Hockenheimer Behörde in Arbeit. Setzt das Bauamt einen Haken unter die Dokumente, soll im März mit den Rohbauarbeiten auf dem Areal des ehemaligen Kämpf-Anwesens begonnen werden, auf dem Grundstück in der Hauptstraße 72 sei ein früherer Start möglich, so Meyer.

Im ehemaligen Gebäudekomplex des Netto-Markts entstehen im Ober- und Dachgeschoss insgesamt sechs Eigentumswohnungen mit Terrassen in Süd/West-Ausrichtung. Fürs Erdgeschoss ist ein Nahversorgungsmarkt mit rund 520 Quadratmetern reiner Verkaufsfläche vorgesehen.

In einem weiteren Bauabschnitt soll neben dem Markt auf dem Grundstück der Hauptstraße 74 nach Abbruch des bestehenden Gebäudes ein Neubau mit fünf Eigentumswohnungen und einer Gewerbeeinheit im Erdgeschoss errichtet werden. Schon seit einiger Zeit steht fast, dass die ursprüngliche Planung, das alte Fachwerk zu erhalten, nicht umgesetzt wird (wir berichteten).

Die Verwendung von neuem Fachwerk hätte "unverhältnismäßige Kosten für den Investor" mit sich gebracht, sagte Bürgermeister Hartmut Beck bei der Gemeinderatssitzung Anfang November. Die Gemeinde sei nicht bereit gewesen, diese Mehrkosten zu übernehmen. Priorität vor Erhalt der alten Substanz habe die Umsetzung des Projekts

Ein archäologische Untersuchung der Denkmalschutzbehörde mit Probegrabungen im Hof hatten keine erhaltenswerten Funde ergeben, auf eine weitere Untersuchung im Keller wurde verzichtet. Allerdings: die Abbrucharbeiten werden begleitet und dokumentiert.

Zwischen den beiden Gebäuden Hauptstraße 72 und 74 soll ein Platz zur öffentlichen Nutzung und als Treffpunkt für die Bürger gestaltet werden. Im hinteren Teil des Grundstücks zur Hirtengasse entstehen weitere Pkw-Parkplätze.

Ärger über "Salamitaktik"

Auch wenn der Gemeinderat in seinen Sitzungen im November und Januar den Bauanträgen zu beiden Grundstücken mehrheitlich zugestimmt hat - wirklich zufrieden mit dem aktuellen Stand scheint nur ein Teil des Gremiums zu sein.

Insbesondere beim Beschluss zum Antrag Hauptstraße 74 äußerten Christoph Beil (SPD) und Kay Schweikert (CDU) ihren Unmut über das Verhalten des Investors: "Ich finde es toll, dass das Projekt zum Laufen gebracht wird", sagt Beil auf Nachfrage unserer Zeitung. Allerdings sei er der Auffassung gewesen, dass das Prozedere im Dezember abgeschlossen wird. "Dauernd kamen Änderungen, und das immer extrem kurzfristig." Durch diese "Salamitaktik" habe man dem Investor gegenüber mittlerweile ein gewisses Misstrauen. "Wenn man irgendwann alle Forderungen aufgibt, ist das kein Kompromiss mehr", so Beil. Er hoffe, dass das Projekt erfolgreich umgesetzt werde, glaube es aber erst, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind.

Schweikert ist mit der jetzt abgesegneten Lösung nicht zufrieden: Von den Wünschen, die in den Workshops geäußert wurden, sei nichts mehr übriggeblieben. Die Fassade konnte nicht erhalten werden, auch nicht Teile des alten Fachwerks. Es sei schlicht ein Neubau und habe mit dem, was mal war, nichts mehr zu tun.

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