Hinter den Kulissen

Fernsehteam des ZDF überrascht Sigi Herbel aus Altlußheim

Warum ein Altlußheimer zum ZDF-„mima-Helden“ wird und wie es zum Überraschungsdreh auf dessen Hof mit TV-Moderator Cherno Jobatey kam

Von 
Katja Bauroth
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Mikro, Kamera, ein bekanntes Fernsehgesicht, dass ihm Fragen stellt... Sigi Herbel wird gefilmt. Überraschung gelungen! © Bauroth

Altlußheim. Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause und da steht ein Kamerateam vor Ihnen mit einer Gruppe Ihnen bekannter Menschen, die auf Sie zustürmt – applaudierend und mit Blumen. Was machen Sie?

Sigi Herbel wäre wohl am liebsten getürmt. Der Altlußheimer wusste gar nicht so recht, wie ihm geschieht („Ich dachte, ich bin im falschen Film“).

Altlußheim

Altlußheim: Sigi Herbel wird für ZDF-Sendung überrascht

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„Sigi Herbel – Sie sind unser ,mima-Held‘“, ruft ihm Fernsehmoderator Cherno Jobatey entgegen und steuert auf den 70-Jährigen zu. „Lieber Sigi, wir möchten dir einfach mal danke sagen“, steht Rosa Grünstein vor dem Mann mit dem schütteren schulterlangen weißblonden Haar. Sie überreicht dem Gegenüber einen Blumenstrauß mit weißen Rosen und orangefarbenen Astern. Altlußheims Bürgermeister Uwe Grempels schließt sich als Gratulant an. Danke sagen möchte auch er wie die kleine Schar Eingeweihter, die an diesem sonnigen Herbsttag heimlich, still und leise auf Sigis Hof gekommen ist, darunter Dieter Hofstätter, Doris und Rolf Uhrich, Petra St. Onge, Sigi Herbels Lebenspartnerin Charlotte Jung-Cron sowie Senit und Hiwet aus Eritrea mit Adam (knapp zwei Jahre) und Adonai (4). Sie alle sind stellvertretend da für viele Menschen, denen Sigi Herbel geholfen hat.

Rosa Grünstein als Impulsgeberin

Diese wenigen Worte beschreiben die Schlüsselszene eines Tages, dem über Wochen eine große Planung sowie Organisation vorausging – und das bei strikter Geheimhaltung. Die Überraschung ist Hauptbestandteil einer Folge der Serie „mima-Helden“ des ZDF-Mittagsmagazins (mima). Die „mima-Helden“ werden jede zweiten Kalenderwoche wochentäglich von 13 bis 14 Uhr ausgestrahlt. TV-Moderator Cherno Jobatey (früher unter anderem ZDF-Morgenmagazin und „Verstehen Sie Spaß?“) und sein Team wählen aus Vorschlägen, die die Redaktion erreichen, jeden Monat Helden aus – dieses Mal eben Siegfried Herbel aus Altlußheim, den alle nur als Sigi kennen.

Rosa Grünstein, die schon dafür sorgte, dass die einstige Dauerbaustelle Gleisaufzug am Neulußheimer Bahnhof bei „Hammer der Woche“ (23. August 2020, ZDF) im Fernsehen landete, sah die „mima-Helden“ und just kam ihr eine Idee: „So einen Helden gibt es auch in unserem Altlußheim.“ Sigi Herbel kümmert sich nämlich seit Jahren vor allem um Flüchtlinge, ist aber auch sonst zur Stelle, wenn er gebraucht wird. Prompt war die E-Mail an mima-helden@zdf.de verschickt und die Geschehnisse nahmen ihren Lauf. Das Engagement von Sigi Herbel überzeugte die Fernsehredaktion sofort.

Er backt sogar Torten für Kinder

Mit dem rührseeligen Einsatz des Altlußheimers lässt sich nicht nur eine TV-Sendung füllen, sondern ein ganzer Roman. Dieser Mann sieht seine Lebensaufgabe darin, anderen Menschen selbstlos zu helfen. „Sigi ist einfach da, wenn man Hilfe braucht“, weiß auch Rosa Grünstein aus eigener Erfahrung. „Wenn unser Land nicht viele Menschen hätte, die so selbstlos für andere sorgen, wären wir ein trauriges Land“, bekräftigt sie die Bedeutung von ehrenamtlichem Engagement für die Gesellschaft auch vor laufender Kamera. Sigi Herbel fährt sogar durchs Dorf, wenn Sperrmüll ist, und sammelt altes Spielzeug ein, repariert und putzt es, um Flüchtlingskindern eine Freude zu machen. Und er backt tolle Torten, um den kleinen Menschen zum Geburtstag ein großes Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Jetzt wird erst mal angestoßen... Alle eingeweihten Mitüberrascher lassen Sigi Herbel hochleben. © Bauroth

„Das ist gelebte Migrationsarbeit, die niemand bezahlen könnte. Ich habe viele Jahre als Landtagsabgeordnete in Stuttgart für die SPD die Themen Integration und Migration unter der Ministerin Öney mitverantwortet. Menschen wie Sigi Herbel sind mir leider nicht so viele begegnet“, betont Rosa Grünstein, warum der Altlußheimer für sie ein Held ist.

Petra St. Onge als „Lockvogel“

Die Dreharbeiten dauern von morgens bis in den späten Nachmittag hinein. Das Fernsehteam mit den Redakteurinnen Elisa Lutter und Anne Baardman von der Produktionsfirma Strandgutmedia, Kameramann Marcel Schulze und Tontechniker Marcel Littig von den Schwetzinger Delta Vision Studios agieren umgänglich, freundlich, professionell und bestens gelaunt. Moderator Cherno Jobatey gibt sich nahbar und plaudert zwischen Einstellungen gern mit der Überraschungscrew aus Altlußheim, die zum Beispiel wissen will, wie es unter dem Möwen-Kostüm bei der zurückliegenden Fernsehstaffel von „The Masked Singer“ war und ob schon mal eine Überraschung bei den „mima-Helden“ nicht geklappt hat.

Das Fernsehteam: Kameramann Marco Schulze (v. l.), Moderator Cherno Jobatey, Elisa Lutter und Anne Baardman von der Produktionsfirma und Tontechniker Marcel Littig von den Delta Vision Studios aus Schwetzingen. © Bauroth

Apropos: Fast hätte es auch in Altlußheim ein Dilemma gegeben. „Am Vorabend des Drehtags erfahre ich, dass Sigi einen Arzttermin mit einem der Flüchtlingskinder in Schwetzingen ausgemacht hat – just zu der Zeit, zu der er im Hof auftauchen sollte“, erzählt Rosa Grünstein von dem strikten Zeitplan und einer schlaflosen Nacht. So klemmte sie sich morgens ans Telefon und konnte mit Hilfe der Arztpraxis Sigi Herbels Pläne stilvoll durchkreuzen.

Um die Vorbereitungen im Hof zu treffen, wurde Sigi Herbel von „Lockvogel“ Petra St. Onge dann in einen Baumarkt gelotst. Er sollte ihr beim Verladen eines Ofens helfen. Selbst als Petra St. Onge den (nie vorhandenen) Abholschein „vergessen“ hatte und das Duo unverrichteter Dinge wieder zurückfahren musste, brachte das Sigi Herbel nicht aus seiner stoischen Gelassenheit. Allerdings, so erzählt er später, wuchs da sein bereits vorhandenes Misstrauen noch einmal mehr: „Ich habe geahnt, dass irgendwas im Busch ist.“ Indizien hierfür waren schon an den Vortagen eine Blusenbügelaktion und Sekteinkäufe seiner Lebenspartnerin Charlotte Jung-Cron. Am ungewöhnlichsten war jedoch die Aufforderung seiner besseren Hälfte, den Hof aufzuräumen: „Da bin ich stutzig geworden“, so Sigi Herbel in seiner wortkargen Manier. Dazu muss man wissen: Sein Hof ist ein Gesamtkunstwerk, grüne Oase inklusive. Hier ranken Tomaten, hängen Feigen am Baum, wachsen Kräuter und Lavendel in Töpfen und lagern Fahrräder, die er für Flüchtlinge zurechtgemacht hat, unter einer Überdachung. Dazwischen tauchen Kunstelemente auf. In einem Schuppen türmt sich Spielzeug für die Flüchtlingskinder.

„Bis zum Kreißsaal – nicht weiter!“

Sigi Herbel selbst ist in einem Kinderheim aufgewachsen. Er hat selbst keinen Nachwuchs. Doch für viele Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, ist er Bezugsperson und Familie. Wie vielen er bislang geholfen hat, weiß er nicht so genau – es waren viele. Selbst zu jenen, die mittlerweile woanders leben, pflegt Sigi Herbel heute noch Kontakt.

Im Interview: Sigi Herbel mit Klein-Adam auf dem Arm, daneben Charlotte Jung-Cron. © Bauroth

„Sigi, ich habe gehört, Sie sind der Mann mit den meisten Frauenarztbesuchen“, spricht ihn Moderator Cherno Jobatey charmant-humorvoll darauf an, dass er Flüchtlinge neben Behördengängen unter anderem bei Arztbesuchen unterstützt. Er zeigt Neumüttern sogar, wie sie ihre Babys wickeln sollen. „Nur in den Kreißsaal, da komm’ ich nicht mit“, zeigt Sigi Herbel eine klare Grenze auf.

Bleibt eine Frage: Warum engagiert sich dieser Mann derart? Sigi Herbel zuckt mit den Schultern und schaut auf den kleinen Adam, der sich während der Dreharbeiten an ihn klammert. Der Junge mit eritreischen Wurzeln schaut ihn mit seinen großen Kulleraugen an. „Deshalb“, entgegnet Sigi Herbel und lächelt, „weil man als Mensch einfach helfen muss.“.

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Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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