150 Jahre Rheintalbahn - Hans-Dieter Wehe hat die Gleisanlage der Spargelstadt in seinem Keller maßstabsgetreu nachgebaut / Elektronikinteresse in selbst entwickelte Weichensteuerung umgesetzt

Schwetzinger Bahnhof an den Rheinbogen verlegt

Von 
Matthias Mühleisen
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Altlußheim. Dass es in Altlußheim seit Kappung des Schienenwegs über den Rhein keinen Bahnhof mehr gibt, stimmt nicht in jeder Hinsicht. Schließlich steht in der Mühlstraße der Schwetzinger Bahnhof im Keller von Hans-Dieter Wehe (kleines Bild). Und zwar mit einem akribisch dem Original nachgebildeten Gleisnetz. Der gebürtige Mannheimer mit einer großen Leidenschaft für die Technik hat vor fast 30 Jahren mit der Planung begonnen und zehn Jahre investiert, bis die Anlage seinen Vorstellungen entsprach.

Es klingt zwar nach Klischee, stimmt im Falle von Hans-Dieter Wehe aber nun mal: Das Interesse an den Miniatureisenbahnen wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. „Es gibt Bilder von mir, da sitze ich als Einjähriger auf dem Boden mit einer Fleischmann Großspur in der Hand. Es könnte sogar sein, dass die noch mit 110 Volt gefahren ist.“

Aufgewachsen ist Wehe in Sandhofen, und sein Vater gab ihm die Faszination für die Modellbauwelten weiter. In den 50er und 60er Jahren baute sich Hans-Dieter Wehe mit „Trix Express“ seinen eigenen Schienenkosmos. Möglicherweise wurde dabei auch sein Interesse an Technologie geweckt, das ihn bis heute begleitet.

Gasheizung schafft mehr Platz

In Sandhofen fuhren seine Bahnen in einem Keller, der früher als Luftschutzkeller gedient hatte. Die Feuchtigkeit war der Anlage nicht sehr zuträglich. Als er seine Frau kennenlernte, zog er nach Altlußheim – und hatte dort wesentlich bessere Voraussetzungen.

Die sich noch günstiger für das Hobby mit Platzbedarf entwickeln sollten: „Nach Umbau unserer Heizung von Öl auf Gas wurde der Öltankraum frei, den ich dann für die Modellbahn nutzte“, blickt Wehe zurück. Sein Wunsch war, eine Gleisanlage der Umgebung nachzubilden. Es sollte schon ein Bahnhof sein, der technisch etwas hergibt und nicht nur zweispurig ist. In Betracht kamen dafür Speyer oder Schwetzingen. Nachdem Wehes Schwager bei der Bahn in Schwetzingen beschäftigt war, fiel die Wahl auf die badische Seite.

Plan nach eigenen Fotos erstellt

„Den Gleisplan habe ich nach eigenen Fotografien von vor Ort erstellt“, berichtet der Tüftler. Da er mit dem Zug zur Arbeit nach Mannheim fuhr, hatte er für die Dokumentation reichlich Gelegenheit. Viele Aufnahmen entstanden von der Brücke, die einen guten Überblick bot. Bei der Umsetzung hatte die originalgetreue Ausführung aber ihre „natürlichen“ Grenzen: „Im Modell entspricht der Gleisplan im Prinzip dem Vorbild. Aus Platzgründen gehen die Gleise zwischen Schwetzingen und Oftersheim aber um die Ecke“, beschreibt Hans-Dieter Wehe.

Das Schwetzinger Bahnhofsgebäude hat er aus Sperrholz gefertigt, der Rest ist zugekaufte Bastelware. Die Ähnlichkeit ist ihm wirklich gut gelungen, auch wenn es nicht der Anspruch war, jedes kleinste Detail im Maßstab umzusetzen. Die Umgebung des Bahnhofs entspreche „mehr meiner Fantasie als der Realität. Wichtiger war mir die Technik“, berichtet der Altlußheimer.

Verwendet habe er dabei auch Häuschen aus Presspappe, die er noch Ende der 50er und in den 60er Jahren zusammengebastelt habe – „heute ist das ja alles aus Plastik.“ Dafür steckt jede Menge ausgeklügelte Technologie in der Anlage. In die ließ Wehe seine beruflichen Kenntnisse einfließen: Er war in der Softwareentwicklung tätig, aber sehr stark maschinenorientiert.

Also war sein Anspruch, die Steuerung selbst zu programmieren. Er kaufte sich seine erste digitale Lok und fing an, mit der Software für die Weichenstellung zu experimentieren. Das war durchaus herausfordernd und nicht sofort von Erfolg gekrönt, erinnert er sich: „Es hat eine Zeit lang gedauert, bis ich die Lokomotive so zum Fahren gebracht hatte. Und als ich es endlich geschafft hatte und sie setzte sich in Bewegung, musste ich feststellen, dass ich mit den Befehlen zum Anhalten noch nicht so weit war, und die Lok fuhr über den Tisch hinaus und stürzte ab. Ich konnte sie aber wieder reparieren“, blickt der Tüftler schmunzelnd zurück.

Im Lauf der Zeit funktionierte die Anlage aber immer besser, die wohl eine Fläche von rund 20 Quadratmetern einnehmen dürfte, schätzt Wehe. Der allerdings seine Leidenschaft nicht nur auf Schienenfahrzeuge begrenzen wollte. Die Fliegerei trat als weiteres Hobby neben den Modellbau und beanspruchte weitere Freizeit. In jüngerer Zeit gilt sein Interesse außerdem den Flugsimulatoren, wobei seine berufliche „Vorbelastung“ sicher auch eine gewichtige Rolle spielen dürfte.

„Die Zukunft ist ungewiss“

All das dürfte die Ursache sein, dass Hans-Dieter Wehe das Modellbahnhobby „die letzten paar Jahre stark vernachlässigt“ hat. Er räumt ein: „Ich dachte sogar schon an den Abbau der Anlage“. Das habe auch ganz praktische Gründe: „Ich muss, um ans andere Ende des Kellerraums zu gelangen, immer unter der Bahnlandschaft durchkriechen, und das fällt mir zunehmend schwerer“, berichtete er augenzwinkernd. Die Zukunft sei also ungewiss.

Andererseits wäre es doch auch schade, wenn die Altlußheimer „Zuganbindung“ tatsächlich noch weiter zurückgehen würde. Denn ob die alte Verbindung über den Rhein noch einmal aufleben wird – der Wunsch wird ja geäußert – scheint doch eher ungewiss.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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