Museum Autovision

Vortrag in Waghäusel: Dem Wasserstoff gehört die Zukunft

Eine Veranstaltung des Lions-Clubs Waghäusel Eremitage beleuchtet in Altlußheim die Zukunft der Energieversorgung.

Von 
Andreas Wühler
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Prof. Dr. Karsten Pinkwart von der Hochschule Karlsruhe referierte im Rahmen einer Vortragsveranstaaltung des Lionsclub Waghäusl sehr ausführlich und umfassend zum Thema Wasserstoff im Museum Autovision Altlußheim © Wolfgang Gans

Altlußheim. Das Thema „Wasserstoff — Schlüssel zur Energiewende in Baden-Württemberg“ hat offensichtlich ein sehr großes Interesse geweckt, sodass Präsident Friedrich Hoffmann vom Lions-Club Waghäusel Eremitage im Museum Autovision in Altlußheim im voll besetzten Saal rund 100 Besucher begrüßen konnte. Darunter viele Interessierte von benachbarten Lions-Clubs. Friedrich Hoffmann bedankte sich eingangs bei Horst Schultz, der kostenlos den großen Vortragssaal in seinem Museum Autovision zur Verfügung stellte.

Anschließend übergab er das Wort an Prof. Dr. Karsten Pinkwart. Er ist Professor an der Hochschule Karlsruhe für „Elektrochemische Energiespeicher und -wandler“ und Prodekan an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik. Sein zweites Standbein ist am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal, wo er stellvertretender Produktbereichsleiter für Angewandte Elektrochemie ist.

In seinem Vortrag ging Pinkwart zunächst auf das Hauptproblem des Klimawandels auf der Erde ein - den hohen CO₂-Gehalt in der Atmosphäre, der allein in den Jahren von 1979 bis 2023 um rund 20 Prozent gestiegen ist. Das angestrebte Ziel, dass die Temperatur auf der Erde nicht mehr als 1,5 Grad gegenüber dem Jahr 1800 steigt, sei damit nicht mehr erreichbar, selbst die Grenze von plus zwei Grad Celsius werde aller Voraussicht nach überschritten.

Artensterben und steigende Meeresspiegel

Die Folge werde sein, dass in vielen Bereichen der Natur Pflanzen und Tiere aufgrund zu hoher Temperaturen, Trockenheit, Wassermangel aber auch wegen Überschwemmungen große Verluste stattfinden werden. Der Meeresspiegel werde durch das Abschmelzen der Gletscher weltweit steigen, bis Ende des Jahrhunderts liegen die Schätzungen bei drei Metern in London, fünf in Shanghai und sieben Metern in New York. Die ehemalige Hauptstadt von Indonesien wurde bereits aufgegeben und eine neue Hauptstadt werde im Landesinneren gebaut. Auch in der Region wird die Erderwärmung zu spüren sein, in Karlsruhe werde beispielsweise in den nächsten zehn bis 15 Jahren ein Klima erwartet, wie es momentan in San Marino herrscht, betonte der Referent.

Zum CO₂-Ausstoß in die Atmosphäre trage die Industrie rund 25 Prozent bei, die Landwirtschaft und die chemische Industrie gut 27 Prozent, die Mobilität 14 Prozent und die Gebäude, wegen des Betons, weitere 18 Prozent. Aus diesen Zahlen lasse sich ersehen, so Pinkwart, dass sich die Einsparungen am CO₂-Ausstoß nicht nur auf die Mobilität konzentrieren sollten. Ein anderes Problem, das seit vielen Jahren immer wieder diskutiert werde, sei die Endlichkeit der Erdöl- und Erdgasvorkommen. So würden nach gegenwärtigen Schätzungen die Erdölreserven der Erde ungefähr 2070 zur Neige gehen mit einer Unsicherheit von plus minus zehn bis 15 Jahren, hauptsächlich abhängig von der sich bis dahin entwickelnden Weltbevölkerung und deren Verbraucherverhalten.

In jedem Fall sei das Hauptproblem die Erzeugung von elektrischer Energie, die in immer mehr Bereichen die dominierende Energiequelle sei. Hierzu zählten nicht nur die allgemeine Elektrifizierung beispielsweise für Heizungen (Wärmetauscher), sondern auch die Trinkwasseraufbereitung aus Salzwasser (akutes Problem beispielsweise in Zypern), die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff mit Elektrolyse, die zunehmende Digitalisierung mit dazu erforderlichen riesigen Mengen an Servern. Zukünftig werde also die Bereitstellung von Strom in ausreichendem Maße und zu vernünftigen Preisen die wesentliche Rolle für einen Industriestandort darstellen.

Ausbau der Photovoltaik für „grünen“ Wasserstoff

Die Erzeugung von insbesondere „grünem“ Wasser - der hierbei benützte Strom wird aus erneuerbaren Energien wie Windrad oder PV-Anlage hergestellt - sei teuer, da ein großer Strombedarf für die Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff in einem Wassermolekül erforderlich ist. In Spanien werde deshalb momentan sehr stark die Photovoltaik ausgebaut, um damit diesen Strombedarf kostengünstig decken zu können. Ein Ziel sei, den damit erzeugten Wasserstoff zu exportieren, Baden-Württemberg habe hierzu bereits Verträge mit Spanien unterschrieben. Auch Norwegen komme als Wasserstofflieferant infrage.

Prof. Pinkwart ist Mitglied in einem nationalen Beratergremium mit insgesamt 26 Wissenschaftlern, die direkt den Ministern und Staatssekretären in Berlin zugeordnet sind. Themen sind unter anderem die Infrastruktur beim Ausbau der Wasserstofftechnik, Fragen der Besteuerung, oder des Imports. Momentan werde Wasserstoff überwiegend nicht mit „grünem“ Strom durch Elektrolyse erzeugt, sondern hauptsächlich aus Kohle und Erdgas in Raffinerien (wichtig ist hierbei die MIRO in Karlsruhe). Insgesamt müsse Deutschland nach wie vor Energieträger importieren, das heißt was jetzt für Erdöl und Gas gelte, werde in Zukunft für Wasserstoff gelten, schätzungsweise müssten 70 Prozent importiert werden. Bisher kam Gas hauptsächlich aus Russland, was nicht nur preislich günstig, sondern auch qualitativ sehr gut war.

Das Interesse an der Vortragsveranstaltung des Lionsclub Waghäusl mit dem Referenten Prof. Dr. Karsten Pinkwart von der Hochschule Karlsruhe zum Thema Wasserstoff sorgte für einen vollen Vortragsraum im Museum Autovision Altlußheim © Wolfgang Gans

Investitionen in Milliarden Höhe

Die Herausforderungen für die großtechnische Einführung von Wasserstoff seien immens und erforderten riesige Investitionen. So werde die Industrie erst dann auf die Wasserstofftechnik umstellen, wenn garantiert ist, dass stets Wasserstoff in ausreichender Menge vorhanden ist. Dazu erforderlich sei der Aufbau einer effektiven Infrastruktur. Auch die gesetzlichen und technischen Rahmenbedingungen, Stichwort Besteuerung, müssten für eine Transformation in eine andere Technik angepasst werden. Ohne Zweifel müsse man von den fossilen Energieträgern wegkommen, wobei in jedem Fall der Strombedarf stark ansteigen werde.

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Eine gute Nachricht sei, dass das vorhandene Pipeline-Netz für Erdgas größtenteils auch für die Verteilung von Wasserstoff verwendet werden könne. Unabhängig davon müsse das Gasnetz ausgebaut werden. So werde bis zum Jahre 2030 für Wasserstoff geeignete Gasleitungen mit einer Gesamtlänge von 9.040 Kilometer angestrebt, wobei 60 Prozent bereits bestehende Gasleitungen sein sollten. Die Investitionskosten beliefen sich auf geschätzte gut 19 Milliarden Euro, für das geplante endgültige Gasnetz im Jahre 2045 wären weiter rund vier Milliarden Euro erforderlich.

Explizit wies Prof. Pinkwart in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kommunen bei der Planung einer Wärmeversorgung nicht nur den Wärmebezug, sondern auch das Gasnetz und insbesondere die erforderliche Stromversorgung dabei in Betracht ziehen müssten. Um nicht warten zu müssen, bis das Gasnetz in der endgültigen Größe ausgebaut sei, sollten an verschiedenen industriellen Stellen Schwerpunkte entstehen, um in die Wasserstofftechnik einsteigen zu können. Denn für einen schnellen Ausbau fehlten sowohl die finanziellen als auch die technischen Voraussetzungen. Es bestehe noch Entwicklungsbedarf und Prof. Pinkwart plädierte, technologieoffen die Probleme zu lösen.

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