Altlussheim. Die Wahl von Matthias Steffan zum Bürgermeister von Schwetzingen hat zu personellen Veränderungen bei der Freien Wählervereinigung geführt. Friedbert Blaschke, als Mann der ersten Stunde seit 1989 für die FWV im Gemeinderat, hat das Amt des Ersten Bürgermeisterstellvertreters übernommen, der für Steffan in den Gemeinderat nachgerückte Klaus Rittlinger ist neuer Fraktionssprecher. Im Redaktionsgespräch sprechen die beiden Funktionsträger über ihre neuen Aufgaben, die Organisation der Gemeinderatsarbeit und mittelfristige Ziele.
Als Nachrücker mit einer Ratsperiode Gemeinderatserfahrung gleich in den Fraktionsvorsitz - mussten Sie dazu lange überredet werden, Herr Rittlinger?
Klaus Rittlinger: Ich habe mir das schon lange überlegt. In einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Fraktion wurde einstimmig beschlossen, wer welchen Job übernehmen soll. Wenn man eine Zeit lang nicht im Gemeinderat war und gleich als Fraktionsvorsitzender einsteigt, sind das ja nicht zwei, sondern gleich fünf Schritte auf einmal. Zumal ich am kürzesten von allen im Gremium war. Aber bei uns gilt: Der Sprecher muss nicht immer alles wissen und können, sondern er muss denjenigen kennen, der es kann.
Bei den Freien Wählern darf ja ohnehin nicht nur der Fraktionsvorsitzende sprechen . . .
Friedbert Blaschke: Bei uns ist das bewusst verteilt. Als Bausachverständiger der Fraktion erhalte ich die ganzen Baupläne, also trage ich auch die Stellungnahme in Bauangelegenheiten vor. Dann müssen sich nicht alle in die oft komplizierte Materie einarbeiten. Geht es aber beispielsweise um den Umbau des Feuerwehrgerätehauses, spricht dazu selbstverständlich der Verbindungsgemeinderat der Feuerwehr. Für den Ausbau von Kindergärten und Schule war Werner Köhler zuständig, also hat er vorgetragen. So ist das ja auch besser, als wenn ein Gemeinderat die ganze Sitzung über nichts sagen kann. Das letzte Wort hat aber der Fraktionsvorsitzende.
Wie ist es mit dem Amt des Bürgermeister-Stellvertreters, - mussten Sie lange überredet werden? Intern waren sich die Freien Wähler ja nicht ganz einig.
Blaschke: Ich habe das Amt gerne übernommen und es macht mir auch Spaß. Ich bin seit 26 Jahren Gemeinderat und habe jetzt im Ruhestand Zeit und Muße, dieses Amt auszufüllen. Ich bin vor Ort, wenn es darum geht, kurzfristig eine Unterschrift zu leisten. Ich war 40 Jahre selbstständig, mich kennen die Altlußheimer - und ich kenne sie. Die Gegenstimme Werner Köhlers bei der Wahl war für mich unverständlich, aber das ist inzwischen ausgeräumt. Ich habe signalisiert, ich bin nicht nachtragend.
Haben Sie sich anlässlich der Zäsur durch Matthias Steffans Abschied auch Änderungen in der kommunalpolitischen Arbeit vorgenommen?
Rittlinger: Vordringlich geht es um die Neuverteilung der Aufgaben und Ämter. Für mich ist die Koordination zunächst eine große Herausforderung. Das fachliche Know-how, das Matthias Steffan durch seine Ausbildung und berufliche Erfahrung hat, habe ich natürlich nicht. Ich muss also zunächst viel Arbeit investieren, um mir ein Grundwissen anzueignen.
Blaschke: Wir haben uns vorgenommen, die Arbeit der Freien Wähler intensiver nach außen darzustellen, damit die Bürger mehr darüber erfahren, was wir machen.
Wie ist der Austausch zwischen Vorstand, Mitgliedern und der Fraktion?
Rittlinger: Der Vorstand um Rolf Schweikert und Schriftführer Klaus Oettinger bringt regelmäßig seine Ideen und Anregungen in die Arbeit der Fraktion ein. Die beiden nehmen auch sehr oft an den Gemeinderatssitzungen teil, um sich ein Bild auch von den Meinungen der anderen Fraktionen zu machen.
Blaschke: Wir müssen unsere Mitglieder auch informieren, damit sie Auskunft geben können, wenn sie von Bürgern auf kommunalpolitische Themen angesprochen werden. Wir freuen uns, wenn Mitglieder zum öffentlichen Teil der Fraktionssitzung kommen und ihre Meinung einbringen.
Welche Themen werden in den kommenden Monaten die Diskussion im Gemeinderat bestimmen und wo wollen die Freien Wähler dabei hin?
Rittlinger: Die Sanierung der Friedhofshalle wird ein Schwerpunkt sein, die Erweiterung des neuen Kindergartens und die Sanierung des katholischen Kindergartens machen die größten Investitionen aus.
Blaschke: Wir hinterfragen grundsätzlich immer, ob es Alternativen gibt, wenn uns die Kosten zu hoch erscheinen. Unser Anspruch ist dabei immer, eine Alternative anzubieten, nicht nur Nein zu sagen.
Hätten Sie ein Beispiel?
Blaschke: In den Beratungen um die Friedhofshalle war es ein Thema, dass die Glocke das Gebäude erzittern lässt, so dass man meinen könnte, das Dach stürzt ein. Also kam die Idee auf, einen separaten Glockenturm zu bauen. Wir haben dagegen vorgeschlagen, die Glocke stattdessen festzumachen und mit einem Hammer betätigen - das kostet nicht viel und der Effekt ist der gleiche. Diesem Vorschlag haben sich die anderen Fraktionen nach anfänglicher Skepsis angeschlossen.
Was möchte die FWV sonst noch bewegen?
Blaschke: Wir sind nach wie vor sehr unzufrieden über die Missachtung der Tempo-30-Regelung im Ort, die auch für erheblichen Lärm sorgt. Vor allem in Friedrich- und Schillerstraße wird gefahren ohne Rücksicht auf Verluste.
Rittlinger: Wir sind von der Hausmeisterpool-Lösung nicht begeistert, insbesondere wegen der Rheinfrankenhalle, wo uns ein hauptamtlicher Hausmeister lieber wäre, das haben wir auch so beantragt.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Gemeindefinanzen?
Blaschke: Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, dass wir in den vergangenen Jahren unseren Haushalt durch Bauplatzverkäufe ausgeglichen haben. Das wird jetzt aufhören, da müssen wir andere Lösungen finden.
2018 ist Bürgermeisterwahl - wie positioniert sich die FWV?
Blaschke: Für eine allgemeine Aussage ist es dazu noch zu früh. Ich persönlich kann dazu nur sagen: Ich stehe voll hinter Hartmut Beck, den die Freien Wähler im übrigen 2002 als Kandidat nach Altlußheim geholt haben.
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