Altlußheim/Reilingen. Die gute Nachricht in diesen von Trockenheit geprägten Tagen lautet, dass der Kriegbach noch Wasser führt. Die schlechte – vom Trockenfallen trennen ihn noch fünf Zentimeter. Diese Marke bezieht sich auf das Schneidmühlwehr nördlich von Ubstadt-Weiher, bei dem der Kriegbach vom Kraichbach abgeleitet wird. Fällt dort der Pegel um die besagten fünf Zentimeter, dann versiegt der Zufluss zum Kriegbach. Kein unwahrscheinliches Szenario, bis Anfang kommender Woche sind keine Niederschläge vorhergesagt.
Wie es um den Kriegbach bestellt ist, davon wollte sich der Landtagsabgeordnete der Grünen, Dr. Andre Baumann, ein Bild machen und hatte zu einer Exkursion an das Gewässer eingeladen. Am abendlichen Treffpunkt beim TTC Waldhaus zeigte sich der Abgeordnete vom Zuspruch begeistert und freute sich, so viele interessierte Menschen begrüßen zu können. Darunter zahlreiche Gemeinderäte aus den Gemeinden Altlußheim, Reilingen und Neulußheim, Stadträtin Nicole Heger aus Waghäusel, Vertreter des Nabu, des ASV Reilingen sowie Dieter Rösch, Thomas Kuppinger und Uwe Heidenreich von der BUND-Ortsgruppe Hockenheimer Rheinebene.
Gerade die Vertreter der Angelsportverein und des BUND um Dieter Rösch waren es, die im vergangenen Jahr wegen des Trockenfallens des Kriegbachs und dem damit verbundenen Fischsterben Alarm schlugen. Wobei, merkte Baumann in seiner Begrüßung an, 2021 mit Blick auf die Niederschlagsmengen kein außergewöhnliches Jahr gewesen sei. Bei den Gewässern im Land habe es nur einen Vorfall gegeben – der Kriegbach sei trocken gefallen.
Runden Tisch eingerichtet
Was zu einem großen medialen Echo geführt habe, erinnerte Baumann. Während auf der einen Seite die durchgeführten Maßnahmen im Zuge der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie – der Wasserlauf soll auch für Kleinlebewesen stromaufwärts durchgängig gestaltet werden – für das Trockenfallen verantwortlich gemacht wurden, wurde auf der anderen Seite die wasserrechtliche Regelung zwischen Kraichbach auf der einen und Kriegbach auf der anderen Seite ins Feld geführt.
Ursprünglich, so Baumann, sei der Kriegbach als Überlaufkanal des Kraichbachs im Fall eines Hochwassers gedacht gewesen. Niedrigwasser hätte kaum jemand auf dem Schirm gehabt. Bei einem im vergangenen Jahr ins Leben gerufenen Runden Tisch mit Vertretern der Angelsportvereine, der Umwelt- und Naturschutzverbände sowie dem Regierungspräsidium habe man sich auf einen Kompromiss geeinigt: Im Zuge eines Probebetriebs wird der Wasserabschlag am Schneidmühlwehr neu geregelt. Der Schütz im Kraichbach direkt unterhalb des Schneidmühlwehrs wird so heruntergefahren, dass im Niedrigwasserfall ein Rückstau im Kraichbach erzeugt wird. Dadurch fließt über eine Fischtreppe mehr Wasser in den Kriegbach. Was funktioniert, doch auch nur solange, wie der Kraichbach selbst Wasser führt.
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Doch dieses Jahr, merkte der Landtagsabgeordnete an, sei ein Jahr, wie es künftig wohl die Regel sein werde: trocken und heiß. 80 Prozent der Fließgewässer in Baden-Württemberg, führte er an, würden derzeit unter dem mittleren Niedrigwasserniveau liegen. Weshalb mittlerweile auch eine Verordnung in Kraft sei, die die Entnahme von Oberflächenwasser untersagt.
Und weitere Maßnahmen werden folgen, ist sich Baumann sicher, der auf die sich ändernde Landschaft verweist. „Unser Wald stirbt“, stellte er mit Blick auf die Schwetzinger Hardt fest, die landesweit zu den vom Klimawandel betroffensten Wäldern gehört. Wozu auch, bedingt durch die fehlenden Niederschläge, der sinkende Grundwasserspiegel beiträgt. Der bei zunehmender Trockenheit obendrein durch die verstärkte Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen weiter abnimmt. Weshalb der Abgeordnete für das Land eine Wassermangelstrategie fordert, in der es gelte, fachliche Regelungen für die Nutzung von Grund- und Oberflächenwasser zu treffen. Auch mit der Konsequenz, dass es im Ernstfall für die Nutzer zu Einschränkungen kommt: „Die landwirtschaftliche Bewässerung muss sich ändern“, ist Baumann überzeugt, in dessen Augen der Wassermangel zum zentralen Thema der Legislaturperiode wird.
Mit dem Rad ging es sodann in Richtung Kriegbach, wo in Höhe des ehemaligen Stegs zu sehen war, dass eine Pumpe, mit der Oberflächenwasser zur Beregnung genutzt wurde, nun durch einen Brunnen ersetzt wird. Nächster Stop war die Steinerne Brücke. Thomas Kuppinger nutzte die Gelegenheit, kurz auf die Geschichte des Kriegbachs einzugehen, der sich früher auf seinem 18.3 Kilometer langen Verlauf gut 13 Kilometer durch den Lußhardt schlängelte. Mit Durchstichen wurde er begradigt und verkam zum Kanal, schilderte Kuppinger.
Für normale Niederschläge
Dann schickte sich der Landesbetrieb Gewässer an, die Europäische Wasserrichtlinie umzusetzen, mit deren Hilfe Gewässer ökologische aufgewertet werden sollen und die für Kleinlebewesen die Durchlässigkeit stromaufwärts ermöglichen soll. Wobei Kuppinger nicht mit Kritik an der Maßnahme sparte. Erst durch den Einbau von Buhnen und Riegeln sei es dazu gekommen, dass der Bach trockengefallen ist.
Baumann verteidigte die Arbeiten am Bach, diese dienten der Durchlässigkeit und würden den Wasserlauf ökologische aufwerten. Was im weiteren Verlauf der Diskussion niemand abstreiten wollte. Kuppinger verwies darauf, die Pläne vor zehn Jahren unterstützt zu haben, doch zwischenzeitlich hätten sich die Voraussetzungen geändert. „Eine Niedrigwasserstrategie gab es nicht“, erinnerte Dieter Rösch und forderte ein Umdenken.
Letztlich waren sich alle Experten einig – die getroffenen Maßnahmen funktionieren sehr gut. Solange es genügend Wasser gibt, und daran fehle es. Weshalb Baumann, der auch Staatssekretär im Umweltministerium ist, wohl Nachbesserungen anregen wird, damit die Maßnahmen auch bei Niedrigwasser funktionieren. Uwe Heidenreich konnte der Diskussion Gutes abgewinnen: Mittlerweile würden die Behörden das Gespräch suchen, auch im Vorfeld von Entscheidungen.
Wie Baumann abschließend ausführte, sei der Kriegbach exemplarisch. Im Probebetrieb gelte es nun, ihn anhand von Prognosen der Niederschlagsmengen an den Klimawandel anzupassen. Was jedoch für die ganze Gesellschaft gelte. Ob Bauen oder Leben, die Strategien müssten sich ändern. Im Kampf gegen die zunehmende Hitze und Trockenheit forderte der Landtagsabgeordnete mehr Grün in den Städten, ein Wassermanagement und letztlich die Hinwendung zur Schwammstadt. „Wir brauchen neue Zielwerte“, ist Baumann überzeugt.
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