Brühl. Er hatte seine langen Schatten der Vorfreude vorausgeworfen. Der Nachtumzug, der sich am Samstagabend zum vierten Mal unter lauten Narri-Narro und Ahoi-Rufen feiernd durch Rohrhofs Straßen zog. Die Alemannische Fasnet brach dabei vorab bereits alle Rekorde, denn es hatten sage und schreibe 87 Gruppen ihre Teilnahme angekündigt. Die Erwartung Aller war groß und die konnte nicht mal der närrische Regengott zerstören. Pünktlich um 19.01 Uhr begleitete Regen die unerschrocken spielenden Guggemusiken und prächtig verkleideten Zunfttruppen.
Nach dem Motto „Regen ist bloß Konfetti vom Himmel“ prasselte dieser parallel zu den Konfettischnipseln hernieder, die so manche Hexe in den Haaren der trotzdem zahlreich erschienenen Feiernden verteilte. Und mit rund weiteren 2100 Teilnehmenden beherrschten Hochstimmung und strahlende Gesichter die Straßen, durch die sich der Nachtumzug singend, rasselnd, bimmelnd, lärmend und tanzend bewegte.
Jede Menge Schabernack
Nicht nur die äußerst ausgefallenen Kostüme und spektakulären Masken der Klosterbergtrolle, Spundefresser, Zottelböck, Deifel und Wölfe begeisterten Jung und Alt. Bedrohliche Holzmasken, klingende Glocken, riesige Hörner, zottelige Felle, düstere Gewänder - die Vielfalt kannte keine Grenzen. Und wie es die Zunft gebührt, galt es, deren nicht immer zimperlichen Schabernack standzuhalten. Es wurden Haargummis aus Zöpfen gezogen, schwarze Farbe in Gesichter geschmiert, Beine mit Klebeband zusammengebunden und Besen erschreckend geschwungen. Zuschauende wurden geschnappt, in einer Schubkarre wild zur mitgebrachten Gerätschaft verfrachtet und in Christbaumnetz umschlungen unbeweglich in den Gassen zurückgelassen. Unter Jubelrufen der Narren.
Auch Conny und Jürgen Pfau, die solch einen Nachtumzug in ihrem Wohnort Schwetzingen vermissen und in Brühl treue Besucher seit Anbeginn sind, feuerten die Akteure kräftig mit an. Frank Tremmel aus Ketsch fasste seinen ersten Besuch bei einem Rohrhofer Narrenumzug so zusammen: „Die Stimmung ist super und ich finde es klasse, dass so viele unterschiedliche Gruppen mitmachen und so viele Menschen trotz des schlechten Wetters hier sind.“ Rita Richter aus Brühl ergänzte grinsend: „Der Regen kann unsere Stimmung nicht verderben, der hält einen echten Fasnachter nicht auf.“ Sie betont beeindruck: „Es ist wirklich Wahnsinn, was hier auf die Beine gestellt wird.“
Karnevalisten helfen sich
Zuflucht vor dem Regen bekamen die Müllers aus Brühl, die mit einer 13-köpfigen Freundesgruppe gekommen war, unter dem geräumigen Vordach des Hauses einer Anwohnerin. „Das ist halt Dorf. Man kennt sich oder nicht - aber man hilft sich immer,“ meinte Peter Müller und nahm seine Rohrhofer Gastgeberin herzlich in den Arm. „Die Kostüme sind sehr ausgefallen und die Stimmung ist gut. Wenn wir uns auch sehr wundern, warum der Umzug dieses Jahr nicht mehr durch das Narrendorf geht,“ ergänzte der 62-Jährige.
Die „dunkle Fee“ Anke ist mit ihrer Zunft „Schadda Wesa“ aus Löwenstein seit 2019 in Rohrhof dabei. „Bei uns sind die Rollen vertauscht. Wir sind dunkle Feen, also die Bösen, und helle Dämonen, das sind die Guten. Der Nachtumzug hier hat ein ganz besonderes Flair und die Zuschauer machen immer richtig gut mit,“ lobte sie.
Begeisterung versprühten auch Sandra und Daniel Van den Berg aus Oftersheim. „Wir sind seit dem ersten Nachtumzug dabei. Dieses Jahr ist er so viel größer und es macht einfach mega Spaß. Es ist bemerkenswert, von wo überall die Truppen herkommen,“ staunten die beiden und tanzten weiter. Auch, dass alle Zünfte vorher von einem Moderator angesagt, mit deren eigenem Zunftruf begrüßt und mit Herkunft vorgestellt wurden, lobten beide.
Auch Trolle können freundlich sein
Die düsteren Gestalten der Nacht hatten aus unterschiedlichsten Bundesländern zum Teil weite Anreisen, bespielsweise kamen sie aus Fellbach, Tiefenbronn, Birkenfeld und Singen. So unheimlich viele der Orks, Trolle, Krappen, Ringdeifel, Zaunreiter, Schlabbedengla, Diabolos, Dämonenwaldgeister und Hogebiere daherkamen, so kümmernd bedachten sie auch die jüngsten Fastnachter mit Bonbons und freundlichen Gesten.
„Anfangs hatte unser Kleiner Angst, mittlerweile aber nicht mehr. Die Atmosphäre hier ist einfach schön und es ist toll, wie lieb sie mit den Kindern umgehen, auch wenn sie so gruselig aussehen,“ schwärmt Madelaine, die mit Mann Jörg, den vier Monate und fünf Jahre jungen Kindern Marie und Jannis extra aus Nussloch kamen.
Tolles Zusammenspiel
Großes Lob sprach auch Marius Mrosek von den zünftigen Stadtbunny‘s Gernsbach aus. „Unsere Gruppe gibt es seit 2011 und in diesem Jahr sind wir das erste Mal in Brühl dabei. Die Menschen hier sind sehr bereit, den Umzug entgegenzunehmen und machen super mit. Das kenne ich aus anderen Gegenden anders - wir kommen auf jeden Fall wieder,“ lautet sein positives Fazit.
Im Anschluss an den rund zweistündigen Umzug ging die Party im Narrendorf für alle weiter, die von dem wilden Treiben der Goggelzunft und den „Rohrhöfer Goggeln“ noch nicht genug hatten und beharrlich tapfer dem Regen entgegenfeierten.
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