Brühl. Zum Oktober vergangenen Jahres war Simone Fischer von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zur neuen hauptamtlichen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg bestellt worden. Davor war sie beim Städtetag für die Bereiche Inklusion, gesellschaftliche Vielfalt und Quartiersentwicklung verantwortlich gewesen. Am Freitag kam die in Buchen im Odenwald geborene 42-jährige Diplom-Verwaltungswirtin nun ins Rathaus der Hufeisengemeinde.
Begleitet wurde sie von Nathalie Küster, Koordinatorin für Seniorenarbeit und bürgerschaftliches Engagement im Landratsamt Tübingen. Eingeladen zu dem Treffen hatte der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm, der in seiner Fraktion der Berichterstatter für Menschen mit Handicap ist.
Bürgermeister Dr. Ralf Göck begrüßte die Gäste im Ratssaal. Zu der Runde gehörten die CDU-Ortsverbandsvorsitzende Herolinda Metaj sowie Juliana Sauer und Matthias Busse vom Team Sturm. Der Landtagsabgeordnete gratulierte dem frisch wiedergewählten Rathauschef. Göck habe stets viel Bürgernähe praktiziert und die Wohngemeinde links und rechts am Rhein immer vorangebracht. Zudem habe Brühl mit Rudi Bamberger auch einen sehr rührigen Behindertenbeauftragten, betonte Sturm.
Bamberger stellte das Brühler Netzwerk vor, das seit Jahren in funktionierender Zusammenarbeit Menschen im Sozial- und Pflegebereich berät und unterstützt. Das Thema Inklusion müsse ernstgenommen werden, forderte er. Das Land müsse bei Schwimmbädern mehr Unterstützung leisten, etwa mit vernünftigen Pool-Liftern, „damit die Menschen überhaupt ins Wasser kommen“. In Deutschland lebten immerhin fast 20 Prozent der Bevölkerung mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent.
Die Runde war sich einig, kostenfreies Parken für Menschen mit Einschränkung in sozialen Einrichtungen einzuführen. Zudem sollte die Aufklärung in Schulen verstärkt werden. Viele öffentliche und private Einrichtungen gewähren einer Begleitperson freien oder ermäßigten Eintritt. Das ist eine freiwillige Leistung und bisher keine rechtliche Pflicht. Das könne sich nur durch eine gesetzliche Vorgabe ändern.
In jedem Stadt- und Landkreis müsse ein kommunaler Behindertenbeauftragter bestellt werden, teilte Simone Fischer mit. Das könne auch über das Ehrenamt geschehen.
Bei Ehrenamtlichen sei das mitunter schwierig, die würden „oft nicht ernstgenommen“, entgegnete jedoch Bamberger. „Es darf keine Glücksache sein, dass es Menschen gibt, die einem die Türen öffnen“, sagte die Landesbeauftragte.
Herolinda Metaj fragte nach der Besoldung in Behindertenwerkstätten. Die Beschäftigten erhalten ein Entgelt, das aber nicht mit einem Gehalt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vergleichbar ist. Ihnen stehen Leistungen der Grundsicherung oder eine Rente sowie die Renten- und Krankenkassenbeiträge zu. Sturm plädierte dafür, dass auch Teilleistungen anerkannt und zertifiziert werden: „Das will die Landesregierung hinbekommen.“
Silke Ssymank, die kommunale Behindertenbeauftragte des Rhein-Neckar-Kreises, hatte den Termin leider absagen müssen. Die Runde besprach aber einige der durch sie angeregten Themen. Dabei ging es um die aktuelle Situation im ÖPNV, die umzusetzende Barrierefreiheit in Bestandsbauten und die Implementierung der Gebärdensprache. Allein in Baden-Württemberg fehlten beispielsweise hunderte Gebärdensprachdolmetscher, berichtete Fischer.
Große Pläne für Schrankenbuckel
„Wir haben eine Parallelwelt von der Schule bis zur Werkstatt. Alle Kinder brauchen geschützte Räume und alle Behinderten brauchen Verbündete, die mit ihnen an Türen rütteln, um an die Entscheidungsträger heranzukommen“, sagte die Behindertenbeauftragte des Landes.
Anschließend besuchten die Gäste die betreute Wohnanlage des Pflegedienstes Triebskorn in der Hauptstraße. Hier kam noch Holger Ahlbrecht vom CDU-Gemeindeverband Reilingen dazu. Pflegedienst-Geschäftsführer Gazmend Wiedmaier stellte das Projekt vor. Die Wohnungen gegenüber dem katholischen Gemeindezentrum sind alle belegt, es gibt eine Warteliste mit über 30 Interessenten. Im Haus für betreutes Wohnen stehen 27 Wohnungen zur Verfügung. Es gibt aber auch Einheiten ohne Seniorenbindung.
Das Projekt war vor mittlerweile fünf Jahren eingeweiht worden. Die Planungen für ein neues Projekt am Schrankenbuckel liefen aber auch schon, verriet Wiedmaier: „Dort werden wir noch einiges mehr verwirklichen.“ Er berichtete den Gästen noch von den Impfaktionen des Pflegedienstes Triebskorn mit Hilfe eines mobilen Impfteams des Rhein-Neckar-Kreises, bevor die Gruppe abschließend einige Räume der Wohnanlage besichtigen durfte.
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