Brühl. Natürlich drehe man nicht gerne an der Gebührenschraube. Die Belastung der Bürger sei erheblich und das wisse man im Rathaus wie am Ratstisch. Trotzdem entschied der Gemeinderat einstimmig, sowohl die Hundesteuer als auch die Vergnügungssteuer zu erhöhen. Nicht, so Bürgermeister Dr. Ralf Göck, um auf Teufel komm raus die Erträge für die Gemeinde zu erhöhen, sondern um die Lenkungswirkung zu stärken. Gerade bei Hunden sei das notwendig, weil die Zahl der Vierbeiner einen erheblichen Anstieg erfuhr. Von 2010 mit 766 gemeldeten Hunden und 2020 mit 859 Hunden stieg die Zahl nun auf aktuell 1042 Hunde. Darunter auch mittlerweile acht Listenhunde. Ein Anstieg, der nun wenigstens verlangsamt werden soll.
Bisher fiel in der Hufeisengemeinde eine Gebühr von 96 Euro im Jahr für den Hund an. Bei jedem weiteren Hund stieg diese Gebühr auf 192 Euro und für einen Kampfhund fallen 390 Euro im Jahr an. Vorgeschlagen wurde nun diese Gebührensätze zu erhöhen – und zwar für einen Hund auf 108 Euro (plus zwölf Euro), für den Zweithund auf 216 Euro (plus 24 Euro) und den Kampfhund auf 450 Euro (plus 60 Euro) im Jahr.
Brühl dreht an Gebührenschraube: Zweifel an der Lenkungswirkung
Für Hunde, die den sogenannten Teamtest absolvierten, wird die Ermäßigung von 21 auf 30 Euro im Jahr erhöht. Das heißt am Ende, dass die Gebühr für einen Hund mit Testat nicht um zwölf Euro, sondern lediglich um drei Euro steigt. Es war ein Vorschlag, der am Ratstisch quer durch alle Fraktionen gutgeheißen wurde.
Auch wenn es belastbare Zweifel an der Lenkungswirkung gibt. Deutschlandweit steigt die Zahl der Hunde ungebremst. Verzeichnete das Statistische Bundesamt im Jahr 2015 noch 7,9 Millionen Hunde, sind es mittlerweile fast 12,3 Millionen.
Ebenso einstimmig goutiert wurde die Erhöhung der Gebührensätze auf Geräte mit Gewinnmöglichkeiten. Bis dato galt dabei ein Satz von 15 Prozent der Bruttokasse. Mit dem Beschluss steigt dieser Satz nun auf 27 Prozent. Dabei gelte auch in diesem Bereich, dass es vordergründig nicht darum gehe, Einnahmen zu generieren. Die Steuer, so Göck, sei ein Mittel zur Beschränkung der Rentabilität von Spielautomaten und damit auch ein Instrument, die Spielsucht zu bekämpfen.
Trotzdem gelte bei beiden Punkten auch, dass die Gemeinde angesichts der angespannten Haushaltslage zu einer Erhöhung angehalten sei. Denn die Gemeindeordnung stelle unmissverständlich fest, dass eine Gemeinde, bevor sie Kredite aufnimmt, also Schulden macht, zuerst Entgelte für gebotene Leistungen und Steuern erhöhen muss. Und Brühl wird in den kommenden Jahren eine Gemeinde mit angespannter Haushaltslage.
In diesem Zusammenhang ist auch die für die Hufeisengemeinde ganz neue kommunale Steuer zu sehen. In Deutschland, so der Kämmerer Andreas Willemsen, gebe es sie schon seit gut 50 Jahren und sie habe sich durchaus bewährt, als Instrument, um mehr Hauptwohnsitze zu generieren.
Brühl dreht an Gebührenschraube: Kämmerer will Ausgleich schaffen
Und diese Kategorie ist mit der wichtigsten Einnahmequelle für Kommunen verknüpft. Die Landeszuweisungen, die die Gemeinde vom Land pro Einwohner mit Hauptwohnsitz bekommt, beläuft sich derzeit auf rund zehn Millionen Euro. Im kommenden Jahr wird Brühl pro Einwohner mit Hauptwohnsitz 1050 Euro bekommen. Alle Menschen mit Zweitwohnsitz werden nicht berücksichtigt, obwohl sie die Infrastruktur, die mit diesen Mitteln aufrechterhalten wird, ja ebenfalls nutzen.
Um da nun einen Ausgleich zu schaffen, schlug die Verwaltung eine Steuer in Höhe von zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete vor.
Aktuell würde diese Steuer in Brühl 263 Personen betreffen. Aufgrund von Erfahrungen anderer Kommunen sei davon auszugehen, so Willemsen, dass rund ein Drittel der Betroffenen ihren Zweitwohnsitz in einen Hauptwohnsitz ummelden. Ein weiteres Drittel wird seinen Zweitwohnsitz abmelden und das letzte Drittel wird die Steuer treffen. Willemsen rechnet daher mit rund 70 steuerpflichtigen Personen und einem jährlichen Ertrag von rund 50 000 Euro.
In der Vorlage für die Ratssitzung findet sich eine Beispielrechnung, damit der Bürger weiß, was auf ihn zukommt. Bei einer Zweitwohnung, 60 Quadratmeter groß mit acht Euro pro Quadratmeter, fällt eine jährliche Kaltmiete von 5760 Euro an. Zehn Prozent wären dann 576 Euro im Jahr.
Ausgenommen sind Wohnungen, die von öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern zu therapeutischen Zwecken oder Jugendhilfemaßnahmen genutzt würden. Ebenso ausgenommen sind Wohnungen, die der Betreuung pflegebedürftiger Menschen dienen und Wohnungen, die von verheirateten Personen aus Gründen ihrer Erwerbsarbeit genutzt würden.
Bernd Kieser (CDU) unterstützte das Vorhaben klar. Angesichts der schwieriger werdenden Haushaltsführung sei die Zweitwohnungssteuer ein vertretbarer Schritt. Die Zuwendungen des Landes pro Einwohner mit Hauptwohnsitz seien für die Aufrechterhaltung der Brühler Infrastruktur unverzichtbar. In der Haushaltsstrukturkommission habe man sich rund um Einsparungen und Mehreinnahmen viele Gedanken gemacht und die Einführung der Zweitwohnungssteuer erscheine da zwingend.
Bedenken wegen des Aufwandes
Eine Sicht, die auch Klaus Pietsch (FW) teilte. Die zunehmend defizitäre Entwicklung im Haushalt und die Notwendigkeit der Finanzierung zahlreicher kommunalen Aufgaben, wie Kinderbetreuung oder Straßenunterhalt, ließen da nur sehr wenig Spielraum. Immerhin nützten auch Menschen mit Zweitwohnsitz die örtliche Infrastruktur. Und sozialen Belange würden ausreichend berücksichtig.
Auch Hans Zelt (SPD) signalisierte Zustimmung, „aber mit Bedenken.“ Nicht sicher sei das dem Verwaltungsaufwand auch ausreichend Erträge gegenüberstünden. Grundsätzlich sei das Ziel mehr Hauptwohnsitze aber zielführend, stärke es doch die Haupteinnahmequelle der Gemeinde.
Ulrike Grüning von der GLB stellte ebenfalls die Frage, ob sich der verwaltungstechnische Aufwand angesichts der doch eher wenigen Betroffenen lohne. Am Ende stimmten alle Ratsmitglieder zu, wünschten sich aber eine Bilanz nach einem Jahr.
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