Brühl. Die Corona-Epidemie verlangt die Einschränkung von Kontakten. Deshalb wurde nicht nur das Rathaus, sondern auch alle öffentlichen Einrichtungen grundsätzlich für die Bürger geschlossen. Bürgermeister Dr. Ralf Göck berichtet aus der Hufeisengemeinde: „Die Schwierigkeit liegt darin, einerseits die notwendigen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, für Ordnung zu sorgen und das politische Leben auch ohne Sitzungen weiter zu pflegen, andererseits aber gesundheitliche Gefahren für die Mitarbeiter abzuwenden und natürlich auch die mögliche Einschränkung des Dienstbetriebs zu bedenken.“ Zunächst habe man ein wochenweise wechselndes Zwei-Schicht-System eingeführt.
„Wenn Corona bei uns eine Schicht lahmlegt, kann die andere einsteigen“, sagt Göck. Die Handlungsfähigkeit sei inzwischen perfektioniert worden, weil es gelungen sei, die Mitarbeiter für das Homeoffice auszustatten. Die technischen Voraussetzungen, dass von zu Hause aus auf den Dienst-Computer zugegriffen werden kann, seien innerhalb kürzester Zeit dank des großartigen Einsatzes der IT-Abteilung geschaffen worden. „Nach der Schließung des Rathauses für die Öffentlichkeit wurde vieles durch Telefonate, über E-Mails oder per Post erledigt, das Sozialamt hilft bei Rentenanträgen per Telefon oder das Bauamt verschickt mehr Pläne, einfach um persönliche Vorsprachen überflüssig zu machen. Das ist auch im Interesse der Risikogruppen, die nicht persönlich erscheinen müssen. Heruntergefahren haben wir die kulturellen und sportlichen Einrichtungen, also von Veranstaltungen in der Festhalle oder in der Villa Meixner bis hin zum Hallenbad oder zu den Sporthallen“, erläutert er.
Göck ist gespannt, wann „Lockerungen“ kommen können. Daran hänge auch ab, ob, und wenn ja, wann das Freibad aufgemacht wird. Dass das wie in den Vorjahren am 1. Mai sein wird, glaubt allerdings kaum jemand. Die personalintensiven Betreuungseinrichtungen für Ein- bis Zehnjährige sind ebenfalls geschlossen und alle Mitarbeiterinnen sind zur Hälfte freigestellt. Die Notbetreuung läuft.
Gerade der Ausfall vieler Gebühren und Eintrittsgelder bei fortlaufenden Personalkosten werde den Haushalt belasten, prognostiziert der Bürgermeister: „Hier hilft das Sofortprogramm des Landes, insbesondere bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Aber ein Teil der Kosten wird bei der Gemeinde hängenbleiben.“
„Politik macht guten Job“
Im Bereich des Ordnungsamtes hätten sich zu Beginn der Corona-Krise die Verordnungen und Hinweise zu Allgemeinverfügungen überschlagen, aber mittlerweile seien Auslegungshinweise zur Verfügung gestellt worden. „Ich bin der Meinung, dass die Politik einen guten Job macht, und bin zuversichtlich, dass die Kurve der Ansteckungen sich jetzt schon abflacht, dass also die Maßnahmen greifen und unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Ich hoffe, dass Notbetten nicht gebraucht werden“, sagt Göck.
Er freue sich, dass sich die meisten Bürger an die Regelungen halten. Auch die Sperrung der Spielplätze werde akzeptiert. „An ganz wenigen Hotspots, wie der Schweinebucht am Rheinufer, wo sogar ein Baum gebrannt hat, sowie in der Nähe der Anlegestelle der Kollerfähre gibt es ab und zu Ansammlungen“, weiß Göck, dass das schöne Wetter die Menschen ins Freie lockt.
Auch die Einkaufsmärkte hätten sich weiterentwickelt, ließen nur noch eine bestimmte Kundenanzahl in das Geschäft. Schwierig werde es allerdings, wenn dann die Warteschlangen zu intensiven persönlichen Kontakten führten: „Das hat uns auch davon abgehalten, das Kompostlager wieder zu öffnen, denn auch dort wäre die Konversation während der Wartezeit sicher intensiv gewesen. Unseren Hinweis, dass die kostenfreie Biotonne genutzt werden kann, die alle zwei Wochen abgeholt wird, hat mancher dazu genutzt, sich erstmals eine Biotonne bei der AVR zu bestellen.“
Bußgeld gegen eine Gaststätte
Die Polizei und teilweise auch das Ordnungsamt führen Kontrollen durch. Auf den öffentlichen Plätzen ist es relativ ruhig, bis auf wenige Ausnahmen. Beim Markttag dienstags in Rohrhof hat es sich inzwischen auch herumgesprochen, dass Abstand einzuhalten ist. Alles passiert in Kontakt mit der Polizei, die Verordnungen werden planmäßig umgesetzt und finden Verständnis bei den Bürgern. In einem Fall musste ein Bußgeld gegen einen Gaststättenbetrieb verhängt werden.
„Die Bürger haben inzwischen Verständnis für die eingeschränkten Möglichkeiten in der derzeitigen Situation“, stellt Göck fest: „Wenn das so bleibt, wird es auch weiterhin reibungslos laufen.“ Gekaufte Eintrittskarten werden auf Wunsch zurückerstattet. Die Notbetreuung für Kinder und Grundschüler – auch in den Osterferien – kommt gut an. Die Corona-Verordnung müsse konsequent durchgesetzt werden, Ausnahmen könnten nur unter ganz besonderen Umständen gewährt werden, bedauert der Rathauschef.
Er selbst erlebt sich beim Händewaschen „so oft wie noch nie“ und brauche inzwischen deutlich mehr Handcreme. Und den jährlichen Besuch an Ostern in der Stadt Brühl bei Köln beim Amtskollegen Dieter Freytag musste Göck schweren Herzens absagen. Für ihn neu waren die beeindruckenden Hilfsangebote einer Gruppe junger Leute um Sean Ireland, die sich per WhatsApp rufen lassen. Auch die beiden Kirchengemeinden böten solche Hilfen an und viele ältere Menschen verbänden damit auch den sozialen Kontakt. „Die Gemeinde rückt wieder näher zusammen. Vielleicht hilft uns das auch in der Zeit nach Corona“, freut sich Göck und bittet um Unterstützung für die Gewerbetreibenden. Die Liefer- und Abholliste wird ständig aktualisiert und erweitert. Zuletzt habe man mit den Behörden einen „Straßenverkauf auf Vertrauensbasis“ abgesprochen. „Wir wollen die Bestimmungen also mit Augenmaß umsetzen und die Einschränkungen für die Gaststätten und Geschäfte etwas erträglicher gestalten“, verspricht der Bürgermeister.
Normalität erst Ende des Jahres
Am Ostermontag ist Bilanz gezogen worden, danach könnten die ersten Lockerungen bekanntgegeben werden, meint Göck: „Vorausgesetzt die Bürger halten sich gerade über die Osterferien an das Kontaktverbot. Die ersten Lockerungen würden dann ab 20. April wirksam werden, gerade um die Wirtschaft am Leben zu erhalten.“ Aber ein „völlig normales Leben“ dürfte erst wieder Ende des Jahres in Deutschland einkehren, so seine Prognose.
Der Kontakt zu den Bürgern bleibt über Telefon, E-Mail und Post sowie die Internetseite www.bruehl-baden.de, das Amtsblatt und die Zeitung. Göck nutzt auch die sozialen Medien und sendet zusätzlich wöchentlich drei- bis vierminütige Videobotschaften aus.
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