Villa Meixner - „Auszeit“-Liederabend zum Thema „Dämmerungen“

Die Seelenwelt der Romantik erspürt

Von 
Maria Herlo
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In der Reihe „Auszeit“ gestalten Kyeyoung Lim (v. l.) Cosima Grabs und Jens Hoffmann einen Liederabend zum Thema „Dämmerungen“. © Lenhardt

Brühl. Das suggestive Zusammenwirken von Stimme, Text und Klavier in Liedern von Hugo Wolf, Franz Schubert, Robert Schuhmann, Richard Strauss, Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy machte den Abend in der Konzertreihe „Auszeit“ zum erlesenen Genuss. Cosima Grabs (Mezzosopran), Jens Hoffmann (Bariton) und Kye-young Lim (Klavier) unternahmen einen Streifzug „durch die Seelenwelt der Romantik und ihrer Beschaffenheit im Licht der Dämmerung“, wie das Programmblatt es formulierte.

So passte auch das Motto „Dämmerungen“ zum Abend mit Kompositionen wie „Verborgenheit“ von Wolf, „Herbstlied“ von Mendelssohn Bartholdy oder „Traum durch die Dämmerung“ von Strauss, die auf verschiedene Weise auch große Themen wie Liebe, Abschied, Sehnsucht, Aufbruch und Melancholie beleuchteten. Die Sensibilität für den Klang der Worte, Silben und Vokale wurde bei Hoffmann, der den ersten Teil des Abends bestritt, stets durch die dramatische Funktion des Liedes und seinen ungemein prächtigen Volumen hervorgehoben. Besonders stimmig gelingt ihm dies mit dem Hugo-Wolf-Zyklus aus den Mörike- sowie Michelangelo-Liedern. Wie er in „Der Genesende an die Hoffnung“ oder „Wohl denk ich oft“ nicht nur die Vokale subtil färbte, sondern auch die Konsonanten in den Klangstrom einband, Explosivlaute zur Gliederung von Phrasen verwendete, war beeindruckend und verriet ein perfektes Handwerk.

Ein ausgereifter Umgang mit Sprache und Melodie zeichnete auch Schuberts„Doppelgänger“ sowie Schumanns „Belsazar“ aus, wobei Hoffmann sein ausdrucksstarkes Timbre immer wieder sehr schön zum Leuchten brachte. Seine Kunst der stimmlichen Darstellung gipfelte in „Der Jäger“ von Wolf. Sorgsam zeichnete er die Melodienlinien nach und verdichtete mit den bedachtsam gestalteten Konsonanten die betörende Atmosphäre, die der Komponist in dem Bild „Drei Tage Regen fort und fort, / Kein Sonnenschein zur Stunde; / Drei Tage lang kein gutes Wort / Aus meiner Liebsten Munde!“ heraufbeschwört. Eingefasst durch die raffinierten harmonischen Entwicklungen von Kye-young Lim am Klavier, verfehlten seine Darbietungen die Wirkung nicht.

Musikalisches Kleinod

Dass auch Cosima Grabs ihr Handwerk souverän beherrscht, wurde im zweiten Teil des Abends deutlich. Obwohl gesundheitlich angeschlagen, bewältigte sie mit der dunklen Fülle und der Klangpracht ihres Mezzosoprans makellos ihr Repertoire. Egal ob sie in Wolfs „Das verlassene Mägdelein“ von Liebesschmerz singt, „Von ewiger Liebe“ in Johannes Brahms Opus 43 Nr. 1 oder vom „Traum durch die Dämmerung“ von Strauss erzählt, ihre entwaffnende Stimme entfaltete im symbiotischen Zusammenspiel mit der Pianistin Lim ein ungemein farbenreiches Timbre.

In den letzten beiden Liedern, „Ich wollt mein Lieb ergösse sich“ und „Herbstlied“ von Mendelssohn Bartholdy verdichtete sie im Duett mit Hoffmann noch einmal all ihre bisherigen Ausdrucksstärken – von jugendlich-ungestüm und intim bis dramatisch. Mit solch poetischen Momenten, dem Wechsel von Hoch und Tief, die eben die „Dämmerung“, den Übergang zwischen Tag und Nacht, markieren, erlebten die Zuhörer ein musikalisches Kleinod, das sie restlos begeisterte.

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