Ausstellung - Winfried Rauscher stellt seine stählerne Hommage an die „Schnoog“ vor / Anton Strobel präsentiert sein Werk „Pythagoras 100er Tower“

Einkaufszentrum wird zur Kunstmeile

Von 
Sabine Zeuner
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Brühl. „Diese Zeit ist sehr seltsam“, sind sich die drei kreativen Köpfe einig, dass es den etwas anderen Blick braucht, um aus der entstehenden Corona-Lethargie auszubrechen. Das war Anlass zur Ausstellung im Real-Markt, die an diesem Montag, 20. Juli, beginnt.

Bekannt im Ort sind Galerist Anton Strobel, Edelstahlkünstler Winfried Rauscher und Maler Wolfram Gothe für ihre individuelle künstlerische Ausdrucksweise bereits. Aktuell haben sie im Sinn, den Menschen während ihres Einkaufs die Möglichkeit zu geben, kurz zu verharren, den Anblick der bildenden Kunst zu genießen, „einfach mal andere Gedanken zu haben“, wie die drei kreativen Köpfe unterstreichen.

Eine soll eine Auszeit für Auge, Gedanken und Seele sein, was man derzeit in dem Einkaufszentrum dreidimensional erleben kann.

In den Fokus stellen die Künstler dabei zwei Exponate, die als Basismodelle für eine spätere Vergrößerung herhalten und als Zierde weitere örtlicher Kreisel dienen könnten – die Kreiselkunst hat in Brühl ja eine lange Tradition. Einen entsprechenden Antrag hat Wolfram Gothe im Gemeinderat gestellt. „Im Nachbarort Schwetzingen werden auch ab und an Kunstwerke an wechselnden Orten präsentiert, das könnte Brühl auch“, findet Gothe.

Kunst für zwei Verkehrskreisel?

Die „Brühler Schnoog“ könnte also – wenn es nach den Künstlern geht – demnächst die Verkehrsinsel im Gewerbegebiet zieren. Das beeindruckende Abbild des summenden und in Wirklichkeit leider auch stechenden Insekts, das eigentlich eine Stechmücke ist, ist durchaus einen Detailblick wert: Teesiebe als Facettenaugen, Blitzableitermaterial, das der „Herr über Stein und Edelstahl“, wie Rauscher gerne betitelt wird, von Schrotthändlern besorgt und als Stachel, Antennen und Beine einsetzte, schmiegen sich fast um den massiven Korpus aus Stein-Findlingen.

Denkmal für typischen Plagegeist

Die filigranen Flügel hat der Schaffende ähnlich einem Brustpanzer einer Rüstung ausgearbeitet, eine Hommage an Zerbrechlichkeit und auch Stabilität. Das Material („Ich liebe die Jagd nach Stahl“), stellt Rauscher fest, ist aus der Region, das Insekt auch untrennbar mit Rhein und Auen verbunden. Beste Voraussetzung, einmal überdimensional in den Blick gerückt zu werden.

Das Modell in der aktuellen Jedermann-Ausstellung misst einen Meter von Stachelspitze bis Körperende. An der Kreiselmitte sollte es dann drei Meter Spannweite haben, so der Plan.

Anton Strobel entwickelte die Idee zum „Pythagoras 100er Tower“. Der Name ist aus dem Mathematikunterricht durch den Satz des Pythagoras zu rechtwinkligen Dreiecken bekannt. Fasziniert von der Perfektion und Geradlinigkeit hat Strobel eine Skizze mit Würfeln gemacht, die ein Unternehmen aus Baustahl dreidimensional zusammengeschweißt hat. Mit Spraydose und viel Spaß haben Strobel und Rauscher die einzelnen Felder farbig gemacht.

Rechnet man zusammen, sind es genau 100 Würfelfelder, in der ersten Etage 50, in der zweiten 32 und zu oberst 18, die zusammen einen Hingucker ergeben. Auch dieser könnte zu Größerem werden, derzeit 130 Zentimeter hoch einen Meter breit könnte er auch vergrößert für den öffentlichen Raum hergestellt werden.

Im Markt selbst hat sich Mahbobeh Roud vom Feinkoststand in der Peripherie des Großmarktes mit ihren eindrucksvollen Porträtdarstellungen von Frauen an die Ausstellung angeschlossen.

Ende der Publikumsabstinenz

Die Iranerin malt seit etwa einem Jahr „zur Entspannung“, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung verrät. Was alle Künstler vereint: Selbst aktiv Kunst zu schaffen, die auch gesehen wird, bedeute nach der langen Zeit der Publikumsabstinenz für die Künstler endlich wieder ein breites Feedback und der wenn auch begrenzte Dialog mit Interessierten.

Zu sehen ist die Ausstellung des Künstlerforum-Trios ab diesem Montag, 20. Juli, im innenliegenden Gangbereich um den Real-Markt.

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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