Feuerwehr Brühl: Im Notfall radeln Boten

Nicht zuletzt die Ereignisse im Ahrtal hätten sehr deutlich gemacht, wie wichtig die Vorbereitung auf den Ernstfall sei. Daher hat nun auch die Gemeinde Brühl ihr Konzept fürs Notfall- und Krisenmanagement überarbeitet

Von 
Stefan Kern
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Andreas Stampfer (r.), Kommunalberater der EnBW-Tochtergesellschaft Netze BW, übergibt das Krisenhandbuch offiziell an (v. l.) Bauhofleiter Marcus Schütterle, Ordnungsamtschef Jochen Ungerer, Bürgermeister Dr. Ralf Göck und dem Feuerwehrkom-mandanten Marco Krupp. © Wolfgang Schwindtner

Brühl. Natürlich bestand schon immer die Gefahr von Hochwasser, Stromausfällen oder anderen Ereignissen, die gewohnte Abläufe torpedierten und Menschen in Gefahr brachten. Und dementsprechend gab es im Rathaus gemäß Artikel 5 des Katastrophenschutzgesetzes bereits bislang schon Notfall- und Einsatzpläne.

Doch im Zuge des Klimawandels und auch der zunehmenden Umstellung der Energieversorgung von fossil auf regenerativ, so Bürgermeister Dr. Ralf Göck, habe sich das Bedrohungsszenario verschärft, sodass eine grundlegende Neufassung des kommunalen Notfall- und Krisenmanagements angezeigt sei. Nicht zuletzt die Ereignisse im Ahrtal hätten sehr deutlich gemacht, wie wichtig die Vorbereitung auf den Ernstfall sei.

Der Entscheid sich für solche Situationen besser vorzubereiten, so Ordnungsamtsleiter Jochen Ungerer, fiel aber lange vor der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer. Bereits 2019 machte sich die Hufeisengemeinde gemeinsam mit dem Energiedienstleister EnBW auf den Weg, ein detailliertes Krisenhandbuch zu erarbeiten. Für den Bürgermeister genau der richtige Partner. Gehöre der Energiedienstleister doch zur kritischen Infrastruktur und beschäftige sich schon lange mit möglichen Krisensituationen und deren Bewältigung.

Konzentriert habe man sich mit Blackout – also dem Ausfall des Stromnetzes – und Hochwasser auf zwei Ereignisse, die die öffentliche und private Infrastruktur massiv unter Druck setzen können. Wichtig sei es, so Andreas Stampfer von Netze BW, die zahlreichen Kollateralschäden im Blick zu haben. Bei einem Stromausfall sei beispielsweise die Treibstoffversorgung nicht mehr gewährleistet. Ohne Strom funktioniert keine Tankstelle. Für die Feuerwehr heißt das, so Feuerwehrkommandant Marco Krupp, nach zwei Tagen Einsatz wäre aufgrund von Treibstoffmangel Schluss.

Also müssen Pläne her, die klar machen, wie bei einem länger währenden Stromausfall die Treibstoffversorgung sichergestellt werden könne. Weitere Fragen sind, wie man Menschen alarmiert, wenn Funkmasten mangels Stroms ausfallen und Handys nicht mehr funktionieren.

Für diesen Fall hat der Technische Ausschuss gerade die Anschaffung von vier Sirenenanlagen beschlossen. Natürlich auf dem neuesten Stand der Technik. Heißt, die Anlage eignet sich auch für sprachliche Ansagen. Angeschafft werden auch zwei sogenannte Netzersatzanlagen (NEA). Damit, so Ungerer, sei die dezentrale Stromversorgung für das Rathaus als mögliches Lagezentrum und das Feuerwehrhaus als mögliche Einsatzzentrale sichergestellt. Und um die Kommunikation zwischen Lagezentrum und Einsatzkräfte zu sichern, finden sich in den Plänen auch Boten, die im Notfall zwar nicht auf dem Pferd aber doch auch per Fahrrad Informationen von A nach B tragen.

Nicht zu unterschätzen seien auch genaue Pläne, wer in welchen Fall wofür zuständig ist und welche Maßnahmen mit welcher Priorisierung angegangen werden. Verantwortungslücken, das war dem Bürgermeister wichtig, müssten unbedingt vermieden werden. Gerade in etwaigen Extremsituationen bräuchte es klare Strukturen.

Das Krisenreaktionsteam in Brühl umfasst mit dem Bürgermeister und dem Ordnungsamtsleiter an der Spitze 25 Personen mit jeweils genau zugeordneten Handlungsfelder. Nur so könne Hilfe schnell und möglichst effizient gewährleistet werden. Es wirkt alles sehr detailliert – und das ist es auch. Das Krisenhandbuch, das Ungerer aus den Händen von Stampfer bekam, hatte jedenfalls einen beachtlichen Umfang. Natürlich hofften alle, dass der Fall der Fälle niemals eintreten möge. Aber zugleich sei es ein gutes Gefühl zu wissen, was zu tun sei, wenn es darauf ankomme.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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