Pro-Stimme »Andre Baumann (Landtagsabgeordneter Grüne) spricht sich für Nutzung von Erdwärme aus«
„Wir brauchen einen massiven, aber sicheren Ausbau der erneuerbaren Energien in der Kurpfalz“ – der Landtagsabgeordnete der Grünen Dr. Andre Baumann antwortet damit auf die in einem Leserbrief geäußerte Kritik von Dr. Antonius Sommer aus Brühl. Andre Baumann hatte sich mit der Pressemitteilung „Erdwärme ist sauber, CO2-frei und preiswert“ für eine Nutzung von Erdwärme ausgesprochen – als wichtigen Beitrag für eine umweltfreundliche und preiswerte Wärmeversorgung der Zukunft. Sommer ist seit Jahren in der Brühler Bürgerinitiative aktiv und hatte den Abgeordneten scharf angegriffen. Auch zwei weitere Leserbriefschreiber hatten sich zu Wort gemeldet.
„Wir steigen in weniger als zehn Monaten aus der Atomkraft aus, in den nächsten acht bis zehn Jahren aus der Kohleverstromung. Und wenn der Block neun des Kohlekraftwerks in Mannheim nicht mehr befeuert wird, dann fehlt Abwärme für Tausende von Haushalten bei uns in der Region, die an die Fernwärme angeschlossen sind. Wir brauchen darum einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien: Photovoltaik und Windkraft für die Stromproduktion und bei uns in der Region für die Wärmeversorgung auch die Geothermie“, sagt Andre Baumann.
„Wir können doch nicht ernsthaft gegen alles sein: Die einen lehnen Windräder kategorisch ab, die anderen Geothermie und die Nächsten wollen am Ortsrand keinen Solarpark sehen“, erklärt Baumann. „Die Frage kann nicht sein, ob diese Technologien überhaupt genutzt werden, sondern wo und wie.“
Darum setze sich der Landtagsabgeordnete für eine Energiewende im Land und in der Region ein. „Wir brauchen eine leistungsfähige klima- und umweltfreundliche Energieproduktion für unsere Industrie und Wirtschaft und für tausende Bürgerinnen und Bürger. Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet und Wärme und Strom müssen bezahlbar sein.“
„Leider verdrehen die Leserbriefschreiber die Fakten, indem sie verschiedene Geothermieprojekte in einen Topf werfen. Aber Geothermieprojekt ist nicht gleich Geothermieprojekt, sondern da gibt es große Unterschiede“, sagt Andrea Baumann. Es wurde auf ein Geothermieprojekt in Vendenheim, in der Nähe von Straßenburg, verwiesen. „Ich halte das Vorgehen beim Geothermieprojekt Vendenheim in Frankreich für falsch, mit hohen Drücken Wasser in den Boden zu pressen. Denn dann steigt die Chance, dass es Beben geben kann. Ein solches Vorgehen ist im Oberrheingraben weder geplant noch möglich“, sagt Baumann.
„Dass beim Projekt in Vendenheim nicht das bei uns geltende Berggesetz angewendet wird, erklärt sich von selbst. Deutsches Recht gilt in Deutschland, nicht in Frankreich.“ Baumann weiter: „Es geht bei neuen Projekten bei uns um das ,Wie’. Wie können wir Erdstöße immer vermeiden? Niedrige Drücke bei den Injektionsbohrungen ist die Antwort. Wie können wir eine höhere Akzeptanz für Geothermie erzielen?
Hier lautet die Antwort, Projekte am besten nicht direkt am Ortsrand bauen, sondern lieber etwas Abstand zur Wohnbebauung lassen und längere Rohre verlegen. Außerdem finden Hunderte von Untersuchungen des Bodens und des Trinkwassers statt, um genügend Daten zu sammeln und dadurch möglichst alle Gefahren auszuschließen.“ Und: „Ich habe eine öffentliche Busexkursion zur Geothermieanlage in Bruchsal angeboten. Die Brühler Bürgerinitiative wurde eingeladen, hatte aber abgesagt. Sie sei ohnehin gegen Geothermie und brauche keinen Vor-Ort-Termin. Nicht ich verweigere das Gespräch, ich suche es“, sagt Baumann.
Während des Landtagswahlkampfs besuchte Baumann die Bürgerinitiative und suchte den Austausch (wir berichteten in der Ausgabe vom 17. August 2020). „Die Anliegen der Bürgerinitiative teile ich: Bei Geothermieprojekten darf es keine induzierte Seismizität, keine Verunreinigung des Grundwassers geben und bei doch auftretenden Schäden muss eine Beweislastumkehr gelten. Für diese Anliegen setze ich mich ein: bei hoffentlich vielen Geothermieprojekten im Oberrheingraben und auch bei uns in der Kurpfalz.“
Um weitere Fragen zu beantworten, verweist Baumann auf einen Infoabend zur Nutzung der Erdwärme als Beitrag zur Wärmewende. Die Veranstaltung zur Geothermie findet online am 2. März statt und ist der Auftakt zu Baumanns Veranstaltungsreihe „Energiewende in der Kurpfalz“.
Kontra-Stimme »Thomas Gaisbauer (BI Geothermie Brühl/Ketsch) warnt vor einer Zupflasterung mit Geothermiekraftwerken«
„Völlig inakzeptabel ist die Tatsache, dass er uns bezichtigt, wir würden ,frisierte Fakten’ nennen“, heißt es in einer Mitteilung der Bürgerinitiative (BI) Geothermie Brühl/Ketsch, der BI gegen Tiefengeothermie in Karlsruhe, der IG Tiefengeothermie im Landkreis Karlsruhe, der BI Geothermie Landau-Südpfalz, der BI Energieforum Rohrbach und Insheim sowie der BI gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben, die unsere Zeitung von Thomas Gaisbauer gesandt wird. Die BIs fordern Andre Baumann auf, mitzuteilen, was er konkret unter „frisierten Fakten“ versteht.
Die beteiligten Bürgerinitiativen bereiteten Informationen nicht ausschließlich für den Standort Brühl auf, sondern die Informationen bezögen sich auf das Vorhaben im gesamten Oberrheingraben, deren Folgen auch die jeweils umliegenden Gemeinden zu spüren bekämen.
Die BIs stellen klar: „Zu keiner Zeit haben wir behauptet, dass es beim Betrieb der Geothermieanlage Bruchsal zu Seismizität gekommen sei. Das ist aber auch nicht verwunderlich, denn bei dieser Anlage handelt es sich lediglich um ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das mit gerade einmal 0,44 bis 0,55 MW elektrischer Leistung und 5,5 MW thermischer Leistung betrieben wird. Diese Leistung reicht keineswegs aus, um wenigstens die Stadt Bruchsal auch nur annähernd mit Strom und Wärme zu versorgen.“ Die Fließrate (Fördermenge) betrage rund 24 bis 28 Liter pro Sekunde. Im Vergleich dazu planten Betreiberfirmen wie die Deutsche Erdwärme Fließraten zwischen 100 und 150 Liter pro Sekunde, um damit möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Hinzu komme der Lithium-Hype: Je höher der aufgewendete Druck in der Betriebsphase, desto mehr Wasser könne pro Sekunde gefördert werden, aus dem sich umso mehr Lithium extrahieren und somit umso mehr Gewinn erzielen lasse.
Auch darüber hätten sich Vertreter der Brühler/Ketscher BI mit Andre Baumann im August 2020 unterhalten. Seine Antwort sei gewesen, dass ihm nichts davon bekannt sei, dass in Verbindung mit Geothermie auch Lithium aufgesucht werden solle. Doch sowohl EnBW/MVV als auch die Deutsche Erdwärme und Vulcan Energy Ressources hätten neben Erdwärme und Sole auch die Aufsuchung von Lithium beantragt, was auch genehmigt worden sei.
Zum Thema, das Grundwasser sei geschützt, verweisen die BIs außer auf die Geothermiekatastrophe von Staufen auch auf die Leckagen von Landau, die über Monate hinweg vom Betreiber verschwiegen worden sei. Zur sogenannten Beweislastumkehr fordern die BIs von Andre Baumann, er möge sich mit den Geothermiegeschädigten in der Ortenau treffen und ihnen erklären, warum gerade die Hauptgeschädigten auf ihren Schäden sitzen blieben „beziehungsweise lächerliche zehn Prozent der Schadenshöhe erhalten sollen“. Es gebe rund 3800 Schadensmeldungen, davon allein 563 auf deutscher Seite.
Weiter sei es kein Geheimnis mehr, dass die Bürger die steigenden Energiepreise kaum noch stemmen könnten – die Geothermie gehöre zur teuersten aller Energieformen. Die Einspeisevergütung betage 25,2 Cent pro Kilowattstunde. Im Vergleich dazu betrage die Einspeisevergütung für Windkraft in den ersten fünf Jahren 9,2 Cent pro Kilowattstunde und reduziere sich danach auf 5,02 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten trage der Verbraucher.
„Es gibt überhaupt keinen Grund für uns, Horrorbilder aufzuzeigen. Die Realität liefert uns alles ,frei Haus’, leider!“ Und: „Wir möchten nochmals insbesondere die Gemeindeverwaltungen, die jetzt vor der Entscheidung stehen, ob sie ihren Bürgern ein Tiefengeothermiekraftwerk mit all seinen Risiken und Gefahren zumuten können, auf Folgendes hinweisen: Bisher wurde in Deutschland noch kein Geothermiekraftwerk wieder stillgelegt, wenn es zu Problemen, wie Seismizität, Leckagen oder Ähnlichem gekommen ist. Vielmehr wurden Werke einfach an beliebige Investoren weiterverkauft.“ Man solle bedenken, dass es hier nicht mehr nur um ein Geothermiekraftwerk geht, sondern dass der Oberrheingraben mit Geothermiekraftwerken „geradezu zugepflastert werden soll“ und Andre Baumann mehrere Geothermieprojekte allein in Schwetzingen und Umgebung durchsetzen möchte. „Es spielt also keine Rolle mehr, ob das Kraftwerk in Brühl, Ketsch, Oftersheim, Hockenheim oder sonst wo in der Hardt steht. Der Schadensradius kann sich – wie in der Ortenau – über 20 Kilometer erstrecken.“