Aktion 60+ - Professor Dr. Günter Beumer und Flüchtling Laminb Saidy üben gemeinsam / Der Mediziner erklärt dem angehenden Altenpfleger den Aufbau des Dickdarms

Im Ruhestand leistet er Hilfe bei Integration

Von 
Sarah Wallner
Lesedauer: 
Professor Dr. Günter Beumer (r.) erklärt Laminb Saidy den Aufbau des Dickdarms. Helmut Mehrer schaut zu. © Wallner

Brühl. Die menschliche Anatomie begreifen lernen, ist nicht nur in rein medizischen Berufen relevant. Auch in der Altenpflege muss man sich damit beschäftigen, den Körper, seine Organe und deren Funktionen zu kennen, weil man in der Praxis mit Menschen zu tun hat, deren Körper im Laufe der Zeit nicht mehr so ganz mitmacht.

Deshalb ist es von Vorteil, Verständnis und Wissen in diesen Bereichen zu erlangen, um den Menschen in den Pflegeeinrichtungen oder jenen, die die ambulante Pflege in Anspruch nehmen, richtig helfen zu können. So lernt Flüchtling Laminb Saidy mit Unterstützung von Professor Dr. Günter Beumer, wie der menschliche Dickdarm aufgebaut ist.

Auf der Suche nach Zukunft

Es ist am Dienstagnachmittag eine echte Premiere, als sich der Azubi in der Altenpflege, Laminb Saidy aus Gambia, und der ehemalige Arzt aus Schwetzingen, Professor Dr. Günter Beumer, im gemütlichen und gleichzeitig geschichtlich historischen Keller von Helmut Mehrer von der Aktion 60+, von der die Initiative ausging, zum ersten Mal treffen.

Die Chemie zwischen den beiden stimmt sofort, das kann man deutlich spüren. Hier treffen zwei Menschen aufeinander, deren Lebenswege nichts gemeinsam haben und dennoch verstehen sich die beiden. Laminb Saidy, geboren und aufgewachsen in Gambia, lebt seit drei Jahren in Deutschland. Damals kam er hierher, um sich hier ein besseres Leben aufzubauen und hoffte, in der Altenpflege seine Berufung zu finden. Zunächst arbeitete er ab 2017 für zwei Jahre als Helfer in Altersheimen, die Jobs absolvierte er unter anderen in Mannheim und bei einem Praktikum in Ladenburg. Anschließend zog es ihn auch dank Helmut Mehrer zum B+O Seniorenzentrum in Brühl, wo er im September 2019 die Ausbildung zum Altenpfleger startete.

Und wieso ausgerechnet die Altenpflege? „Mir macht es Spaß, mit und für alte Menschen zu arbeiten“, erzählt Laminb. Zu seinen Aufgaben gehören bislang unter anderem, das Essen für die Heimbewohner zuzubereiten, Dokumentationen zu führen sowie die morgendliche Waschpflege. Fällt ihm das denn nicht schwer? Immerhin ist es doch auch eine große Verantwortung, die er da zugetragen bekommen hat. „Nein, überhaupt nicht“, erzählt er unserer Zeitung weiter, „ich mache diese Arbeit sehr gerne.“ Neben der Praxis im Altersheim wird er nebenher auch immer mit theoretischem Stoff versorgt. An dieser Stelle kommen dann die Unterstützung von Helmut Mehrer und die Aktion 60+ ins Spiel.

Helmut Mehrer trifft sich mit seinen Schützlingen, zu denen Laminb zählt, regelmäßig zu Übungsstunden, in denen dann sie zusammen einen Text lesen, um die deutsche Sprache zu erlernen. Die Texte hat Mehrer vorher selbst recherchiert.

Als sich Dr. Günter Beumer und Laminb zum ersten Mal treffen, befassen sie sich nach deren Anatomiestunde noch mit dem Schicksal des Afroamerikaner George Floyd, der am 25. Mai in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota durch die Hand eines Polizisten getötet wurde.

Diese ist für den jungen Mann aus Gambia doch selbst auch sehr nachvollziehbar, da er selbst als Schwarzer in Deutschland doch noch immer mit unbegründeten Vorurteilen zu kämpfen hat. Unsere Zeitung spricht Laminb ein großes Lob aus für seine schon gute deutsche Aussprache. Ihm ist deutlich anzumerken, dass er seine zweite Chance wahrnimmt und diese möglichst gut nutzen will.

Das empfindet auch der ehemalige Mediziner Professor Dr. Günter Beumer, der nun schon einige Jahre im Ruhestand ist. „Durch die Aktion 60+ hatte ich leider auch schon mit Flüchtlingen zu tun, die weniger bemüht waren, die deutsche Sprache zu erlernen.“ Dem Schwetzinger, der durch und in seinem Berufsleben gerne und viel mit Menschen zu tun hatte, wollte seinen Ruhestand auch dafür nutzen, Menschen zu helfen, soweit er kann.

Aktive Hilfe im Ruhestand

Darum arbeitete er anfangs, nachdem er seine Praxis aufgegeben hatte, in einem Flüchtlingsheim in Schwetzingen, durch das er dann vor einigen Jahren zu Helmut Mehrer und der Aktion 60+ gestoßen ist. Seither hilft er Flüchtlingen aus Ländern wie Syrien, Deutsch zu lernen. „Es ist einfach schön zu sehen, dass man auch im Ruhestand noch aktiv helfen kann“, so Beumer. „Vor allem, wenn man merkt, dass auch was bei den Menschen ankommt und sich Lernerfolge zeigen.“ Zurzeit betreut er außerdem den Syrier Aiham, mit dem er sich wöchentlich trifft. Bislang haben die meisten, die er und Helmut Mehrer betreuen, erfolgreich Arbeit gefunden, beispielsweise im Hotel oder bei einer Pizzeria. „Das freut uns natürlich sehr“, so Helmut Mehrer. „Allerdings ist es zurzeit auch für uns nicht so einfach, da wir beide zur Risikogruppe gehören“, berichtet Mehrer über die Arbeit mit den Flüchtlingen weiter. Diese wiederum seien aktuell sehr vorsichtig im Kontakt und vermeiden es, vorbeizukommen.

Nun richtet sich Professor Günter Beumer an seinen aktuellen Schüler und fragt: „Laminb, kannst du mir den Aufbau des Dickdarms beschreiben?“ Und er kann, da er sich vor der Stunde fleißig vorbereitet hatte.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung