BRÜHL/KETSCH. "Lumen Christi", schallt es geheimnisvoll durch die Ketscher St. Sebastiankirche. Dann wird der dunkle Kirchenraum langsam von warmen flackernden Kerzenschein erhellt, als die Ministranten das Licht der Osterkerze weitergeben. "Das Licht der Osterkerze, das wir in das Dunkel der Kirche getragen haben, kündet vom Leben, das aus dem Dunkel des Todes kommt", erklärt Pfarrer Walter Sauer in seiner Predigt. "Dieses Licht haben wir einander weitergegeben, damit wir alle vor Freude strahlen können und miteinander das Fest des Lebens feiern dürfen."
Bevor jedoch in der Osternacht die Auferstehung Jesu gefeiert wurde, war an Gründonnerstag zunächst des letzten Abendmahls gedacht worden. Neben dem traditionellen Gottesdienst fand am Abend auch ein liturgischer Nachtweg der Jugend statt, den Gemeindeassistent Dominik Gehringer zusammen mit Sonja Fickeisen (20) und Valeska Pichler (19) vorbereitet hatte. Etwa 20 Jugendliche kamen im katholischen Pfarrzentrum in Brühl zusammen, um sich auf die Kar- und Ostertage einzustimmen. Der Karfreitag stand dabei im Fokus.
Bedeutung erforscht
"Wir haben uns gefragt, was dieser Tag für uns bedeuten kann", sagte Gehringer, "und sind darauf gekommen, dass er uns für das Leid anderer sensibilisieren kann". Nicht nur habe Jesus an diesem Tag selbst gelitten, sein ganzes Leben sei von echtem Mitleid mit den Menschen geprägt gewesen. "Er solidarisierte sich mit den Schwachen, Armen und Ausgegrenzten", ergänzte Gehringer.
Zunächst feierten die jungen Erwachsenen gemeinsam Abendmahl. Danach ging es schweigend in die dunkle Schutzengelkirche, die nur von ein paar Kerzen spärlich erleuchtet wurde. Dort hörten die Teilnehmer das Lied "An Tagen wie diesen" der deutschen Band "Fettes Brot". In dem Text geht es um Berichte über Gewalt und Katastrophen, wie sie Tag für Tag in der Zeitung zu lesen oder im Radio zu hören sind und die doch so weit entfernt sind, scheinbar nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben und die die Menschen oft überhaupt nicht mehr berühren. Die 20 Zuhörer stellten sich die Frage: "Wo bin ich blind und taub für das Leid anderer?"
Die zweite Station befand sich in der Kriegerkapelle am Brühler Friedhof. Hier waren Leinwand und Beamer aufgebaut worden. Der Kurzfilm "Das große Rennen" machte auf drastische Weise deutlich, wie kurzfristig einen das Leid anderer nur erreicht und wie schnell man wieder zur Normalität zurückkehrt. Sophie Kuhn zeigte sich nachdenklich: "Es ist einem oft nicht bewusst, wie schnell man über das Leid anderer hinweg ist, wie leicht man sich von Kleinigkeiten ablenken lässt", sagte die 18-Jährige.
Auf einem Grundstück in den Kolbengärten befand sich die letzte Station. Hier betrachteten die Jugendlichen Bilder der Skulpturen, die entlang des "Wegs der Hoffnung" stehen, ein Stück des Todesstreifens entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Die aus Stahl und rostigem Eisen gefertigten "Monumente gegen das Vergessen" zeigen Szenen des Kreuzweges. "Diese Bilder waren sehr interessant", sagte Matthias Faulhaber (25). "Das Metall erinnert an die Unmenschlichkeit, unter der die Menschen in der DDR leiden mussten."
Die Kleinsten in Aktion
Der Karfreitag begann für die Kleinsten der Seelsorgeeinheit mit Kinderkreuzwegen in den beiden Gemeinden. Auf kindgerechte Art und Weise wurden die Ereignisse der Kar- und Ostertage erzählt. In Ketsch berichteten einige Menschen aus der Bibel Teile der Geschichte aus ihrer Sicht, wie etwa ein römischer Soldat, der Peitsche, Hammer und Nägel mitgebracht hatte.
"Es ist toll, wie die Kinder hier an Ostern herangeführt werden", erklärte Steffi Schneider, deren Tochter Lea (5) am Kinderkreuzweg in Brühl teilnahm. "Ich finde es wichtig, dass die Kinder wissen, worum es an Ostern geht." Am Mittag fand der traditionelle Karfreitagsgottesdienst mit Kreuzverehrung statt.
Festliches Ambiente mit Chor
Der Festgottesdienst am Ostersonntag in der Schutzengelkirche in Brühl wurde durch die musikalische Mitgestaltung des Cäcilienchores, begleitet von Frank Meiswinkel an der Orgel, besonders feierlich. Der Chor trug die dreistimmige Messe in F des belgischen Komponisten Jacques-Nicolas Lemmens vor. Auch am gestrigen Ostermontag erklang Lemmens' Messe, dieses Mal in der gut besuchten St. Sebastiankirche, gesungen vom Ketscher Kirchenchor.
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