Villa Meixner

Klavierkabarettistin Liese-Lotte Lübke in Brühl: Kapelle spielt bis zum Schluss

Klavierkabarettistin Liese-Lotte Lübke bricht in der Villa Meixner eine verbal ausgefeilte Lanze für den Fortbestand der Kleinkunst nach Corona.

Von 
Sabine Zeuner
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Liese-Lotte Lübke nimmt am Flügel der Villa Meixner kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht für das Leben, die Liebe, Kunst und Kultur die Stimme zu erheben. © Zeuner

Brühl. „Echte Menschen, echter Applaus“, brachte die junge Frau am Klavier ihre Freude über den Kleinkunstabend zum Ausdruck und lächelte, während sie sich ein Glas Wasser eingoss. Das Livegefühl hatte sie lange nicht mehr, betonte sie und genoss es in vollen Zügen.

Klavierkabarettistin Liese-Lotte Lübke war zum zweiten Mal in der guten Stube Brühls, in der Villa Meixner, zu Gast und berührte, bewegte, denn sie brach eine verbal ausgefeilte Lanze für die Ehrlichkeit, die Liebe, das Leben, das bewusste Anderssein, die Kunst und die Kultur und gegen die „Irgendwann wird’s besser“-Mentalität.

Beeindruckend hat sie das in ihrem Lied „Und die Kapelle spielt bis zum Schluss“ verbalisiert und damit direkt auf ihre und die Situation aller Kunst- und Kulturschaffenden hingewiesen. Von den Künstlern würden jetzt gewährte Unterstützungen während der Pandemie wieder zurückverlangt werden: „Musiker mussten erst ihre Instrumente verkaufen, um vom Erlös zu leben, bevor es Unterstützung vom Staat gab“, mahnte sie an.

Klavierkabarettistin Liese-Lotte Lübke in Brühl: Kultur darf nicht sterben

„Was machen die Kollegen denn jetzt, ohne die Basis ihres Jobs, die Instrumente und die Auftritte, die es viel zu lange nicht gegeben hat?“, fragte sie. Ihr selbst sei es auch so ergangen, kurz bevor sie ihrem Hobby, dem Gleitschirmfliegen, frönen wollte, kam die Mitteilung der Steuerberaterin. Real schilderte sie die Perspektivlosigkeit der Corona-Zeit, hoffend, diese sei beendet mit dem Appell: „Kultur soll und darf nicht sterben.“

Doch nicht nur die Kunst und Kultur würden auf bürokratischem Weg quasi umgebracht, Pflegekräften als Dankeschön Wohlfühltee zu schenken, zeige eine weitere der absurden Blüten, die diese Pandemie und der Umgang mit ihr getrieben hätten. Liese-Lotte Lübke hat viel zu sagen – auch aus ihrem eigenen Leben, das sie immer wieder einspielte mit kleinen Episoden über den Vater, die Mutter, die eigene Beziehung, von der realen „Bühne des Lebens“, auf der wir uns alle tummeln.

Einmal ausbrechen aus der Komfortzone, Neues wagen fürs Lebensglück – ein temperamentvoller Aufruf, anders zu sein, als alle gleichgeschalteten Individuen, deren Wochenlauf aus dem gewohnten arbeiten, schlafen, arbeiten, schlafen und am Wochenende Haushalt machen, schlafen, essen, schlafen keinen Ausweg zulasse. „Man muss Wandel selbst forcieren und es einfach tun“, manifestierte Lübke.

Klavierkabarettistin Liese-Lotte Lübke in Brühl: Texte mit Tiefgang

„Nichts bleibt, wie es ist“, stellte sie ergänzend fest. Stellen zum Lachen gab es auch im zweistündigen Programm, obwohl Lübke gleich zu Beginn klarstellte: Kabarett ist nicht Comedy. Überwiegend waren es aber die Texte mit Tiefgang, denen die 33-Jährige mit ihrem Gesang zusätzlich Gewicht und Eindrücklichkeit verlieh, die in wohlgewählten Worten oberflächlich witzig, aber in den Zwischentönen kritisch und mit dem sprichwörtlichen Daumen in der Wunde, die wirkten. Kein Wunder, dass der Applaus impulsiv und andauernd das Erlebte honorierte.

In der Pause ihres Programms kreiste eine Box mit Zetteln, auf die die Gäste schreiben sollten, was sie machen würden, wenn sie könnten, wie sie wollten. Eine Nachricht kam von einer Besucherin, die schon einmal im Programm gewesen war und ihr Leben danach umgekrempelt habe: „Das ist es doch, wofür man lebt“, freute sich Lübke darüber. Eine andere schrieb: „Mein Mann bekommt die Nummer eines Essenslieferanten und ich ziehe weit weg auf eine Burg und schreibe endlich den Krimi, der mir schon so lange im Kopf herumgeht.“ Es zu machen motivierte die Kabarettistin, denn nur, wer ausgetretene Pfade verlasse, ändere etwas. Botschaften, die ankommen. Direkt.

Lübke war ein Höhepunkt mit einigen Zugaben als letzte Kulturveranstaltung der Saison in der Jugendstilvilla und somit eine gute Wahl, die Jochen Ungerer als Organisator für das Publikum getroffen hatte. „Die Villa geht nach dem Weihnachtsmarkt am vierten Advent in die Winterpause“, so Ungerer, im März gehe es weiter mit gerne gesehenen Größen, aber auch mit neuen Gesichtern und Programmen.

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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