Brühl. . Beim Klimaschutz ist oft die Politik im Blick. Und das, so Bürgermeister Dr. Ralf Göck, sei in großen Teilen auch richtig. Aber die umfassende Transformation des Landes in Richtung regenerativer Energie und Nachhaltigkeit gelinge nur mit dem Bürger. Genau an diesem Punkt setzen die drei Arbeitsgruppen Erneuerbare Energien, Mobilität sowie Nachhaltigkeit seit genau einem Jahr an. Diese Bürgergruppen versuchen Klimaschutz als Graswurzelbewegung in Szene zu setzen. Eine Art Zweiklang „von Bürgern für die Bürger“, so Göck bei der Gemeinderatssitzung. Dabei kann sich die Bilanz sehen lassen.
Vor allem die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien hat in diesem einen Jahr einiges in Bewegung gesetzt. Zuvorderst die Initiative für Balkon-Photovoltaikanlagen (Balkon-PV). Bis dato, so deren Sprecher Helmut Sprengel, habe man an acht Terminen 300 Bürger über Photovoltaikanlagen informiert. Und die Zahl dürfte weiter steigen, denn die Infoveranstaltung wird an jedem ersten Freitag im Monat in der Gemeindebücherei veranstaltet. Zur besseren Information wurde dort auch eine Balkon-Demo-PV-Anlage installiert. Das hilft.
Geprüft würden durch die AG auch PV-Potenziale auf gemeindeeigenen Dächern. Gerade die Oberflächen der Häuser eigneten sich in Brühl für die anvisierte Stromwende sehr gut. Bedauerlich sei, dass eine PV-Überdachung des Parkplatzes am Sportpark-Süd nicht gelungen sei. In Zukunft sollten aber neue Parkplätze stets mit Modulen überdacht werden, hieß es.
In der Windkraft sieht die AG für die Hufeisengemeinde kein allzu großes Potenzial und die Tiefengeothermie sei politisch zu belastet, als dass die AG sich dabei zu einer Stellungnahme durchringen wollte.
Für die AG Mobilität stellte Gemeinderat Dr. Peter Pott (GLB) die Ergebnisse vor, die, um es vorweg zu nehmen, nicht ganz so erquicklich erschienen. Mit dem sogenannten „Walking Bus“, mit dem Kinder in Begleitung eines Erwachsenen zur Schule laufen, um die Zahl der „Elterntaxis“ zu reduzieren, stieß die AG bei den Schulen nur auf wenig Resonanz. Anfangs- und Endzeiten seien zu unterschiedlich, als dass solch ein laufender Schulbus funktionieren könne.
Und auch beim Ausbau der Infrastruktur fürs Fahrrad schien es mehr Grenzen denn Chancen zu geben. Mit Ordnungsamtsleiter Jochen Ungerer entstand eine Diskussion über Fahrradschutzstreifen. Pott erklärte, dass da am Bodensee mehr gehe und in Brühl die Regeln enger interpretiert würden. Eine Formulierung, die Ungerer so nicht stehen lassen wollte. Man habe sich die Sache angesehen und viele Straßen seien innerorts für Fahrradwege einfach zu eng.
Schutzstreifen als Chance sehen
Nicht aber für Schutzstreifen, so Pott, die ja nur symbolisch für Fahrräder mehr Platz schaffen. Durch einen Schutzstreifen würden die Autofahrer auf Radfahrer aufmerksam gemacht, niemand werde verdrängt. Trotzdem scheint klar, dass in Brühl die räumlichen Gegebenheiten für eine faire Koexistenz von Fußgängern, Radlern und Autos nicht gerade optimal sind. Zumindest nicht so lange feststeht, dass dem Autoverkehr kein Raum genommen wird. Es scheint als gesetzt zu gelten, dass keine Parkplätze einem eventuellen Ausbau der Radinfrastruktur zum Opfer fallen dürfen.
Erschwerend kommt für eine umweltfreundlichere Mobilität hinzu, dass das Niveau des öffentlichen Nahverkehrs derzeit ebenfalls mindestens suboptimal ist. Eine echte Alternative zum Privatauto sei er leider nicht. Nach Heidelberg fahre man am besten über Mannheim, was gut eineinhalb Stunden in Anspruch nehme.
Die AG Nachhaltigkeit zielt, so Klimaschutzmanagerin Birgit Sehls, auf einen allgemeinen Wandel im Bewusstsein und im Handeln. So soll ein nachhaltigkeitsindexierter Einkaufsführer für den lokalen Handel entstehen. Schottergärten sollen wieder zu blühenden Vorgärten werden und bei einer Müllsammelaktion kamen bei 18 Teilnehmern in zweieinhalb Stunden 400 Kilogramm Müll zusammen. Wichtig war Sehls die Homepage www.natuerlich-badisch-bruehl.de, die Brühler Bürgern Ideen für ein besseres Leben präsentiere.
Es war eine Bilanz, die im Gemeinderat durchweg auf ein positives Echo stieß. Alle, von Nico Reffert (CDU) und Jens Gredel (FW) bis zu Hans Hufnagel (SPD) und Peter Frank (GLB), dankten den Bürgern für ihr Engagement. Ein Einsatz, der den Unterschied mache. Und in Sachen Fahrradinfrastruktur beschloss der Rat einhellig die Fahrradkommission wieder neu zu beleben und Lösungen zu suchen.
Für Gredel ist der Gemeinderat da in der Pflicht: „Wir müssen heute entscheiden und investieren, damit zukünftige Generationen nicht zu viele Einschränkungen hinnehmen müssen.“ Noch mehr in den Blick, das sagte Hufnagel, müsse die Causa Wärme genommen werden. Am Ende zeigten sich aber alle von dem Projekt in Sachen Klimaschutz überzeugt.
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