Festhalle - Gesundheitsforum und Gemeinde präsentieren beim 12. Europäischen Filmfestival der Generationen den Dokumentarfilm „Zeit für Utopien – Wir machen es anders“

Menschen sehen, die aktiv mithelfen

Von 
Maria Herlo
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Kurt Langbein (l.) und Bürgermeister Ralf Göck sprechen über die verschiedenen Lebensformen im Film. © Wolfgang Schwindtner

Brühl. Kinoatmosphäre bei freiem Eintritt hieß es am Mittwochabend in der Festhalle, wo das Gesundheitsforum in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zum Europäischen Filmfestival der Generationen einlud, das in diesem Jahr bundesweit zum zwölften Mal stattfindet. Ins Konzept des Festivals, das dem Publikum aktuelle Filme zu unterschiedlichen Themen, darunter auch Umwelt und Klimawandel präsentiert, passte der Dokumentarfilm „Zeit für Utopien – Wir machen es anders“, an den die Bürger wenig interessiert waren.

„Vielleicht lag es daran, dass wir diesmal keinen Spielfilm, sondern einen Dokumentarfilm zeigen“, meinte Bürgermeister Ralf Göck in seiner Begrüßung, „die meisten verbinden damit etwas Langweiliges.“ Dr. med. Axel Sutter vom Gesundheitsforum ist jedoch überzeugt: „Wer heute Abend nicht da war, hat echt etwas verpasst, denn der Film dokumentiert neue, interessante Lebensformen, die unsere Welt verbessern und nachhaltiger gestalten.“ Und er dankte Kulturamtsleiter Jochen Ungerer für die Initiative, das Filmfestival vor Jahren ins Leben gerufen zu haben und dass er trotz der aktuellen Widrigkeiten das Festival nicht ausfallen ließ.

Der österreichische Journalist und Filmemacher Kurt Langbein zeigt in seinem Dokumentarfilm auf, dass es auch anders geht, ohne Profitmaximierung auf Kosten von Umwelt, Menschen und Völker, dass es engagierte Zeitgenossen gibt, die Mut haben, nachhaltige Projekte zum Wohle aller ins Leben zu rufen. „Ich wollte nicht mehr Teil des Problems sein, sondern Teil der Lösung werden“, erzählt Petra Wähning, die als Werbeverkäuferin in der TV-Branche tätig war. Glücklich hat sie diese Arbeit nicht gemacht, daher ging sie aufs Land, wo sie aktiv bei einem Biobauer mitgearbeitet hat und das Projekt der „Solidarischen Landwirtschaft“ gründete. Statt ihr Geld im Supermarkt zu lassen, investierten sie und 300 weitere Konsumenten nun direkt in einen landwirtschaftlichen Betrieb, der sie dafür mit regional produzierten, frischen Lebensmitteln belieferte.

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Mit Währing reist Langbein um die Welt, um sich weitere ähnliche Projekte anzuschauen: in Südkorea die Food-Genossenschaft „Hansalim“, in Zürich das klimaschonende Wohnprojekt „Kalkbreite“ oder die Teefabrik in Frankreich. Unilever wollte sie schließen. Dagegen protestierten die Arbeiter und übernahmen sie in Eigenregie. Eine andere engagierte Frau, Laura Gerritsen, begleitet Langbein in die Goldminen Ugandas und Fabriken Chinas, um den Aufbau einer Fertigungskette für nachhaltigere Smartphones zu verfolgen. Damit die Zuschauer auch erfahren, welche Bedeutung solche Initiativen haben, lässt der Regisseur Vordenker wie Niko Paesch ihre Motivation erklären: „Wegen der Klimakatastrophe haben sich zivilisierte Regierungen der Welt darauf geeinigt, dass jeder Einzelne nur mehr 2,5 Tonnen Kohlendioxid im Jahr verbrauchen darf. In Europa brauchen wir noch ein Vielfaches davon“. Im Züricher Wohnprojekt „Kalkbreite“ lebt er vor, wie dieses Ziel zu erreichen ist, ohne dabei auf Komfort verzichten zu müssen. Auch die Ökonomin Ulrike Hermann lässt er zu Wort kommen, die sagt: „Produktivitätsgewinne im Kapitalismus werden in Wachstum umgesetzt, kein Wachstum, keine Gewinne. Gleichzeitig ist klar, dass wir aus dem Kapitalismus aussteigen müssen. Die Profitgier muss ein Ende nehmen, denn zurzeit leben wir so, als hätten wir zwei Planeten zur Verfügung, aber wir haben nur einen.“

Utopien in Wirklichkeit

Das Schöne an dieser filmischen Entdeckungsreise ist, dass sie zu Menschen führt, die keine großen Reden schwingen, sondern aktiv an der Umgestaltung der Gesellschaft arbeiten und Utopien Wirklichkeit werden lassen. Bewundernswert ist auch, dass der Regisseur sich Zeit nimmt für die einzelnen Projekte, deren Vertreter sie detailliert vorstellen. Als Zuschauer hätte man auch gerne erfahren, welche Auswirkungen die Produktion von Fairphones auf dem Weltmarkt haben, oder auch, wer sich die Mitgliedschaft in der Lebensmittel-Kooperative in Südkorea leisten kann. Vielleicht wird uns dies Kurt Langbein in seinem nächsten Dokumentarfilm dann vorführen.

Freie Autorin

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