Brühl. Die Leute lachen machen – das will Musikkabarettistin Madeleine Sauveur. Und sie will ihnen Dinge vor die Nase legen, in denen sie sich wiedererkennen. Das gelingt ihr hervorragend im Kabarett-Programm „Lassen Sie mich durch – ich bin Oma!“. Gemeinsam mit Clemens Maria Kitschen sorgte in der ausverkauften Villa Meixner für viel Heiterkeit und gute Laune. Denn in der sich vor Einfällen und Witz überschlagenden Show ging es vorrangig um das Oma-Dasein („kostenlose Babysitter“), die metallurgischen Aspekte des Alterns („Das Alter ist eine kostbare Zeit: silberne Haare, goldene Zähne, bleierne Füße“), jedoch auch um Erziehungsmethoden („Ich stecke meinen Enkeln heimlich Süßigkeiten zu“), und um versteckte Ressentiments.
Zunächst wurden die Zuschauer vom Kulturverantwortlichen der Gemeindeverwaltung Jochen Ungerer begrüßt, danach, fast übergangslos, von einer meckernden Seniorin mit Kopftuch, einer großen Sonnenbrille und einem Schirm, mit dem sie „immer und überall durchkommt“. Kritisch schaute sie sich im Publikum um und bedauerte, dass man keine Masken mehr tragen muss, denn „viele Menschen sehen mit Maske einfach besser aus“.
Musikkabarettistin Madeleine Sauveur begeistert in Brühl: Mit dem Alter konfrontiert
Höhnisch begrüßt sie auch ihren Klavierpartner Clemens Maria Kitschen mit „Schon wieder du? Ich freu mich auf die Demenz, dann sitzt jeden Abend ein anderer Mann am Klavier“. Wird sie gerügt, wenn sie eine Schlange ignoriert, sie solle sich gefälligst hinten anstellen, kontert sie: „Hey Alter, ich bin jetzt 78, wo ich stehe, ist vorne!“ Und sie fragt sich: Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Jung und Alt? „Die Alten haben Falten, die Jungen Pickel. Und, was ist besser, ausbügeln oder ausdrücken?“ Großer Applaus und Gelächter. Dann verabschiedete sich die grantige Seniorin, sie war ja nur die „Vorgruppe“, und herein kam die strahlende, attraktive Oma Madeleine. Als Rentnerin wollte sie ihre lang gehegten, unerfüllten Träume in die Realität umsetzen, im Urwald mit den Wolf tanzen oder Affenbabys Fremdsprachen beibringen. Insbesondere wünschte sie sich, was sich alle in ihrem Alter wünschten: eine Fußbodenheizung.
Musikkabarettistin Madeleine Sauveur begeistert in Brühl: Plötzlich ist alles anders
Doch es kam anders, sie ist Oma geworden. Darum legte sie das Smartphone in greifbare Nähe, sie ist in „Rufbereitschaft für die Enkel“. Eigentlich sei sie immer in Rufbereitschaft, blickt stets unruhig in Richtung Handy und werde nervös: Was, noch keine Nachricht? Was ist denn los? Zwischendurch denkt sie über die Zeit nach, wie schnell sie vergeht. „Beim ersten Enkel wird man mit dem Alter, dem eigenen, konfrontiert“. Und ihr wird bewusst, dass ihr Sohn Vater ist. „Doch wie konnte das denn passieren? Er ist doch erst eingeschult worden. Jetzt will er sich von mir nichts sagen lassen.“ Wo sie doch alles besser weiß. Und warum? „Weil ich seine Mutter bin, deswegen.“
Für sie gibt es zwei Alternativen, in eine Rolle zu schlüpfen: „Oma classic“ ist eine Großmutter, wie es sie früher mal gab, mit schwarzen Klamotten nach dem Tod ihres Mannes, Kittelschürze, Stützstrümpfen, Schnürschuhen und einem Gesichtsausdruck, als sei sie der Welt abhandengekommen.
Dann schon lieber „Oma light“. Das heißt, „zugewandt sein ohne Verbindlichkeit“. Ihr Smartphone ist natürlich voll mit Bildern ihrer Enkelkinder, die sie allen, ob sie es wollen oder nicht, vor die Nase hält, sind sie doch „süßer als alles, was sich im weiten Umkreis Kind nennt“.
Musikkabarettistin Madeleine Sauveur begeistert in Brühl: Von Dauerclinch und Tauziehen
Dauerclinch mit der Schwiegertochter und der „Gegen-Oma“, deren Geschenke größer und Besuche häufiger sind, gehören ebenfalls zum Oma-Dasein. Mit ihr trat sie in der „Champions League“, Disziplin „Tauziehen um die Enkel“, an. Die Gewinnerin darf das enge Vertrauensverhältnis zum Enkel genießen, der dann mit 15 zu ihr kommt und sagt: „Oma, kann ich bei dir wohnen? Ich hab Stress mit deinem Kind.“
In dieser temporeichen Show brach das Publikum immer wieder in Lachen und enthusiastischem Beifallssturm aus. Zum Erfolg des Programms trug wesentlich auch Clemens Maria Kitschen bei. Virtuos setzte er am Klavier, manchmal auch an der Gitarre oder am Fußschlagzeug, humorvolle Pointen oder konfrontierte die Zuhörer mit überraschend emotionalen Klängen. Und Oma Madeleine, die einst Opernsängerin werden wollte, bewies, dass sie nicht nur wunderbar singen, sondern auch virtuos Trompete spielen kann.
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