Brühl. Auf die Frage nach einem Bild, das ihm am meisten am Herzen liegt, antwortet Vincenzo Di Tommaso spontan: „Alle!“ Dieses „Alle“ darf zurecht jeden faszinieren, denn schier unglaubliche Realitätsnahe, Farbkraft und Gefühle zeigen die 42 Exponate in der aktuellen Ausstellung von Vincenzo Di Tommaso im Brühler Kultur- und Kunsttempel Villa Meixner. Das Jugendstilhaus an sich ist ein Kleinod, obendrein auch immer wieder Ort für außergewöhnliche Kulturangebote und Kunstausstellung, bei der sich diese Schau der Vielfalt des Schwetzinger Künstlers nahtlos in den Reigen von Gemeinschafts- und Einzelausstellungen einreiht.
Extreme Hitze konnten zahlreiche Kunstfreunde und Interessenten nicht vom Besuch der feierlichen Vernissage fernhalten – im gut klimatisierten großen Saal bekamen sie einen Einblick ins Werk, lauschten Klavierklängen und stießen letztlich vor einem Rundgang mit Di Tommaso mit einem gut gekühlten Gläschen Prickelgetränk an. Katharina Nürnberger, die derzeit ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Brühl ableistet, überzeugte mit Eigenkompositionen, die mit langem Applaus honoriert wurden. Viele Künstler aus der „Künstlerfamilie“ der Region, darunter Florian Till Franke von Krogh, Heidi Schübel, Waltraud Jehn, Wolfram Gothe und Heinz Claßen, waren gekommen, was Bürgermeister Dr. Ralf Göck in seiner Begrüßung wohlwollend unterstrich: „Zeitgleich ist der Künstler der heute beginnenden Ausstellung jemand, der oft in die Villa kommt und Kollegen unterstützt, und auch fachmännisch positiv kommentiert“, stellte er Di Tommaso vor. Kurz ließ Göck anklingen, dass auch künftig die Unterstützung des Kulturreferats der Stadt in der bekannten Größenordnung fortgesetzt werde. Dies manifestiere die Gemeinderatsentscheidung, Katja Rheude zur Leiterin des Kulturreferats zu ernennen.
Ins Schaffen Di Tommasos führte die Kunsthistorikerin Dr. Kristina Hoge ein, die hervorhob, dass sich „ein Besuch der Ausstellung sehr lohnt“. „Farbintensität in Harmonien“, betitelte sie den größeren Teil der Bilder, die großformatig Portraits in leuchtenden Farben, Spiegelungsmotive aus dem vom Künstler seit vier Jahrzehnten sehr geliebten Schwetzinger Schlosspark, aber auch realistisch gemalte Skizzenboards, das leckere Spiegelei, das zum Hineinbeißen einlädt, etwa. Dazu gesellen sich fast monochrom gehaltene Stimmungsbilder oder die Abbildung eines weinenden Kindes angesichts des Krieges in seiner Heimat oder feinste Ölkreide-Portraits der Skulpturen im Schlossgarten.
Hyperrealistische Malerei und emotionale Tiefe
Dass Vincenzo Di Tommaso ganz genau hinschaut, sich zudem mit der ihm eigenen immensen Emotionalität geradezu in die präferierte Natur, in den Menschen, den er portraitiert sowie die „Erinnerungen“ hineinspürt, aus denen er für seine Werke schöpft, um sie dann über den Pinsel als verlängerten Arm und Auge, auf Leinwand zu fixieren, zeigen die Bilder. Di Tommaso findet seine Motive aktiv im Leben, dabei regte ihn etwa ein Zeitungsartikel über einen vom Kriegsalltag erzählenden Jungen zu einem Bild an, dass den Weltschmerz, die Verlustangst und die Zerstörung der Kindheit, der Welt an sich, eindrucksvoll auf die Betrachter überträgt. Der „Meister der realistischen, man mag sagen der hyperrealistischen Malerei“, wie es Kristina Hoge beschreibt, zeigt sich in den Stilleben, die anregen, sie anzufassen, weil das Auge die scheinbar an eine Pinnwand gehängten Objekte, Zettel, Faltarbeiten, daneben das frisch gebratene Spiegelei dreidimensional wahrnimmt.
Trompe-l‘oeil, Täuschung des Auges, nennt man diese illusionistische Malerei, die auf der perfekten Darstellung von Perspektive basiert und schon sehr alt ist. In einen wohl ins Dämmerlicht getauchten Bergzug hat Di Tommaso sehr viel Gefühl hineingemalt, indem er menschliche Gestalten in Umarmung eine Symbiose mit dem harten, kalten Stein eingehen lässt. „Ich sehe und male direkt“, berichtete der Maler von Stunden, die er mit Staffelei, Leinwand, Pinsel und Farben beim visuellen Studieren von Objekten im wechselnden Tageslicht im Park verbringt. Die Erinnerung an Begegnungen und Erlebnisse sei zudem oft Nährboden für ein neues Bild, das danach im Atelier realisiert werde.
Klar ist: Vincenzo Di Tommaso ist Meister der klassischen, traditionellen Malerei. Kristina Hoge bekräftigt: „Nur wer das beherrscht, der sollte den Schritt in die Abstraktion wagen.“ Sie lud ein, das facettenreiche, pulsierende Leben in Motiv und Farbwahl in den Bildern der Ausstellung zu erleben. „Ein ganz neuer, anderer Vincenzo“, kommentierte ein Gast die Gemälde, der den Künstler bereits länger begleitet, „aber mit großem Reiz, eben, weil sie so viel Neues bieten.“ Bis zum 27. Juli ist ein kostenloser Besuch der Ausstellung „Vincenzo Di Tommaso: Farben, Formen und Emotionen im harmonischen Spektrum“ immer samstags von 14.30 bis 17.30 Uhr und sonntags von 14 bis 17.30 Uhr in der Villa Meixner möglich.
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