Im Interview

Tobias Mann kommt in die Brühler Festhalle: „Ich werde mich sehr weit öffnen“

Von 
Henrik Feth
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„Ich hatte viele Monate Zeit für mich und es war nicht immer eine angenehme Begegnung mit mir selbst“, sagt Tobias Mann. Seine Erfahrungen „Mann gegen Mann“ präsentiert er um den Faktor Humor angereichert den Brühlern. © Gemeinde Brühl

Brühl. Kabarett drückt den Finger in die Wunde von heiklen gesellschaftlichen Themen. Tobias Mann, mehrfach ausgezeichneter Bühnenkünstler, kommt mit seinem aktuellen Programm „Mann gegen Mann“ in die Festhalle. Im Interview gibt er einen Vorgeschmack auf das, was die Zuschauer am Freitag, 10. Juni, in der Hufeisengemeinde erwartet. Gleichzeitig spricht er auch offen darüber, welche Verantwortung Kabarettisten der Gesellschaft gegenüber tragen und wie sich die Corona-Pandemie auf sein künstlerisches Schaffen ausgewirkt hat.

Bald kommen Sie mit Ihrem aktuellen Programm „Mann gegen Mann“ in die Festhalle – das ist für Sie keine unbekannte Spielstätte?

Tobias Mann: Tatsächlich bin ich schon zweimal in Brühl aufgetreten. Ich habe das Brühler Publikum in sehr guter Erinnerung und bin mir sicher, dass der 10. Juni ein großer Spaß für alle wird. Nach der langen Corona-bedingten Pause genieße ich jeden Auftritt in vollen Zügen und freue mich sehr, dass ich den Brühlern mein neues Programm präsentieren darf.

Was erwartet die Zuschauer an diesem Abend in der Festhalle?

Mann: Es wird ein Abend großer Transparenz, ich werde mich sehr weit öffnen. Mehr als dem einen oder anderen vielleicht lieb ist. Ich hatte viele Monate Zeit für mich und es war nicht immer eine angenehme Begegnung mit mir selbst. Und das bringe ich in Wort- und Liedform auf die Bühne und teile meine Erfahrungen mit den Zuschauern. Stellvertretend für den Kampf im Alltag, in dem man seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird und an sich selbst scheitert. Beispielsweise wird bei vielen Problemen der heutigen Zeit von allen Seiten geschrien, dass ich etwas ändern muss, aber innerlich wird die Klammer mit „aber doch nicht bei mir“ aufgemacht. Und hier steht ein innerlicher Konflikt gegen sich selbst an, ein richtiges Ringen um Veränderung, das Mann gegen Mann ausgetragen wird.

Zur Person: Tobias Mann

  • Tobias Mann wurde 1976 in Mainz geboren.
  • Er hat ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaften vorzuweisen.
  • Die Anfänge auf der Bühne fanden im Mainzer Karneval statt.
  • Mann gegen Mann“ ist das siebte Bühnenprogramm.
  • Bekannt wurde er einem breiten Publikum durch seine Fernsehauftritte beispielsweise beim „Quatsch Comedy Club“, bei „Neues aus der Anstalt“, „Mitternachtsspitzen“ oder bei „Nightwash“.
  • Zusammen mit Christoph Sieber präsentierte er von 2015 bis 2020 die Kabarett-Late-Night-Show „Mann, Sieber!“.
  • Ausgezeichnet wurde er unter anderem mit dem Bayerischen Kabarettpreis, zweimal mit dem deutscher Kleinkunstpreis und dem Salzburger Stier.

Was sind die Hauptaspekte von „Mann gegen Mann“?

Mann: Die Politik ist natürlich eines der Motive im Programm, aber auf eine ganz besondere Weise. Im Zuge der eigenen Achtsamkeit versuche ich mich nicht mehr so aufzuregen, sondern betrachte die Vorgänge neutral und ziehe philosophische Weisheiten heraus. Anhand der jüngeren Geschichte der SPD kann ich beispielsweise dem Publikum mitgeben, dass sich grundloser Optimismus lohnen kann. Das ist eine der Lehren, die wir aus der Politik ziehen können und von diesen präsentiere ich in „Mann gegen Mann“ noch einige mehr.

Sie beherrschen auch mehrere Musikinstrumente und nutzen diese Fähigkeit immer gerne in Ihren Programmen. Gibt es also auch in Brühl „etwas auf die Ohren“?

Mann: Ich sehe mich selbst als Feld-, Wald- und Wiesenmusiker, der unfassbar gerne Musik macht. Insofern bin ich mit großer Leidenschaft dabei und nutze dies auch als weitere Ausdrucksmöglichkeit, um bestimmte Themen in Liedform zum Publikum zu transportieren. Und so werde ich wieder einige Songs mitbringen, darunter auch ein brandneues Lied, das gerade erst entstanden ist. Der musikalische Teil ist für mich das Schönste an meinen Programmen, denn es ist mir immer eine große Freude, meine Lieder zu präsentieren.

„Mann gegen Mann“, der Titel suggeriert Wettbewerb und Kampf. Wie nehmen Sie Aggression und Egoismus in der heutigen Gesellschaft wahr?

Mann: Ich habe das Gefühl, dass die Diskussionskultur immer mehr in die sozialen Medien abdriftet. Es wird kein Diskurs mehr geführt, um konstruktive Lösungen zu finden. Stattdessen schreit man sich nur noch Positionen entgegen und sperrt sich für andere Standpunkte. Und das lässt einen Außenstehenden etwas ratlos zurück, ist aber allzu oft auch Kritik an einem selbst, da man automatisch selbst in diese Prozesse reinrutscht. Jeder denkt, seine Meinung wäre die einzig richtige, Hemmungen fallen und die Aggressivität steigt. Auch damit beschäftigt sich mein Programm „Mann gegen Mann“ und das Publikum darf sich ebenfalls auf ein Lied zu diesem Thema freuen.

Corona zwang die Bühnenkunst zu einer langen Durststrecke ohne Auftritte, wie haben Sie diese Zeit überbrückt?

Mann: Anfangs dachte ich noch, ein paar Wochen nicht zu spielen wäre kein Problem, was ist schon dabei? Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass mir der Kontakt zum Publikum fehlt. Daraufhin bin ich in Aktionismus verfallen und nutzte jede Möglichkeit mit der Außenwelt zu kommunizieren: Ich habe viel gestreamt, auch von Theatern aus, um einem richtigen Auftritt etwas näher zu kommen. Skurril für mich war eine Show im Autokino, wo das Publikum zwar anwesend war, aber doch in einer völlig ungewohnten Weise. In dieser Zeit habe ich einige grundlegende Erkenntnisse für mich erlangt, die ich auch in meinem Programm behandle.

Wie ist aktuell die Resonanz bei den Menschen? Sind Ihre Auftritte ausverkauft oder halten sich die Leute nach der Pandemie noch etwas zurück?

Mann: Es ist eine seltsame Lage momentan, an manchen Orten sind die Auftritte sehr gut besucht, während die Nachfrage andernorts wieder bescheiden ist. Das könnte mehrere Ursachen haben: Manche Menschen sind wegen Corona sicherlich noch vorsichtig und meiden größere Gruppenansammlungen. Gleichzeitig hat sich durch die vielen Verschiebungen auch einiges an Veranstaltungen gestaut und es herrscht ein Überangebot, dem viele zeitlich auch einfach nicht gerecht werden können. Natürlich gehen die Leute dann auch auf die verschobenen Events, für die sie bereits damals eine Karte gekauft haben, anstatt sich für etwas anderes neue Karten zu holen.

Wie sehen Sie die Rolle der Bühnenkunst in dieser durch Corona und Krieg gebeutelten Zeit?

Mann: Eigentlich hat sich die Rolle nicht großartig verändert, denn der Grundauftrag ist weiterhin aktuelle Situationen und den Wahnsinn der Welt aufzunehmen, damit umzugehen und diese Dinge zum Publikum zu transportieren. Gerade wir Kabarettisten wählen den für mich einzig probaten Weg: den Humor. Doch ohne das Ganze zu verlachen, sondern mit satirisch-humoristischen Ansätzen, um Missstände, Inkonsequenzen oder fehlende Logik aufzudecken. Ganz wichtig ist es, den Menschen eine gewisse Leichtigkeit an die Hand zu geben, ohne das eigentliche Thema herunterzuspielen. Doch je dunkler und schwieriger das Thema, umso größer ist die Verantwortung für uns Künstler. Uns muss immer die Schlagrichtung unserer Pointen klar sein, der Verursacher muss getroffen werden, keinesfalls die Opfer.

Was steht in der nächsten Zeit für Sie an?

Mann: Ich bin eigentlich immer unterwegs, das wird jetzt durch die ganzen Verschiebungen nochmals mehr. Und auch im Fernsehen werde ich wieder zu sehen sein. Bei der „Happy Hour“ auf 3Sat oder bei Helmut Schleich. Ganz spannend ist die Veranstaltung „Comedy for Future“ mit Schwerpunkt Klimapolitik in Berlin, bei der ich unter der Schirmherrschaft von Eckhardt von Hirschhausen mitwirke und die vom ZDF aufgezeichnet wird.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

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