Soziales

Wie es beim Thema Geflüchtete in Brühl weitergeht

Laut Bürgermeister Dr. Ralf Göck ist die Gemeinde an ihrer Kapazitätsgrenze. Rund 150 Menschen alleine aus der Ukraine werden in diesem Jahr noch erwartet. Dennoch zeigt sich Brühl engagiert.

Von 
Lukas Heylmann
Lesedauer: 
Eigentlich setzt die Gemeindeverwaltung auf eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, doch angesichts der hohen Zahlen von Menschen aus der Ukraine wurde eine zentrale Unterbringung im ehemaligen Hotel „Brühler Hof“ eingerichtet. © Strauch

Brühl. Der Krieg in der Ukraine dauert an – mittlerweile seit fast einem Jahr. Entsprechend flüchten immer noch Menschen aus diesem Land – viele von ihnen kommen nach Deutschland. Das bedeutet, dass die Kommunen sich zurzeit darauf einstellen – oder es versuchen – mehr Geflüchtete aufzunehmen. Das betrifft auch Brühl.

Nach neuesten Prognosen erwartet die Gemeinde im laufenden Jahr rund 150 weitere Geflüchtete, wie Bürgermeister Dr. Ralf Göck auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt. Die Zuweisung der Menschen an die Kommunen erfolgt dabei durch den Kreis. So selbstverständlich es für viele Menschen in Deutschland ist, sich mit der Ukraine solidarisch zu zeigen, so sehr stoßen aber auch Gemeinden an ihre Schmerzgrenzen – wie Göck unumwunden zugibt.

Es kommen Container für die Geflüchteten in Brühl

„Mit vorrätigen Liegenschaften ist die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Geflüchteten in Brühl erreicht“, erklärt der Rathauschef. „Wir müssen also bauen.“ Konkret bedeutet das die Aufstellung von Containern. Dafür seien bereits mehrere Standorte im Ort im Gespräch. „Der größte Bau dürfte im Gewerbegebiet ,An den Werften’ entstehen, wo die Gemeinde über ein entsprechend großes Gewerbegrundstück verfügt“, erläutert Göck.

Doch die häusliche Unterbringung ist nur ein Thema von mehreren, wie Marsha Figueroa erklärt, die im Sozialamt von Brühl arbeitet und dort insbesondere für die Integration von Geflüchteten zuständig ist. Auch personell stößt die Gemeinde mit dieser riesigen Aufgabe an ihre Grenzen. Das Gleiche gilt für Kindergartenplätze. „Die Kinder in den Einrichtungen aufzunehmen, hat bisher fast flächendeckend geklappt, aber jetzt ist die Unterbringung am Anschlag“, stellt Figueroa klar.

Bereits jetzt bilden die aus der Ukraine Geflüchteten die größte Gruppe, die von der Gemeinde untergebracht werden muss. Sollten die 150 Menschen aus diesem Kriegsgebiet noch nach Brühl kommen, würde sich die Zahl dieser von der Kommune unterge-brachten Flüchtlingsgruppe vervierfachen und der graue 100-Menschen-Kreis der Ukraine wäremahr als zweimal blau geschlossen.

Dazu kommt, dass Menschen aus der Ukraine – zurzeit knapp vor den Kriegsflüchtlingen aus Syrien – zwar den größten Anteil der Geflüchteten in der Gemeinde ausmachen, aber eben nicht die Einzigen sind, um die es sich zu kümmern gilt. Zudem zeigt sich, dass es Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland vielfach leichter haben als beispielsweise Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten. „Wir betrachten das durchaus auch mit einem weinenden Auge“, sagt Figueroa, „für die Menschen aus der Ukraine ist es natürlich gut, aber es ist schlimm, dass wir das nicht allen bieten können.“

Geflüchtete in Brühl haben unterschiedliche Bedürfnisse

Die Herausforderungen bei der Integration sind unterschiedlich. Aus der Ukraine kommen insbesondere Frauen und Kinder – daher der Fokus auf Unterbringung und Kindergarten- oder Schulplätze. Bei Geflüchteten aus anderen Ländern – vielfach Männern – ist laut Figueroa im Moment ein großes Problem, dass es zu wenige Plätze an Berufsschulen gibt. Auch die Suche nach Sprachkursen ist eine Herausforderung. „Das ist zurzeit kaum möglich“, bedauert Figueroa. Das Thema Sprache zeigt noch einen anderen Unterschied auf. Da Menschen aus der Ukraine oft direkt von ihrem Fluchtweg in Kommunen ankommen und dort integriert werden sollen, sprechen sie meist kein Deutsch. Deshalb ist hierbei die Hilfe von Sprachmittlerinnen notwendig. „In anderen Fällen ist es oft so, dass Menschen schon zwei Jahre in Deutschland sind bis wir sie treffen“, berichtet Figueroa. „Da gab es teilweise welche, mit denen man sich direkt auf Deutsch unterhalten konnte.“

Das Gespräch mit Marsha Figueroa wirkt mitnichten, als ob sie Menschen gegeneinander abwäge. Viel mehr macht sie – anhand ihrer Erfahrungen – darauf aufmerksam, wie individuell die Bedürfnisse von Menschen sind, die auf ihrer Flucht nach Deutschland kommen und Hilfe brauchen.

Geflüchtete in Brühl: Gemeinde sucht Ehrenamtliche

Und um auf diese Bedürfnisse eingehen zu können, mangelt es an vielen Stellen an Personal – auch in Brühl. „Wir würden uns unheimlich über Ehrenamtliche freuen“, erklärt die Integrationsbeauftragte.

„Das ehrenamtliche Engagement ist während Corona etwas eingeschlafen. Aber das ist logisch: Viele, die uns geholfen haben, sind schon älter und wollen sich schützen.“ Andere seien schon jahrelang dabei gewesen und hätten keine Kapazitäten mehr.

Doch dass der Wille zu helfen nach wie vor da sei, zeige auch der Umstand, dass zusätzlich 60 Geflüchtete aus der Ukraine in Brühl privat untergekommen und betreut sind.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung