Eppelheim. Selten zuvor hat die Amtseinführung eines Bürgermeisters in einer 15 000-Einwohner-Gemeinde wohl eine ähnlich große Öffentlichkeit auf den Plan gerufen. Selten zuvor hat ein Amtsträger aber auch ähnlich lange auf diesen Moment warten müssen.
"Das waren die längsten acht Monate und 17 Tage meines Lebens", gesteht gestern Morgen eine aufgeregte Patricia Rebmann, die um 9 Uhr das Rathaus endlich in ihrer neuen Funktion und in der Nachfolge von Dieter Mörlein betreten darf. Sie wurde am 23. Oktober 2016 - damals war sie noch nicht verheiratet und hieß mit Nachnamen Popp - von den Eppelheimern zur Bürgermeisterin gewählt. Die Klage von Georg Sch. (wir berichteten mehrfach) verhinderte jedoch, dass sie - wie eigentlich vorgesehen - die neuen Aufgaben vom 1. Januar dieses Jahres an wahrnehmen konnte.
"Andere Bürgermeister sind nur acht Jahre in ihrem Amt, ich bin's dadurch fast neun Jahre", erklärt sie gut gelaunt den wartenden Zaungästen, die ihr für die neuen Aufgaben viel Glück wünschen. Denn die Zeitrechnung hat mit ihrem ersten Arbeitstag begonnen.
Wie vor dem ersten Schultag
Eine fröhliche Erwartung, so wie vor dem ersten Schultag, strahlt Patricia Rebmann aus, als Bürgermeister-Stellvertreter Trudbert Orth ihr den symbolischen Rathausschlüssel überreicht - in Anwesenheit der Gemeinderäte, die beruflich abkömmlich und trotz der Urlaubszeit in der Heimat sind. Orth wünschte seiner "Chefin" alles Gute und auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Die bedankt sich und verspricht, alles dafür zu tun.
Schon eine halbe Stunde vorher ist sie vor Ort - sie trägt eine schwarze Hose, eine schwarze Strickweste, weiße Bluse, die blonden Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden, fast schon ihr Markenzeichen. Ihr steht nach der langatmigen Hängepartie vor Gericht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Geschlafen habe ich in der Nacht sehr schlecht", gesteht sie auf Nachfrage, "ich war sehr aufgewühlt - auf eine positive Art."
Jetzt aber wirkt sie locker und gelöst. Das körpereigene Adrenalin lässt der Müdigkeit offenbar keine Chance. Die 39-Jährige strahlt Frische und Dynamik aus und vertritt ihren Standpunkt sehr energisch. Nach dem offiziellen Teil im Dienstzimmer - die Unterzeichnung der Dienstantrittsanzeige ("das wichtigste Dokument heute") wird von einem vielfachen Klicken und Surren der Kameras begleitet - erteilt sie den Journalisten eine deutliche Absage. Die wollen sie auf ihrem Gang durchs Rathaus begleiten und die Beschäftigten befragen. Das lehnt die neue Bürgermeisterin ab. Sie wolle nicht, dass die Mitarbeiter sich unter Druck gesetzt fühlen, erklärt sie. Basta.
"Fairer und demokratischer Stil"
"Da sieht man gleich, dass ein neuer, fairer und demokratischer Stil im Rathaus Einzug hält", freut sich die Grünen-Stadträtin Ersi Xanthopoulos ob dieses Verhaltens und meint weiter: "Sie nimmt Rücksicht auf die Mitarbeiter. Herrn Mörlein war das immer egal. Hauptsache, er stand im Mittelpunkt."
Einen Strauß aus Rosmarin, Lavendel und Salbei aus dem eigenen Garten hat Erich Zahn mitgebracht - und ein Angebot: "Wir sind willens, Frau Rebmann bei der Umsetzung dessen zu helfen, was hier notwendig ist: die Miteinbeziehung der Bürger. Ich freue mich auf die neue Ära." Er habe sich als Geschenk bewusst für Gewürze mit Duft entschieden, erklärt der ehemalige Elternbeiratsvorsitzende, der in dieser Funktion nach eigener Aussage mit Dieter Mörlein oft im Clinch gelegen hat. "Bunte Blumen kriegt Frau Rebmann heute mit Sicherheit oft." Und die Kräuter seien ja auch vielfältig verwendbar - in der Küche, für Kosmetik und fürs Wohlempfinden.
Verantwortungsvolle Aufgabe
Auch Janine Hebert freut sich "riesig darauf, dass das Leben in Eppelheim wieder in ordentliche Bahnen gelenkt wird. Wir bekommen eine intelligente Bürgermeisterin. Die Verantwortung, die auf ihr lastet, wiegt schwer, aber sie kann sie tragen", ist sich Hebert sicher.
Die Zeit der Gelassenheit ("ich wusste ja, dass ich an der Situation nichts ändern kann") ist für Patricia Rebmann seit gestern also vorbei. "Bürgermeisterin dieser Stadt zu sein, ist unheimlich verantwortungsvoll, dessen bin ich mir bewusst. Es wird eine gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat geben", betont sie zum wiederholten Mal an diesem Morgen das Miteinander, das sie anstrebt. "Ab jetzt kann ich ja auch etwas dafür tun", zeigt sie sich voller Tatendrang.
Ob das in der aktuellen Atmosphäre ihres Dienstzimmers sein wird - fraglich. "Es ist hier doch sehr duster", schildert sie ihren Eindruck. "Mir hat man gesagt, dass die Einrichtung von 1978 stammt. Das ist das Jahr, in dem ich geboren wurde", deutet sie lächelnd an, dass der Wind des Wandels wohl auch nach außen hin sichtbar werden wird.
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