Geschäftsleben - Gasthof hat am heutigen Donnerstag zum letzten Mal geöffnet / Hans Seyfried verkauft Lokal nach drei Jahrzehnten

Abschied von der "Talhaus-Gemütlichkeit"

Von 
Franz. A. Bankuti
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Nur noch heute können es sich Besucher am Kamin bequem machen: Der Gasthof "Talhaus", 1894 als Waldrestaurant "Jägerlust" erstmals geöffnet, schließt. Inhaber Hans Seyfried (l.) verabschiedet sich am heutigen Donnerstag von seinen Gästen, zu denen auch Maria Käufer, Dietmar Wondra, Rüdiger Ueltzhöffer und Laila Fortes (v. l.) gehören.

© Lenhardt

Wer noch einmal die gemütliche Atmosphäre des legendären Gasthofs "Talhaus" erleben möchte, muss sich beeilen. "Ja, es stimmt, am Donnerstag haben wir zum letzten Mail geöffnet", bestätigt Gastgeber Hans Seyfried, der seit knapp über drei Jahrzehnten den Gasthof "Talhaus" führt. Auch wenn es jetzt vertragsbedingt etwas hektisch scheinen mag, dass Hans Seyfried ans Aufhören dachte, war es schon geraume Zeit bekannt. Immerhin, wenn der jetzt 73-jährige Hans Seyfried seine Lehrzeit mitzählt, kommt er auf fast sechs Jahrzehnte beruflicher Tätigkeit, genau die Hälfte der Zeit davon im Hockenheimer "Talhaus".

Aus einer renommierten Feudenheimer Metzgersfamilie stammend, war es für Hans Seyfried naheliegend, eine Lehre als Metzger zu machen. Bereits mit 21 Jahren hatte er als mit Abstand jüngster Teilnehmer die Meisterprüfung erfolgreich absolviert, mit 24 Jahren eröffnete er seine erste eigene Metzgerei. Wichtig war es für Seyfried, möglichst viel und verschiedene berufliche Erfahrung zu sammeln. Dies mündete schließlich in den Wunsch, nach einem eigenen, gemütlichen Hotel- und Gaststättenbetrieb in der Kurpfalz.

Zum Bedauern seiner vielen damaligen Gäste - die dann aber regelmäßig nach Hockenheim kamen - gab Seyfried seine Gaststätte in Mannheim auf, um das "Talhaus" zu übernehmen. Anfang 1983 galt es dann, im gesamten Haus Hand anzulegen, von den Hotelzimmern begonnen über Küche, Schlacht- und Verarbeitungsbereich bis hin zu den Gasträumen.

Zwischennutzung für Facharbeiter

"Die gute alte Talhaus-Tradition" - dieser positive Ruf ist bis zum heutigen, endgültig letzten, Tag geblieben. Zwischenzeitlich war Seyfried deutlich geworden, dass Erneuerungen und Investitionen nötig wurden. Verständlich, dass er dies mit 73 Jahren nicht mehr schultern wollte, obwohl er immer noch ins Schwärmen kommt, wenn er über die Pläne spricht, die er in seinem Kopf hat. Jetzt ist die Entscheidung gefallen, das "Talhaus" wird verkauft. Bis zum Spätherbst wird der neue Besitzer, so erläutert Seyfried, prüfen, wie weitergeht. Bis dahin ist eine Zwischennutzung geplant: Das Haus wird zu einer Art "Privatpension" für Trupps von Facharbeitern. Den Stammgästen wird es nicht leichtfallen, vom "Talhaus" Abschied zu nehmen. Vermissen werden sie eine metzgermeistergeprägte Küche mit Schlachtbüfetts und Ochsenkopfessen, Stammtischgemeinschaften jeden Alters, Festivitäten und Treffs in den Nebenzimmern und ein Wirt, der einfach immer zum rechten Zeitpunkt an der richtigen Stelle war.

1894 eröffnete das idyllische Waldrestaurant "Jägerlust", dem nach dem Ersten Weltkrieg der "Gasthof Talhaus" folgte. Bald war dies ein Treffpunkt für Ausflügler und Spaziergänger, die Kinder hatten ihre Freude an ein paar Kleintieren und zeitweise, so wird erzählt, sogar an einem dort lebenden kleinen Affen. Auch die musikalische Unterhaltung soll auch nicht zu kurz gekommen sein. Zusammen mit dem Talhaus als Industriegebiet wuchs die Bedeutung des Gasthofes, der bald auch Übernachtungen anbot.

Die letzten drei Seyfried-Jahrzehnte waren geprägt von einem soliden Hotelbetrieb, von regionaler, bodenständiger Küche und von der typischen "Talhaus-Gemütlichkeit". Längst kannte Hans Seyfried (fast) "alle Hoggemer" , viele Besucher aus der näheren Umgebung waren Stammgäste geworden und seine Freunde aus Feudenheim und "aus ganz Mannem" kamen gerne zum "Hans uffs Land".

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