Hätte Deep Purple, wie im Sommer geplant, im Schwetzinger Schlossgarten gespielt, wären wohl mehr Menschen gekommen als jener Bruchteil, der zum Konzert der Deep-Purple-Tributeband Purple Rising den Weg ins Pumpwerk fand. Ob sie allerdings ein besseres Konzert gehört hätten, mag mehr als nur bezweifelt werden. Was Purple Rising in über drei Stunden vom Stapel ließ, war vom Feinsten, war mehr als von einer Coverband gewohnt. Das Quintett verkörpert eher die Originalband im Zustand von vor 40 Jahren, als "Made in Japan" das Licht der Welt erblickt und nichts mehr war wie vorher.
Unbändige Spielfreude
Purple Rising agiert mit einer Spielfreude, dass man meint, die Urbesetzung von Deep Purple nach einer Frischzellenkur vor sich zu haben. Drei Stunden Hardrock - die mittlerweile ergrauten Deep-Purple-Musiker wären bei dem Tempo wohl schon nach einer halben Stunde im Sauerstoffzelt verschwunden - bringen Purple Rising mit einem Elan daher, dass mit Sicherheit auch der Schwetzinger Schlossgarten gewackelt hätte.
Die Lautstärke im Pumpwerk war übrigens, das nur am Rande bemerkt, zum Teil für den Schlossgarten ausgelegt, insbesondere im zweiten Teil schraubten sich die Gitarren-Riffs in die Gehörgänge, dass einem angst und bange wurde. Aber was soll's, was sind schon ein paar Haarzellen im Innenohr gegen den Genuss der Hammond C 3, eine Orgel Baujahr 1955, gespielt von Andreas König, im Duett mit der Fender-Gitarre von Reik Muhs?
Fast auf die Minute genau um 21 Uhr betreten Purple Rising die Bühne, stöpseln ihre Instrumente an - es folgt ein dreistündiger Orkan mit nur einer viertelstündigen Unterbrechung, der den gesamten Körper durchwalkt und knetet, dass man endlich weiß, warum uns unsere Mütter damals vor dem Rock-Gedöhns gewarnt haben.
Gleich mit ihrem ersten Song, "Highway Star", macht die Band klar, wohin die Reise geht. Und es wird nicht lang gefackelt, mit "Strange kind of Woman" wird die nächste Schippe nachgelegt. Sänger Alexx Stahl - wüsste man es nicht besser, könnte man in für die Doppelreinkarnation von Ian Gillan und David Coverdale halten - liefert sich mit Muhs Gitarre ein Duett, dass die Gänsehaut auf dem Rücken in Stoßwellen Überstunden macht. Wie das Original in seinen Glanzzeiten, gönnt auch Purple Rising dem Publikum keine Schonung, der musikalische Höllenritt kennt keine Pause, mit "Child in Time" folgt der nächste Klassiker.
König, der schon mit John Lord gemeinsam auf der Bühne stand und der die Hammond-Orgel mit einer Hingabe und virtuosem Fingerspiel bedient, dass einen das Herz aufgeht, liefert sich ein minutenlanges Duell mit Muhs, dass es im Saal kaum einen mehr ruhig hält. "Knocking on your back Door" mit einem genialen Zitat vom "Woman from Tokyo", ein Abstecher zu Rainbow, "Stargazer", zurück zu Purple und das erschöpfte Publikum wird in die rettende Pause entlassen.
Zum Erholen ist die Unterbrechung eigentlich viel zu kurz, zumal im zweiten Teil die Gitarre von Muhs stärker zur Geltung kommt. Wie Sänger Stahl feststellt, feiert das Live-Album "Made in Japan" von Purple gerade seinen 40. Geburtstag, weshalb im zweiten Teil des Konzertes die noch fehlenden Lieder, von "The Mule" bis "Lazy" ebenso zu hören sind, wie "Hush" oder "Demon's Eye".
Lieder, die den Bandmitgliedern jede Menge Raum für Soli lassen. Neben den Genannten in erster Linie Drummer Stefan Deissler, der die Band akkurat begleitet, der sein Pearl bearbeitet, was die Membranen aushalten, oder Bassist Domink Stotzem, der nicht nur wie Mephisto daherkommt, der auch ein geradezu diabolisches Spiel zeigt, mit seinem Sound die Band unermüdlich antreibt, dabei wie Flummi über die Bühne fegt und auch mit seinen Soli zu begeistern weiß.
Kurzum, ein perfektes Konzert geht mit "Space Truckin" zu Ende, bei dem die Besucher am Ende zu Recht ihre Zugaben einfordern. Die auch bereit willig gewährt werden, "Black Night" und - natürlich - "Smoke on the Water" sind für sich alleine noch mal ein Konzert und mit der dritten Zugabe, weit nach Mitternacht, kehrt langsam Ruhe im Pumpwerk ein. Auch wenn der Körper noch lange nachbebt.
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