Das möchte der neue Gemeinderat in Hockenheim erreichen

Der neue Gemeinderat hat eine Menge Arbeit vor sich. Während der Sommerpause blickt unsere Zeitung voraus auf wesentliche Themen, die das Gremium in der neuen Sitzungsperiode beschäftigen werden.

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Matthias Mühleisen
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Es wird immer heißer und trockener – unterbrochen von Starkregen: Das Thema Klimawandel ist ein globales, aber auch ein lokales. Die Städte müssen auf die Veränderungen reagieren – aber wie? © Freepik

Hockenheim. Die Sommer werden immer heißer. Seit 1. Juli schreibt das neue Klimaanpassungsgesetz des Bundes vor, Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und Maßnahmenkonzepte zu erstellen, nicht nur im Hinblick auf Hitze, sondern auch auf Starkregen und Niedrigwasser. Die Pflicht aus dem Gesetz liegt bei Bund und Ländern, die Aufgabe wird an die Kommunen weitergegeben, beklagt FWV-Fraktionsvorsitzende Gabi Horn. Wer die Kosten für die Maßnahmen trägt, sei weitestgehend offen. Eine grundsätzliche Finanzierung von Klimaanpassungsmaßnahmen durch Land oder Bund existiere nicht.

Insbesondere in den Innenstädten sei es im Schnitt zwei Grad wärmer als auf dem Land. Grund dafür sei der hohe Versiegelungsgrad und die vielen eng stehenden Gebäude, die die Luftzirkulation verringern und zu Wärmestau führen. Ähnlich speichern die Gebäudefassaden Wärme. Es mangelt an bepflanzten Flächen, die die Temperaturen senken könnten, stellt Gabi Horn fest.

Freie Wähler Vereinigung Hockenheim: Fassaden begrünen

Deshalb würde es sich empfehlen, darauf hinzuwirken, dass gerade bei mehrgeschossigen Gebäuden die Fassaden begrünt werden. Ferner müssen die noch vorhandenen Grünflächen im innerstädtischen Bereich zumindest erhalten werden beziehungsweise es müsste darauf hingewirkt werden, dass mehr Grünzonen entstehen und auch mehr Bäume und Sträucher gepflanzt werden.

Für ganz wichtig halten wir eine Verschattung von Haltestellen, Parkplätzen und Sitzgelegenheiten, die Installation von öffentlich zugänglichen Trinkwasserspendern und das Entsiegeln von Oberflächen. Ferner muss an eine Entsiegelung gedacht werden. Auch die Einrichtung eines Hitzetelefons ist wichtig, das gerade ältere Menschen bei hohen Temperaturen unterstützen soll.

Es bedarf einer gesamtstädtischen Strategie, die nicht nur auf die nächsten zwei bis drei Jahre ausgerichtet ist und auch die Privaten müssen im Hinblick auf Entsiegelung von Vorgärten und sonstigen Flächen und Begrünung von Dach und Fassaden mitgenommen werden.

Auch wenn derzeit andere Themen mehr im Vordergrund stehen, glaubt die CDU-Fraktion, „dass uns das Thema Klima- und Umweltschutz mit aller Macht wieder einholen wird“, teilt deren Vorsitzender Markus Fuchs mit. Umso wichtiger sei es, dass es von der Bürgerschaft und der Politik gemeinsam vorangebracht wird.

Vonseiten der Kommune erwartet die Union, dass der Ausbau der städtischen Dachflächen mit Photovoltaik weiter vorangeht und die Umstellung städtischer Fahrzeuge auf E-Autos erfolgt. Christoph Kühnle freut sich in diesem Zusammenhang, dass die Stadtwerke die Förderung von Balkon-Solaranlagen weiter ausgebaut haben, was die CDU einst als Antrag eingebracht hatte.

Um die Auswirkungen der Hitzeperiode zu mildern, spricht sich Jasmin Ulrich für die Einrichtung von Schattenplätzen auf Kinderspielplätzen und die Schaffung von Trinkwasserbrunnen aus. Dass mit der Umgestaltung von Straßen in der Folge auch Grünpflanzen und Bäumen gepflanzt werden, ist in Hockenheim gelebte Praxis.

CDU Hockenheim: Erfolg nur in Gemeinschaft

Nicht ohne Stolz verweist man auf die Tatsache, dass der CDU-Stadtverband in den vergangenen drei Jahren mehr als 30 Obstbaumsetzlinge in Hockenheim eingepflanzt hat – für Umwelt und Insekten.

Klima- und Umweltschutz könne nur gelingen, wenn Bürgerschaft und Politik an einem Strang ziehen. „Wenn jeder Gartenbesitzer einen Baum pflanzt und wenn jeder Schottergartenbesitzer seinen Garten naturnah umgestaltet, dann kann damit ein sehr viel größerer Effekt erreicht werden“, sagt die stellvertretende Fraktionssprecherin Bärbel Hesping. Praktische Anregungen erhofft sich Hanna Bühler vom kommunalen Klimaschutzkonzept, wie Privathaushalte Vertikalgärten anlegen, die Hausfassade begrünen oder Bäume anpflanzen können.

„Und wer das alles nicht will oder kann, der kann mit einer Spende für eine Aufforstung der städtischen Obstbaumwiesen beitragen. Möglichkeiten gibt es genügend“, so OB-Stellvertreter Fritz Rösch abschließend, der selbst bereits mehrere Obstbäume gespendet hat.

SPD Hockenheim: Vorgärten bepflanzen

Die SPD betrachtet das Klimaschutzkonzept als wichtigen und richtigen Bestandteil im Kampf gegen den Klimawandel und ist der Überzeugung, dass jede Kommune ihren Beitrag zu einer klimaneutralen und nachhaltigeren Zukunft leisten muss, unterstreicht Fraktionsvorsitzende Marlene Diehm. „Wir befürworten daher eine strikte Umsetzung, Evaluierung und Reflexion, gegebenenfalls mit Anpassungen des Klimaschutzkonzeptes durch unseren Klimaschutzmanager.“ Hierzu sei es jederzeit notwendig, dass alle Fraktionen im Austausch mit der Stadtverwaltung bleiben und eine regelmäßige Information des Gremiums stattfindet.

Das Pflanzen von Bäumen und zusätzliche weitere Begrünungsmaßnahmen stellen dabei immer einen guten Weg dar, der Überhitzung innerhalb der Stadt entgegenzuwirken und so das Stadtklima zu verbessern. Dies könnte auch mit einer Ausgestaltung der Karlsruher Straße einhergehen. Dabei sollten insbesondere bei der Begrünung neben der Optik auch immer die Nachhaltigkeit und die Klimabilanz eine zentrale Rolle spielen.

Auch kleinere Maßnahmen könnten positive Auswirkungen haben, ohne über die Maße finanzielle Mittel zu verschlingen. Berücksichtigt werden sollte, wie in der Vergangenheit durch die Stadtverwaltung angekündigt, die Bepflanzung von Vorgärten unter Berücksichtigung der Landesbauverordnung. Gerade beim Erschließen von Neubaugebieten könne das Konzept Schwammstadt Anwendung finden, in den bereits vorhandenen Stadtgebieten erachte die SPD die Umsetzung als eher schwierig. Einen weiteren Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft sieht die SPD-Fraktion im weiteren Ausbau von Photovoltaikanlagen auf bestehenden großen Dachflächen.

Hockenheimer Grüne: Maßnahmen umsetzen

Für die Grünen habe der Klimaschutz nach wie vor sehr hohe Priorität. „Wir freuen uns, dass unsere Beharrlichkeit und die der Bürger maßgeblich dazu beigetragen haben, in diesem Jahr ein Klimaschutzkonzept mit über 43 Maßnahmen zu beschließen. Damit sind wir aber noch lange nicht am Ziel – Papier ist bekanntlich geduldig“, formuliert es Stadtrat Adolf Härdle.

Jetzt brauche es eine zielgerichtete Umsetzung mit konkreter Zeit- und Maßnahmenplanung, mit einem angemessenen Betrag für ein Klimaschutzbudget (Empfehlung von KEA und Städtetag: 10 Euro pro Einwohner) und eine begleitende Kontrolle aller Maßnahmen. Zur Unterstützung empfehlen die Grünen die Einrichtung eines Klimabeirates mit Beteiligung von Hockenheimer Experten.

Im Stadtgebiet gebe es Flächen, die zur weiteren Begrünung und zur Baumbepflanzungen infrage kämen, etwa am Zehntscheunenplatz. Baumbepflanzungen als einzelne Maßnahmen schützten die Bürger nicht vor einer Überhitzung und seien „nur“ einer von vielen notwendigen Schritten. Im Vorfeld könnten durch die Messung von Hitzedaten städtische Wärmeinseln identifiziert werden. Mit diesen Informationen können Stadtplaner und Entscheidungsträger gezielt Maßnahmen in den Stadtteilen zum Schutz der Bürger umsetzen.

Denkbar seien die Schaffung von Grünflächen an bestimmten Orten, die Möglichkeiten von Fassaden- und Dachbegrünungen wie Bushaltestellen, die Aktivierung oder Reaktivierung von Trinkwasserbrunnen, die Bereitstellung von gekühlten Rückzugsräumen für die Bevölkerung ebenso wie die Prüfung von eingereichten Bauvorhaben auf klimafreundliche oder klimaneutrale Umsetzung oder auch schwammstadtähnlicher Prinzipien.

Ansätze zum Wassermanagement sollten bei allen öffentlichen Bauvorhaben zum festen Bestandteil werden und auch Beratungsmöglichkeiten für die Bürger vorgesehen werden. Als irreführend bezeichnen die Grünen Informationen, dass die Schwammstadt die bauliche Innenverdichtung verhindern würde. Für den Erhalt der Kulturlandschaft haben sich die Grünen seit Jahrzehnten eingesetzt. Nach ihrer Auffassung stellen der Schutz und die Wiederherstellung des Landschaftswasserhaushalts zentrale Aufgaben der nächsten Jahre dar. Maßnahmen wie die Reaktivierung des alten Kraichbachlaufs und die Sicherung der Funktionsfähigkeit des 41 Kilometer langen Grabensystems können integraler Bestandteil des Biotopvernetzungskonzepts sein.

Es ist sinnvoll, mehr Bäume in der Innenstadt zu pflanzen, um der Überhitzung entgegenzuwirken, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Frank Köcher-Hohn: „Bäume bieten natürlichen Schatten, kühlen die Umgebung durch Verdunstung und verbessern die Luftqualität.“ Als weitere Begrünungsmaßnahmen könne sich die FDP Gründächer und grüne Fassaden vorstellen. Diese könnten zur Isolation von Gebäuden beitragen, die Luftqualität verbessern und zur Reduzierung des städtischen Wärmeinseleffekts beitragen.

Hockenheimer FDP: Anreize statt Verbote

Solche Maßnahmen könnten besonders in dicht bebauten städtischen Gebieten effektiv sein. Hier können sich die Liberalen Anreize für private Unternehmen und Hausbesitzer vorstellen, um Begrünungsprojekte durchzuführen. Steuerliche Erleichterungen oder Förderprogramme für Gründächer und urbane Gärten seien denkbar. Die FDP bestehe auf die Nutzung moderner Technologien wie intelligente Bewässerungssysteme, die effizient Wasser nutzen, oder spezielle Materialien für Gehwege und Plätze, die hitzeabweisend wirken.

Alle Maßnahmen müssen effizient und kosteneffektiv durchgeführt werden, um eine Überhitzung der Innenstädte zu verhindern und gleichzeitig die städtische Lebensqualität zu steigern. Dem Klimaschutzkonzept sollte eine hohe Priorität eingeräumt werden, es sollte aber auch flexibel und innovationsfreundlich sein, ist Köcher-Hohn überzeugt: „Wir brauchen effizienten Klimaschutz – keine staatlichen Vorgaben und Verbote.

Klimaschutz funktioniere nur mit der Beteiligung der Bevölkerung, auch bei der Umsetzung eines Schwammstadt-Konzeptes auf kommunaler Ebene. Anreize sollen private Grundstückseigentümer veranlassen, Flächen zu entsiegeln oder Begrünungsmaßnahmen wie Gründächer und grüne Fassaden umzusetzen. Dies könne durch finanzielle Zuschüsse oder Steuererleichterungen geschehen. Die FDP-Fraktion kündigt einen Antrag auf Erstellung eines Förderprogramms für den Rückbau von Schottergärten an, um die Bevölkerung dabei zu unterstützen. Sie will bürokratische Hürden abbauen, um klimafreundliche und innovative Bauweisen zu fördern. Den Stadtwald zu erhalten, sei ein weiteres Thema – auch durch Aufforstung insbesondere heimischer Arten.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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