Landwirtschaft - Gemüsehof Schmitt und Johanneshof sehen ihr Lebenswerk in Gefahr / Saisonarbeitskräfte fallen aus / Mitarbeiter stehen hinter ihrem Betrieb

Die Kunden haben es mit in der Hand

Von 
Sandra Kettenmann
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Es ist ihr Lebenswerk und die Absicherung der Familie. Helene Schmitt von Gemüsehof Schmitt und Johannes Härdle und Harald Schlumpp vom Johanneshof sehen aufgrund der Corona-Pandemie ihre Existenz in Gefahr – wie viele andere Unternehmen auch.

Beiden Betrieben fehlt es an Erntehelfern für die anstehende Spargelsaison sowie beim Ernten des Salats, den Erdbeeren und den Himbeeren. „Auf den Feldern die Ernte einzuholen, ist ein knochenharter Job“, erklärt Helene Schmitt. „Jeden Tag acht Stunden bücken, auf Knien das Gemüse ernten – und das bei jedem Wetter. Ich habe einen großen Respekt vor unseren Erntehelfern. Sie verrichten täglich einen Job, der ihnen viel abverlangt und das, ohne zu meckern.“

Beim Gemüsehof Schmitt steht aktuell das königliche Gemüse auf dem Plan. Es folgen die verschiedenen Salatsorten sowie Kohlrabi und Karotten. Schmitt ist momentan viel am Telefonieren. Viele ihrer ausländischen Helfer aus dem vergangenen Jahr kennen wiederum Arbeiter, die noch in Deutschland sind.

In anderen Betrieben wie zum Beispiel bei den Weinbauern hätten die Helfer nun Zeit, sofern sie nicht die Heimreise antreten. Viele Länder haben die Grenzen geschlossen, was den Weg in die Heimat erschwert. „Wir wissen, dass einige Helfer hierbleiben müssen, da sie aktuell einfach nicht zu ihren Familien nach Hause kommen. Daher telefonieren wir gerade alle Kontakte ab.“

Wer kauft heimischen Salat?

Ein großes Problem sieht Schmitt beim Einbringen des Salates: „Er muss innerhalb weniger Tage geerntet werden, sonst kann man ihn gleich wegwerfen. Haben wir keine Arbeiter für die Felder, waren all unsere Bemühungen umsonst.“ Für die Erntehelfer hat Familie Schmitt auch die Schutzvorkehrungen und Hygienebedingungen auf dem Feld sowie in der Unterbringung erhöht. „Sicherheit geht natürlich vor.“

Allerdings sieht die zweifache Mutter ein weiteres Problem auf den Familienbetrieb zukommen. „Selbst wenn wir genügend Helfer zur Ernte haben, ist immer noch fraglich, ob wir unser Gemüse auch verkaufen können. In der momentanen Situation stehen viele Schließungen an und ob die Bürger dann bereit sind, für heimische Produkte tiefer in die Tasche zu greifen, bleibt fraglich.“

Die Konkurrenz zu den Discountern wird hier deutlich. Denn die tägliche Pflege der Produkte, die Arbeiter und auch die eigene Arbeitskraft der heimischen Bauern müssen bezahlt werden. Dazu kommen Gütesiegel und Qualitätskontrollen des Landes, die heimische Produkte zu etwas Besonderem machen.

Dafür sind sie etwas teurer als Lebensmittel aus dem Ausland. Wie lange diese noch geliefert werden können, sei andererseits fraglich. Denn auch dort grassiert das Coronavirus und es mangelt an Erntehelfern.

Da auch die Gastronomie unter Umsatzeinbußen leidet, wird sie weniger bestellen, ist Schmitts Vorahnung. Salate, Kohlrabi und Karotten werden von Restaurants in anderen Mengen abgenommen als vom Endverbraucher. Das weiß auch Schmitt.

Wie sich die Situation für das Familienunternehmen weiterentwickelt, ist ungewiss. „Wir befinden uns in einer Situation, in der wir alle gefragt sind. Jeder Einzelne. Die heimischen Betriebe müssen jetzt mehr denn je gestärkt und gefördert werden. Denn wir sind alle voneinander abhängig. Da darf man nicht nur den Einzelnen sehen“, appelliert Helene Schmitt. Wer nicht auf den „Hoggemer Spargel“ verzichten möchte, kann bei Schmitt bestellen und sich das königliche Gemüse per Lieferdienst nach Hause bringen lassen.

Die Landwirtschaft und die Gastronomie vereinen den Johanneshof nun seit 30 Jahren. Zu ihrem langjährigen Bestehen wollten die Inhaber Harald Schlumpp und Johannes Härdle eigentlich den Gästen eine neue Speisekarte präsentieren. Die haben sie nun abgesagt und stattdessen eine „Take-away-Karte“ erstellt. „Es ist jetzt die Zeit der Macher und nicht der Motzer“, bekräftigt Harald Schlumpp. „Jeder muss seine Opfer bringen“, unterstützt ihn Härdle: „Jeder hat seine Einbußen und dabei geht es nicht mehr ums Geld verdienen, also um Gewinn machen, wir wollen nur nicht bankrottgehen.“ Schlumpp ergänzt: „Es ist unser Lebenswerk und das sehen wir gerade in Gefahr.“

Von der Küche aufs Feld

Dabei erhalten beide große Unterstützung von ihren Mitarbeitern. Deren Solidarität und Loyalität gegenüber ihren Arbeitgebern bringt selbst das Küchenpersonal zur Ernte auf das Feld. 40 Angestellte beschäftigt der Johanneshof. Für alle haben sie nun Kurzarbeit angemeldet. Daher unterstützen die beiden Inhaber ihre Mitarbeiter wo sie nur können und diese danken es, indem sie als Erntehelfer einspringen – freiwillig. „Wir alle wissen, was das für ein knochenharter Job ist. Aber unsere Mitarbeiter zeigen uns hier, dass wir in den vergangenen Jahren wohl eine gute Führung bewiesen haben. Wir haben niemanden zu dieser Entscheidung gezwungen, das Angebot kam vom Team und das hat uns sehr gerührt. Wir sind unglaublich dankbar, solche tollen Menschen um uns zu haben“, zeigt sich Schlumpp zufrieden. Er übernimmt von beiden den Part der Gastronomie und ist von der „Take-away-Karte“ überzeugt.

Auch in den sozialen Medien wird diese gehyped und der Johanneshof als Quelle für weitere Lieferbetriebe angegeben. Wie Solidarität nämlich funktioniert, zeigen die beiden Unternehmer auf ihrer Homepage. Hier haben sie eine Liste von befreundeten Lieferdiensten und Unternehmen mit einer „To-go“-Karte aus Hockenheim und den umliegenden Gemeinden aufgelistet.

„Wir müssen uns in dieser Zeit gegenseitig unterstützen. Wir sind alle Kollegen und Nachbarn und wir alle zahlen Steuern in die Kassen. Deshalb sollten wir diese Krise auch gemeinsam durchstehen und uns unterstützen“, appelliert Schlumpp an die Gemeinschaft.

Für die anstehende Ernte sehen er und Johannes Härdle allerdings, wie auch Helene Schmitt, schlechte Zeiten auf sich zukommen. Härdle: „Ich überlege mir gerade, den Spargel zu opfern. Das klingt zwar hart, ist aber unsere geringste Einnahmequelle, da wir ja den Restaurantbetrieb eingestellt haben und in den umliegenden Gaststätten wohl weniger Abnehmer als üblich finden werden.“ Der Landwirt möchte Ressourcen schonen und ist dafür bereit, das Königsgemüse zu opfern.

Erd- und Himbeeren wichtiger

„Wichtig werden für uns dann erst die Erdbeeren und Himbeeren. Auf die können wir nicht verzichten, auch nicht mit kleiner Karte.“ Der Hofladen ist weiterhin durchgehend geöffnet, und mit der Aktion „Kuchen statt Klopapier“ beweisen die beiden Geschäftsführer Galgenhumor in der aktuellen Krise. Ihre Speisekarte ist ähnlich betitelt

So gehen beide Betriebe, Schmitt und Johanneshof, den Kampf gegen die Auswirkungen des Coronavirus auf ihre eigene Weise an. Nicht mit Einigeln oder der Vogelstraußmethode, sondern mit Kampfgeist und Solidarität – und das wünschen sie sich auch von ihren Gästen und Kunden.

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