Biodiversität - Vortrag des Landfrauenvereins und des Obst- und Gartenbauvereins mit Dr. Joachim Hegmann / Über die Gestaltung naturnaher Gärten

Die Wildnis einer Wiese im Wohngebiet

Von 
Maria Herlo
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Ein naturnaher Vorgarten, wie er den Vorstellungen von Joachim Hegmann entspricht. Ein wahres Paradies für Insekten. © Hegmann

Er ist ein Gartengestalter, der mit Leidenschaft, Begeisterung, aber auch mit viel Fachkenntnis die Wildnis einer Wiese zurück in die Wohngebiete bringt: Dr. Joachim Hegmann. „Naturnahe Gartengestaltung – ein nützlicher Beitrag zu mehr Biodiversität“ lautete auch der Titel seines Vortrags, den er auf Einladung des Landfrauen- sowie des Obst- und Gartenbauvereins in der Zehntscheune hielt.

Hegmanns (Bild) inspirierende Präsentation erfreute sich einer großen Resonanz und besonderer Aufmerksamkeit, denn für seine naturfreundliche Gartengestaltung, die er auch im Buch „Wilde Wiesen gestalten – Naturalistische Staudenbeete für den Garten“ gemeinsam mit der Co-Autorin Katrin Lugerbauer eingehend schildert, ist er schon über die Region hinaus bekannt. Im Buch, das den ersten Preis in der Königskategorie Ratgeber gewonnen hat und von dem zwei Exemplare zur Ansicht auslagen, steckt laut des Autors jede Menge „Natur- und Gartenliebe, Erfahrungen, gescheiterte Experimente, aber auch Glücksmomente sowie viel Wissen drin“.

Fantastische Präsentation

Das Gleiche gilt auch für seinen Vortrag. Die Zuhörer wurden Zeugen einer fantastischen Powerpoint-Präsentation, in der Hegmann Bilder von eigenen Pflanzungen auf die Leinwand projizierte, die ihresgleichen suchen.

Doch bevor es mit eigentlichen Vortrag losging, stellte er sich vor und erzählte, wie er zu dieser Beschäftigung, der Gestaltung von naturfreundlichen Gärten, kam: Geboren in der Chemiestadt Ludwigshafen, atmete Hegmann seit Kindesbeinen Chemieluft ein. Somit studierte er Chemie in Würzburg, wo er auch promovierte. Danach arbeitete er 25 Jahre in der Chemieindustrie. Vor sieben Jahren legte er den Schalter um und hat sich von der Chemie verabschiedet, um als selbstständiger Gartengestalter tätig zu werden.

© Hegmann

In seiner Präsentation machte Hegmann deutlich, dass es ihm insbesondere um eine neue Art des Gärtnerns geht: weniger dekorativ, ressourcenschonend, umweltfreundlich und im Einklang mit der Natur. Penibel gepflegte Rasen und von Unkraut gesäuberte Kieswege sind seine Sache nicht. Während es vielen in der Gestaltung ihrer Gärten oder Vorgärten um Blumenbeete geht, die einen gewissen Geschmack von Schönheit bedienen oder gar der Bepflanzung das Pflastern vorziehen, zeigte Hegmann Möglichkeiten auf, wie naturalistische Staudenbeete mit Wiesencharakter gestaltet werden können.

Dabei plädierte er für weniger Rasen oder Schotter im Garten, sondern für mehr Blüten, Samen und Beeren, für Steine, Totholz, für naturnahe Hecken, Sträucher, Wasserstellen, Nistkästen. „Wir beschenken damit nicht nur unsere Vögel, Wildbienen oder Insekten, sondern vor allem auch uns selbst“, umriss er sein Konzept. Und das nicht nur weil solche Gärten schön aussehen und das Auge erfreuen, sondern auch, weil darin heimische Tiere wie Eidechsen, Käfer, Grillen, Heuschrecken, Vögel, Schmetterlinge und viele Insekten ihren Platz haben.

Großen Wert legt er auf eine organische Verbindung zwischen Gebäuden und Landschaft, wo die Natur die Oberhand gewinnt. „Mit dem Insektensterben, der Klimaerwärmung und den immer trockeneren Sommer wächst bei den Menschen die Verantwortung für die Umwelt“, so der Experte. „Die natürlich wachsenden Gräser und Stauden stärken nicht nur das Bewusstsein für die Natur, sie machen den Garten ganzjährig attraktiv.“

Jahreszeiten spürbar machen

Die blütenreichen und von Insekten umschwirrten Beete setzen keine streng geordneten Bepflanzungen voraus, so Hegmann, sie dürfen sich verändern und die Jahreszeiten spürbar machen. Ihr besonderer Reiz ist das Zusammenspiel aus langlebigen, an den Standort angepasste Stauden und stimmige, insektenfreundliche Begleitpflanzen, die für Abwechslung und Lebendigkeit im Garten sorgen. „Genießen statt gießen“ ist sein Motto, denn viele der von ihm vorgeschlagenen Pflanzen halten lange Dürreperioden aus.

Als eines seiner großen Vorbilder erwähnt Hegmann den Holländer Piet Oudolf und dessen naturalistischer Gestaltungsstil. In New York hat Oudolf die High Line, eine alte Hochbahnstrecke, zu einem Stadtpark umgewandelt. In seiner Bildpräsentation zeigte Hegmann viele Beispiele seiner Arbeit, wo er durchwegs naturalistische, staudenbetonte Pflanzungen, die dem Zeitgeist entsprechen und auch ökologisch wertvoll sind, einsetzte. Sie machten den Besuchern Lust, bald schon mit der Umgestaltung des eigenen Gartens zu beginnen. April ist die beste Zeit dazu.

Freie Autorin

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