Straßenmusik - Die Zwillinge Marco und Dario Klein kehren zurück zu ihren Wurzeln / Sie wollen sich für Festivals 2021 bewerben / Vinylplatte aufgenommen

„Durch Corona ist es mehr geworden“

Von 
Vanessa Schwierz
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Marco (l.) und Dario Klein stehen mit ihren Gitarren in der Mannheimer Straße in Schwetzingen. Die Straßenmusik ist während der Corona-Krise eine Möglichkeit, Musik zu machen und ein bisschen Geld in die Kasse zu bekommen. © Lenhardt

Die warmen Temperaturen ziehen die Menschen ins Freie. Vor allem am Vormittag ist viel los in der Mannheimer Straße in Schwetzingen. Die Menschen schlendern durch die Fußgängerzone – und bleiben immer wieder an der gleichen Stelle stehen. Gitarrenklang und Gesang klingt durch die Straße. Zwei Jungs mit Gitarre haben sich einen Schattenplatz gesucht. Der Koffer für das Musikinstrument steht aufgeklappt vor ihnen. Ein Passant kommt vorbei: „Ihr seid richtig super. Weiter so!“ – eine weitere Münze landet bei ihnen im Koffer.

Die Hockenheimer Zwillinge Marco und Dario Klein (33) sind in den vergangenen Monaten vermehrt auf der Straße anzutreffen. Es ist bekannt, dass Künstler unter der Corona-Krise extrem leiden – Konzerte, Auftritte wurden von jetzt auf nachher abgesagt. Für die Kleins war die Straßenmusik ein Lichtblick. „Mitte März haben wir den letzten Gig gespielt. Zum Glück konnten wir den noch machen“, berichtet Dario, dass der Lockdown nur wenige Tage später eintrat. Auch wenn die beiden Soforthilfe vom Staat bekommen haben, entschieden sie sich, Straßenmusik zu machen.

Doch bevor es so weit war, hieß es erst mal, einige Wochen zu Hause zu überbrücken. Durch den Lockdown waren die Straßen in Deutschland wie leergefegt. Die Zwillinge nutzten die Zeit zum Texteschreiben und auch mal ausgedehnt Tischtennis zu spielen. „Wir haben es halt so genommen, wie es war“, sagt Marco.

Etwa Mitte/Ende April entschieden sich die Zwillinge dazu, es mit der Straßenmusik zu probieren. Sie packten ihre Gitarren ein und machten in verschiedenen Städten halt. Sie wurden immer gut aufgenommen, bekamen gutes Feedback. „Viele Menschen haben es sehr gewürdigt. Sie wissen ja auch, dass es uns Künstlern nicht so gut geht in dieser Lage“, erklärt Dario.

Erste Erfahrungen als Teenager

Neu auf der Straße sind die 33-Jährigen allerdings nicht. Seit sie klein sind, sind sie von Musik begeistert. Spielten erst Geige, bevor sie zur Gitarre wechselten und sich die ersten Akkorde selbst beibrachten. „Gesungen haben wir früher auch schon viel – und auf Dosen rumgetrommelt“, sagt Marco. Der Versuch, sich auf der Straße mit der Musik ein bisschen Taschengeld dazuzuverdienen, folgte im Teenageralter. Mit zwölf oder 13 Jahren fingen die Zwillinge damit an – und haben gute Erfahrungen gemacht.

Über die Jahre sammelten sie auch Erfahrungen, welche Städte für diese Art von Musik besonders geeignet sind. „Da wir ohne Anlage Musik machen, müssen es Städte sein, die nicht so laut sind“, erklärt Dario. In Heidelberg hätten die Brüder schon schlechte Erfahrungen gemacht. Wiesloch und Sinsheim seien dagegen für Straßenmusik gut geeignet – und natürlich Schwetzingen. „Es ist ein schönes Ambiente und auch von der Akustik hier in der Fußgängerzone gut“, erklären die beiden, was die Spargelstadt ausmacht.

Konzerte und Veranstaltungen sind aktuell schwierig, nicht umsetzbar. So sind den Zwillingen viele Auftritte weggebrochen – in der Region und weiter weg. Veranstaltungen mussten wegen der Corona-Krise abgesagt werden – ein Nachholen ist nicht möglich. Events in Schwaben, wie der Fellbacher Herbst oder der Abendmarkt in Untertürkheim, gehören dazu, genauso wie Rock at Church beim Ladenburger Altstadtfest. Doch in der Römerstadt überlegten sich die Verantwortlichen der evangelischen Kirche etwas anderes. Sie organisierten ein Benefizkonzert in der Kirche, das live gestreamt wurde – mit dabei: Marco und Dario Klein.

Zunehmend füllten sich seitdem die Straßen, der Gitarrenkoffer der Brüder wurde schnell mit Geldmünzen bestückt. Aber auch allgemein werde die Situation für die beiden von Woche zu Woche besser. Immer mehr ist möglich. Sie spielen wieder in Pubs – meist aber in Biergärten. „Im Freien ist es den Menschen einfach am liebsten“, sagt Dario, dass das den Menschen derzeit einfach anzumerken ist.

Nie ganz aufgehört

Im November soll eine neue Single des Duos erscheinen, auch eine Platte haben sie mit Freunden aufgenommen – eine Vinylplatte. „Die Menschen sind bereit dazu, auch mal eine Schallplatte zu kaufen. Und zwei CDs haben wir ja schon“, erklärt Dario mit einem Augenzwinkern. Ansonsten werden die beiden schauen, „was so geht“ in den nächsten Monaten. Sie wollen sich auf jeden Fall für Festivals 2021 bewerben. Bis dahin haben sie die Straßenmusik, die ihnen viel bedeutet, die sie auch gerne machen. „Wir sind ehrlich gesagt froh, dass wir nur zu zweit sind“, sagen sie, dass es mit Band alles etwas schwieriger ist.

Und so werden sie auch in den nächsten Monaten immer wieder in den Fußgängerzonen der Region bis nach Heilbronn und Darmstadt anzutreffen sein. „Wir haben damit nie ganz aufgehört, aber durch Corona ist es einfach wieder mehr geworden“, sagt Dario und schaut seinen Bruder an.

Es geht weiter. Beide greifen zu ihren Gitarren, Blickkontakt, einzählen und beide beginnen zu spielen. Die Stimme von Marco erklingt in der Fußgängerzone. Die Blicke richten sich auf die beiden. Eine Frau bleibt stehen, lächelt und genießt die nächsten Minuten, während ein Mann Münzen hineinwirft und die Daumen nach oben streckt.

Info: Ein Video der Klein-Brüder unter www.schwetzinger-zeitung.de

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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