Durchhalten mit Markus Maria Pofitlich: Aus „Party!“ wird in Hockenheim eine emotionale Achterbahnfahrt

Auf seiner Abschiedstournee trifft Markus Maria Pofitlich in Hockenheim auf ein herzliches Publikum, das ihn mit stehenden Ovationen entlässt. Und einen von seiner Krankheit gezeichneten Künstler durch den Abend begleitet.

Von 
Matthias H. Werner
Lesedauer: 
Auf Abschiedstournee in Hockenheim zu Gast: Markus Maria Pofitlich. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Es war eine skurrile Mischung aus dem Versuch, dem Humor noch einmal freien Lauf zu lassen und dem Wehmut des Abschieds, der diesem Unterfangen ganz deutliche Grenzen setzte: Mit seiner erst jüngst zur Abschiedstournee umfunktionierten Show „Mensch Markus: Party!“ machte der schwergewichtige Blödel-Meister Markus Maria Pofitlich, der einst mit der „Wochenshow“ an der Seite Ingolf Lücks und Anke Engelkes bundesweite Berühmtheit erlangte, in der Hockenheim Station.

Die „150 Kilogramm Dynamit mit zu kurzer Zündschnur“, die dereinst der „Sangriaeimer des Humors“ waren, sind allerdings auf so dramatische Weise Vergangenheit, dass es vor allem den eingefleischten Pofitlich-Fans bisweilen die Tränen in die Augen trieb: Der Koloss des Kurzgags, der mehrfach mit dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet wurde und vor allem in den 80 Sendungen „Mensch Markus“, die 2002 bis 2007 bei SAT.1 liefen, ein Monument des Sketch-Genres in der Machart der englischen Comedy-Kultshow „Hale & Pace“ erschuf, ist – inzwischen auch schwer – an Parkinson erkrankt und aus seiner „Party“ ist mehr eine Erinnerung an alte Zeiten als ein ausgelassenes Fest geworden.

Markus Maria Pofitlich geht offen mit seiner Parkinson-Erkrankung um

Viele der frenetischen Markus-Jünger, die ganze Passagen mit „Hotte und Lusches“ nachspielen können und das ganz typische „Jüüüürgen“ des legendären „Erzählbärs“ nach hunderten Präsentationen Pofitlichs drauf haben, haben vor diesem Abschied gekniffen; die doch gekommen sind, schwankten spürbar zwischen der Ehre, die man dem einstigen Gag-Rambo erweisen wollte, und der Erschütterung über Pofitlichs Einschränkungen, die deutlich zutage traten.

Dass der Pointen-Jongleur mit seiner 2017 diagnostizierten Parkinson-Erkrankung so offen und auch offensiv umgeht („Mikado macht nicht mehr so viel Spaß“), ist ihm hoch anzurechnen: „Ich halte heute Abend noch durch“.

Gebrechlicher zu werden, nachdenklicher zu werden, ängstlicher zu werden – ist das ein Grund zu feiern?

So war es dann auch: Eineinhalb Stunden Durchhalten auf der Bühne und bei seinen Getreuen. Wenn Pofitlich sich – verbal noch genau so pointiert wie eh und je, nur ein wenig verwaschener und langsamer als zu seinen Dauergag-Hochzeiten – über den Jugendwahn als Reaktion auf die Angst vor dem Älterwerden auslässt, 69-jährige Schwangere outet („Da haben ja Mutterpass und Rentenbescheid dasselbe Datum“) und „80-jährige, die noch mal studieren wollen“ belächelt - „und zwar Sport!“ - dann folgt Lachen. Und sofort die Erinnerung an die Eingangssentenz: „Gebrechlicher zu werden, nachdenklicher zu werden, ängstlicher zu werden – ist das ein Grund zu feiern?“ Da bleibt der ein oder andere Lacher im Halse stecken.

„Lebensretterin und Ehefrau“: Pofitlichs Gattin Ingrid Einfeldt auf der Bühne

Als seine „Lebensretterin und Ehefrau“ war wie schon in der Vergangenheit seit 1997 Pofitlichs Gattin Ingrid Einfeldt auf der Bühne – nur mit vertauschten Rollen: Die am Broadway Dance Center in New York City zur Tänzerin ausgebildete amerikanisch-deutsche Schauspielerin setzte die Glanzlichter und brachte mit ihren knalligen Kostümen ein wenig Farbe in den ansonsten etwas tristen Abend des schwarzgewandeten Pofitlich, der früher gerade mit seinen grandiosen Verwandlungskünsten die Fans hinter sich scharte. Ob als nuschelnder Sohn oder moderne Tochter, die ein wenig Wokeness einfordert („Da machen die Asiaten doch Essen drin ...“), ob als bärtiger Friesennerz-Träger mit Ukulele zum „Kammmuschel-Blues“: Immer ist sie ein optisches Antidepressivum.

„In Rente gehen – das hab ich mir verdient!“ Markus Maria Pofitlich bei seinem Auftritt in Hockenheim. © Dorothea Lenhardt

Auf dem Kalauer-Niveau ist Pofitlich noch ganz der Alte: „Wie nennt man einen fetten Vegetarier? Biotonne!“ – „Aber das kann man heute eigentlich nicht mehr bringen“. Sagt’s und setzt gleich einen obendrauf. Mit der Frau, die einen Zehn-Euro-Schein verschluckt und Kleingeld pinkelt: „Wechseljahre!“

Stehende Ovationen: Pofitlich trifft auf ein wohlwollendes und herzliches Publikum

Zwischendurch tritt „Onkel Hubert“, der schon so alt ist, dass er sich im Spiegel in Schwarz-Weiß sieht, aus dem Off stimmlich in Erscheinung und gibt Tipps für neue Witze: „Kann ja nicht so schwer sein! Stell Dich einfach nackt vor den Spiegel.“ Oder stellt die Schlüsselfrage: „Warum soll ich denn ins Heim? Da sind doch nur alte Menschen“.

Dazwischen gibt es ein paar typische Gags weit unter der Gürtellinie: Onanie jagt Sodomie, ein älterer Herr geht zur Thai-Massage und Pofitlich versetzt sich gedanklich in die Zeit der Geburt seiner beiden Töchter: Den Schwangerschaftstest hatte er in Corona-Gewohnheit in die Nase gesteckt, die Holde hat „Eisbein im Erdbeermantel“ verschlungen und wenn die Geburt „der schönste Tag meines Lebens sein soll, will ich den zweitschönsten gar nicht erleben!“

Das Publikum war wohlwollend und herzlich – eine Reminiszenz an die frühere Klamauk-Rakete und den einstigen versierten Rollen-Spieler. Am 31. Januar 2026 wird Markus Maria Pofitlich in der Stadthalle Troisdorf seinen letzten Auftritt geben und „in Rente gehen – das hab ich mir verdient!“ Er wird durchhalten und sein Publikum auch. Es ist ihm zu wünschen, dass seine Gäste dort wie die Hockenheimer den Mut und die Offensive, auch eine schwierige und sich als emotionale Achterbahnfahrt gerierende Abschiedstournee durchzuziehen, mit stehenden Ovationen zum Schluss honorieren werden: Weil der „Mensch Markus“ als ein Gigant der Komik in Erinnerung bleiben wird.

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke