DTM-Finale

Ein Schüler misst sich in Hockenheim mit den Profis

Das Rennspektakel auf dem Hockenheimring zieht noch mehr Besucher an als im Vorjahr. Dass die Müllabfuhr die anreisenden Gäste ausbremst, tut der Begeisterung keinen Abbruch.

Von 
Rebecca Jankowski
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Der 17-jährige Nachwuchsfahrer Tom Kalender. © Jens Jankowski

Hockenheim. Mit 17 Jahren ist er noch schulpflichtig und doch mitten im Finale der Deutschen Tourenwagen-Masters: Tom Kalender, der jüngste DTM-Fahrer überhaupt, meistert das Finale souverän. Während andere Schüler Vokabeln pauken, arbeitet er an Fokus und mentaler Stärke für die Rennstrecke.

Eine fast volle Südtribüne am Samstag trotz Regen © Jens Jankowski

Mit fünf Jahren saß er zum ersten Mal im Kart. Heute steuert Tom Rennboliden mit bis zu 550 PS und Geschwindigkeiten von 270 Kilometern in der Stunde. Seine Karriere verlief steil. Seit dieser Saison ist er als jüngster Fahrer fester Bestandteil der DTM. Für ihn ist das kein Grund, kleinlaut zu sein. „Ich werde als normale Konkurrenz gesehen“, sagt Kalender. „Blöde Sprüche gab‘s bisher keine.“ Von erfahrenen Teamkollegen wie Maro Engel lerne er viel: „Zum Beispiel, wie ich einen neuen Reifen am besten anfahre.“

Sein Erfolg kommt nicht von ungefähr. „Seit dem Rennen auf dem Red Bull Ring habe ich eine Mentaltrainerin an meiner Seite, Sarah“, erzählt er. „Sie hilft mir, vor dem Rennen in den Fokus zu kommen und danach wieder runterzufahren.“ Die beiden üben gezielt Konzentration: „ABC rückwärts aufsagen und dabei Seilspringen oder jonglieren und nach dem Rennen gezielte Atemübungen.“

Ein Blick ins Cockpit der Formel-Wagen. © Jens Jankowski

Nächste Station sind die USA

Von sozialen Medien hält er sich eher fern. „Ich bin eher anti Social Media“, scherzte er, „aber mir ist klar, dass ich da aktiver werden muss.“ Kalender bleibt trotz Profirennsportkarriere Schüler. „Die 12. und 13. Klasse muss ich noch machen und klar, will ich das auch gut abschließen. Der Rennsport ist mir aber lieber“, sagt er. Lieblingsfächer? „Sport natürlich. Ansonsten eigentlich gar keine. Wenn, dann höchstens Englisch und Geografie.“

Vom 16. bis 18. Oktober wird er erstmals in den USA am Acht-Stunden-Rennen von Indianapolis teilnehmen. „Etwas aufgeregt davor bin ich ja schon“, sagt er lächelnd. „Ich muss einfach schauen, dass ich nah bei meinen Rennkollegen Maro und Lukas bleibe.“

Auch abseits der Strecke dreht sich vieles um den Motorsport. Der Simulator zu Hause ist gleichzeitig Hobby und Trainingsgerät. „Ich fahre gerne Rennrad, um Kondition aufzubauen, und im Winter gehe ich Skifahren“, erzählt er. Sein Ziel ist klar: „DTM-Champion werden. Einen Plan B nach der Schule gibt es bisher nicht.“ Was er Nachwuchstalenten rät? Die Antwort kommt ohne Zögern: „Gebt nie auf, pusht immer weiter und lasst euch nie einreden, dass ihr etwas nicht könnt.“

Höchste Konzentration kurz vor dem Start. © Jens Jankowski

Lob von Ring-Chef Nerpel und OB Zeitler

Schon am Freitag war im Fahrerlager und in der Boxengasse einiges los. Die Tribünen füllten sich langsam, die Stimmung war erwartungsvoll. Am Samstagmorgen dann der erste Dämpfer auf den Zufahrtsstraßen: Verkehrschaos. „Wir sind nur eine Kommune mit 22.000 Einwohnern“, sagte Oberbürgermeister Marcus Zeitler. „Wenn dann Zehntausende Besucher gleichzeitig hier anreisen, ist das einfach eine Herausforderung.“

Selbst ein ausgeklügeltes Verkehrskonzept könne nicht alles auffangen. Dieses Mal war die Müllabfuhr der Auslöser für zusätzliche Staus, da sie wegen des Feiertags am Freitag auf Samstagmorgen ausweichen musste. Jochen Nerpel, Geschäftsführer der Hockenheim-Ring GmbH, ergänzte: „Wir wissen nie ganz genau, wie viele Menschen kommen. Vorverkaufszahlen geben eine Tendenz, aber viele kaufen spontan Tageskarten.“ Damit genügend Parkplätze und Helfer bereitstehen, seien die örtlichen Vereine unverzichtbar. „Ohne HCG, CC Blau-Weiß, die Karnevalsvereine oder den Fanfarenzug wäre so ein Wochenende gar nicht zu stemmen“, lobte Zeitler.

DTM-Fans trotzen dem Wetter. © Jens Jankowski

Ein Meer aus Ponchos und Regenschirmen

Zum Start des ersten Rennens am Samstag öffnete der Himmel seine Schleusen. Wegen des Regens wurde der Beginn auf 13.54 Uhr verschoben, doch die Fans hielten tapfer durch. Ein buntes Meer aus Regencapes und Schirmen prägte die Tribünen. „Wir hatten dieses Jahr eigentlich immer Glück mit dem Wetter, bis jetzt“, erklärte Nerpel und lachte. Doch schlechte Laune kam keine auf. „Es gibt ja kein schlechtes Wetter in der DTM, nur die falschen Reifen“, witzelte der Streckenkommentator. Am Sonntag wechselten Sonne und Regen, trotzdem kamen noch mehr Besucher. Beim Autogrammsammeln drängten sich die Menschen quer durchs Fahrerlager, die Schlange zog sich über Hunderte Meter.

DTM Champion Ayhancan Güven sitzt nach seinem Sieg demütig auf seinem Porsche. © Jens Jankowski

Für den Ring-Geschäftsführer ist es bereits die zwölfte DTM. „Was sie so spannend macht, ist die Chancengleichheit zwischen den Fahrzeugen und Fahrern“, erklärt er. Durch die sogenannte Balance of Performance würden die Fabrikate regelmäßig überprüft. „Dadurch kann theoretisch jeder gewinnen, das ist das Faszinierende.“ Auch Zeitler teilte die Begeisterung: „Die DTM ist ein Stück Hockenheim-DNA. Wenn man diese Motorsportfamilie hier erlebt, die von Jahr zu Jahr wächst, ist das ein unglaubliches Gefühl.“

„Wir sind nicht Mannheim, Karlsruhe oder Stuttgart“, betonte der OB. „Trotzdem haben wir innerhalb von sieben Wochen die Nitrolympx, die Classics, das Glücksgefühle Festival, die IDM und jetzt die DTM und insgesamt rund 300.000 Besucher durchgeschleust. Für eine Stadt unserer Größe ist das eine bombastische Leistung.“

Bei so viel Einsatz bleibt auch Zeit für persönliche Favoriten. Sowohl Zeitler als auch Nerpel waren sich einig: Timo Glock ist ihr Lieblingsfahrer. „Er gehört einfach hierher“, sagte Nerpel. „Ein authentischer, sympathischer Mensch.“

Die Gritgirls zeigen vollen Einsatz. © Jens Jankowski

Sicher und souverän

Ordner, Platzwarte und Helfer sorgten das gesamte Wochenende über für Sicherheit und eine angenehme Atmosphäre. Auch abseits der Strecke verlief alles weitgehend ruhig. Die Sicherheitskräfte waren stets präsent und griffen ein, wenn es nötig war – so auch gegen Ende des H-Blockx-Konzerts. Ein alkoholisierter Mann wollte einem Familienvater, der mit seinem zehnjährigen Sohn dort war, an die Kehle gehen. Der Vater hatte den Mann zuvor zur Seite gedrückt, um seinen Sohn zu schützen. Als die Situation zu eskalieren drohte, holte der Vater sofort die Security. Die Mitarbeiter reagierten, ohne zu zögern und eskortierten den Störenfried nach draußen. „Das hier ist kein Rockkonzert, sondern die DTM – ein Event, bei dem viele Familien dabei sind. Da sollte man sich wirklich besser unter Kontrolle haben“, sagte einer der Sicherheitskräfte. „Ich habe selbst Kinder, und so ein Verhalten geht überhaupt nicht.“

Ohne die Streckenwarte und Sicherheitskräfte geht gar nichts. © Jens Jankowski

Der Junge stand weinend neben seinem Vater, doch die Helfer kümmerten sich sofort um beide. Ein Mitarbeiter des ADAC und aus dem Organisationsteam kam dazu, tröstete den Jungen und gab dem Vater seine Telefonnummer. Er solle sich am nächsten Tag melden, dann dürfe der Kleine bei der Fahrerpräsentation die Piloten abklatschen. Eine Geste, die für den Jungen trotz des Dramas wohl positiv in Erinnerungen bleiben wird.

Die Band H-Blockx heizt dem Publikum am Abend mit Rockmusik ein und sorgt für ausgelassene Stimmung. © Jens Jankowski

Trotz Regen, Staus und langen Schlangen zog die DTM 2025 am Wochenende erneut tausende Fans an. Im Vergleich zu 2024 wurden 20 Prozent mehr Tickets verkauft. Der Hockenheimring bestätigte damit einmal mehr seinen Ruf als Herzstück des deutschen Motorsports.

Volle Tribüne, geballte Spannung vor dem letzten DTM-Rennen der Saison. © Jens Jankowski

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