Stadthalle - Evi Niessner gastiert mit ihrer Hommage „Chanson Divine – 100 Jahre Edith Piaf“ / Begeistertes Publikum fordert vehement Zugaben ein

Eine Huldigung an den „Star in der Manege“

Von 
Christina Lourenco
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Evi Niessner führt als Zirkusdirektorin in die Lebensgeschichte der Piaf ein. Am Flügel wird sie von der ausgezeichneten Pianistin Jin Jin La Belle begleitet. © Lourenco

Es war ein außergewöhnlicher Konzertabend, den die zahlreichen Besucher am Donnerstagabend in der Stadthalle erleben durften. Evi Niessner – ausgebildete Opernsängerin und eine Größe der Chansonszene – gelang mit ihrer Hommage „Chanson Divine – 100 Jahre Edith Piaf“ eine glanzvolle Würdigung der Ausnahmekünstlerin Edith Piaf.

Sehr authentisch verkörperte sie den „Spatz von Paris“, schien geradezu mit der Rolle der Piaf zu verschmelzen und doch auch sie selbst zu bleiben. Gut so, denn immerhin ist auch Evi Niessner eine Person mit unverwechselbarem Charakter. Von Beginn an gelang es Evi Niessner das Publikum mit ihrer aufgeschlossenen und natürlichen Art in ihren Bann zu ziehen und der Seele der tragischen und doch so glamourösen Edith Piaf wieder Leben einzuhauchen.

Zu Beginn der Show betrat Evi Niessner als Zirkusdirektorin die Bühne. Eine Anlehnung an die ursprüngliche Heimat der Piaf. Paris! Große Metropole, voller Leben, bunt. Paris ist ein Zirkus und Edith Piaf der Star in der Manege. In der Stadthalle war schließlich Evi Niessner der Star und vereinte auf der schlichten Bühne sowohl Theater als auch Varieté. Zusammen mit den zahlreichen Piaf-Liedern ließ sie den Abend zu einer großen Liebeserklärung an die unvergessene Edith Piaf werden.

Einzigartiges Musikerlebnis

„L’accordeoniste“, „La vie en rose“, „Parlez-moi d’amour“ oder auch „Mon Dieu“ begeisterten das Publikum und vermittelten das Gefühl, sich mitten in Paris zu fühlen. Dazu hatte sie mit Jin Jin La Belle eine exzellente Pianistin an ihrer Seite, die das Ihrige dazu beitrug, den Abend zu einem einzigartigen Musikerlebnis zu verwandeln. Lediglich das Chanson „Youkali“ von Kurt Weill, hatte Edith Piaf selbst nie gesungen, fügte sich aber dennoch bestens ins Programm ein. Hier konnte Evi Niessner mit viel Hingabe ihre volle Stimmqualität zum Einsatz bringen, wie man sie so geballt selten hört.

Mit eher puristischem Bühnenbild, dafür umso größerer Leidenschaft interpretierte Evi Niessner die unverwechselbaren Melodien der Piaf. Ähnlich der Stimme Piafs hauchte sie den Liedern etwas Besonderes ein. Mal rauchig und tief, mal hell und lebensfroh. Ein immerwährendes Spiel mit der Stimme, der Mimik und Gestik, trotzdem zurückhaltend, um der eigentlichen Pariser Künstlerin den nötigen Respekt zu erweisen.

Humorvolle Überleitungen

Diese hatte, wie Evi Niessner in ihren oftmals humorvollen Zwischenerzählungen preisgab, auch ihre Schattenseite. Im Armenviertel Belleville geboren, wuchs sie zeitweise bei ihrer Großmutter, einer Bordellbesitzerin, auf. Ihr Vater schulte sie als Straßensängerin, trank Alkohol und schlug sie. Gewalt und Alkoholismus prägten demnach schon früh das Leben der Piaf. Von ihrer Großmutter bekam sie bereits morgens Wein verabreicht, weshalb auch in ihrem späteren Leben Alkohol zu einem steten Begleiter und auch Tröster wurden. Privates Glück erfuhr sie leider nie. Viele Affären und Schicksalsschläge suchten sie heim. Ihr langjähriger Lebensgefährte, der Boxweltmeister Marcel Cerdan, kam im Oktober 1949 bei einem Flugzeugabsturz über den Azoren ums Leben. Ihr einziges Kind, das sie als 17-Jährige zur Welt brachte, starb im Alter von zwei Jahren an Hirnhautentzündung.

Nach einem Autounfall erhielt sie Morphium gegen die Schmerzen, das sie süchtig werden ließ. Und dennoch machte Evi Niessner deutlich, welch sensible, einsame und verletzliche Person Edith Piaf eigentlich war.

Kein Leichtes, das alles so respektvoll in einem Bühnenprogramm unter Wahrung des eigenen Charakters zu vereinen. Evi wusste mit ihrer Ausstrahlung das Publikum zu begeistern. Ob sie nun als Zirkusdirektorin auftrat oder im für Piaf typischen „kleinen Schwarzen“, später kokett in Rot als freche Göre oder als Trauernde und Liebende im schwarzen Kleid mit Spitzenkrägchen – sie nahm das Publikum mit auf eine große Musikreise durch das Leben der Piaf von Paris bis nach New York.

Der Abend, der natürlich mit „Non, je ne regrette rien“ schloss, endete in Standing Ovations und forderte eine Zugabe geradezu heraus. Insgesamt glich er einer Liebeserklärung an Paris sowie an eine einzigartige Künstlerin, was dem Publikum wohl noch lange in Erinnerung bleiben dürfte.

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