Jubiläen - Feierlichkeiten zu 125 Jahre Stadtrechte von Coronavirus gebremst / 2001 wurde Hockenheim der Titel „Große Kreisstadt“ verliehen / Veranstaltungen geplant

Entwicklung der Kommune im Zeitraffer

Von 
Andreas Wühler
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Die Jubiläumsfahnen zur Feier 1250 Jahre Hockenheim wehten 2019 vor dem Rathaus. Auch 2021 wird vor dem Verwaltungs-gebäude wieder beflaggt – nur die Zahlen an den Ortseingängen kommen weg. © Lenhardt

Mit Elan sei man ins Jubiläumsjahr gestartet, dann habe das Coronavirus sämtlichen geplanten Veranstaltungen einen Strich durch die Rechnung gemacht, trauert Christian Stalf, der Pressesprecher der Stadt Hockenheim, dem Jahr 2020 nach. Nicht ohne gleichzeitig optimistisch hinzuzufügen, dass aufgeschoben nicht gleich aufgehoben bedeute – die geplanten Vorträge würden im neuen Jahr nachgeholt und mittlerweile sei das Stadtjubiläum auch filmisch aufbereitet und abrufbar.

Man kann die Enttäuschung von Stalf durchaus nachvollziehen. Denn nach dem Jubiläumsjahr der ersten urkundlichen Erwähnung Hockenheims – 2019 jährte sich diese zum 1250. Mal – ist die Verleihung der Stadtrechte vor 125 Jahren eine ganz andere Nummer.

Ein Zeitraum von über 1000 Jahren verliert sich im Gefüge der Unendlichkeit, ist aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar. Klar, Mittelalter, Ritter, Dreifelderwirtschaft, Fronarbeit und vieles mehr sind Begriffe, die auch heute noch gegenwärtig sind, doch sind sie nur schwerlich mit Leben zu füllen. Doch die letzten 125 Jahre der Stadtgeschichte lassen sich auf den Punkt bringen.

Spuren der Zeit allgegenwärtig

Zwar sind Zeitzeugen heute nicht mehr greifbar, doch haben sie Spuren hinterlassen, die überdauert haben. Briefe, Bücher und vor allem Fotografien vermitteln einen unmittelbaren Eindruck von den Jahren am Ende des 19. Jahrhunderts. Und viele der Entwicklungen, die damals ihren Anfang nahmen, sind heute noch präsent. Von der Eisenbahn über die Elektrifizierung bis hin zum Siegeszug des Automobils, in dessen Gefolge sich die Innenstädte dramatisch veränderten – die Spuren der Zeit sind allgegenwärtig.

Gerade mit dem Bau der Rheintalbahn und mit der Industrialisierung der Tabakwirtschaft begann der Aufstieg Hockenheims – ein Gang ins Tabakmuseum bringt Geschichte unterhaltsam näher. Es ließen sich noch zahlreiche Beispiele finden, weshalb die jüngere Geschichte den Menschen noch präsenter ist, angefangen von den Gebäuden, die an die Gründerzeit der Stadtwerdung erinnern bis hin zu den Erzählungen der Großeltern oder der Faszination, die Alltagsgegenständen von damals heute ausstrahlen – jedes Heimatmuseum steht hier als beredetes Zeugnis.

Kurzum, die Spanne Zeit, die seit der Stadterhebung vergangen ist, eignet sich trefflich, Geschichte zu vermitteln. Weshalb die Stadtverwaltung zusammen mit ihren Kooperationspartnern Volkshochschule, Verein für Heimatgeschichte und Stadthalle die für 2020 geplanten vier Vorträge auf jeden Fall im Jahr 2021 nachholen will. Beziehungsweise drei Vorträge, denn einer von ihnen – „Vom kurpfälzischen Dorf zur badischen Stadt“ ist mittlerweile als Video erhältlich.

In dem rund 55-minütigen Film geht Dr. Harald Stockert, stellvertretender Leiter des Marchivums in Mannheim, der Geschichte Hockenheims bis zur Verleihung der Stadtrechte nach. Er erläutert die wichtigsten Stationen auf diesem Weg. Dafür hat er intensiv historische Dokumente im Stadtarchiv ausgewertet und kann deshalb im Video fachkundig die Entwicklung vom Dorf zur Stadt aufzeigen.

Die Corona-bedingte Verlegung der Vorträge ins Jahr 2021 kann dabei durchaus auch als Glücksfall gesehen werden, steht doch in diesem Jahr noch ein anderes Jubiläum im Kalender: 20 Jahre Große Kreisstadt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Titel – eine Kommune muss mehr als 20 000 Einwohner haben. Was im Umkehrschluss ein über Jahrzehnte zurückreichendes Wachstum voraussetzt, den Ausbau der Infrastruktur und vieles mehr bedingt. Weshalb der Titel Große Kreisstadt untrennbar mit der jüngeren Geschichte der Stadt zusammenhängt und sich durchaus unter der großen Klammer „125 Jahre Stadtrechte“ wiederfindet.

Mit anderen Worten – das Jahr 2021 wird ein geschichtsträchtiges werden, Anlass bieten zum Innehalten, zur Reflexion: Woher kommen wir, wohin soll die Reise gehen, sind Fragen, die der Großen Kreisstadt durchaus zu Gesicht stehen.

Ganz klar, räumt Pressesprecher Stalf im Gespräch mit unserer Zeitung ein, 20 Jahre sind kein klassisches Jubiläum, dennoch, das Jahr 2001 war ein wichtiges Datum für die Stadt, weshalb im November im Ausschuss für Soziales, Jugend, Kultur und Sport der Beschluss gefasst worden sei, es entsprechend zu feiern.

Mit bewährtem Rezept, mit Vorträgen und Beflaggung – die Jahresziffern an den Ortseingängen wird es allerdings nicht mehr geben, sie werden im neuen Jahr zurückgebaut. 25 000 Euro hat der Ausschuss für die Feierlichkeiten im Haushalt eingeplant. Dies in der Hoffnung, das Geld auch ausgeben zu können, nicht wieder vor der Pandemie zurückweichen zu müssen. Wie genau gefeiert werden soll, welche Komplexe thematisiert werden, all diese Überlegungen sind noch in einem Anfangsstadium und harren der Konkretisierung.

Höheres Ansehen, mehr Aufgaben

Ganz klar, in einem ersten Schritt soll den Auswirkungen nachgegangen werden, die die Große Kreisstadt mit sich brachte. Ein höheres Ansehen, mehr Aufgaben, von der Ausländerbehörde bis zur Unteren Baurechtsbehörde, nennt Stalf spontan. Neue Aufgaben, die im Rathaus organisatorisch und finanzielle Folgen hatten, auch wenn Hockenheim im Zuge der Verwaltungsgemeinschaft mit Neulußheim, Altlußheim und Reilingen vieles schon im Vorgriff übernommen hatte. Auch der Ausbau des Schulzentrums hängt mit dem Titel eng zusammen.

Und der Titel brachte mehr Geld in die Stadtkasse, merkt Stalf an und spricht von einem deutlich sechsstelligen Betrag. Der jedoch durch die größeren Aufgaben schnell aufgezehrt ist, sodass sich die Mehreinnahmen und -ausgaben in etwa die Waage halten. Dieses Gesichtspunkt und andere Themenbereiche versprechen ein spannendes Jahr und einen völlig neuen Blick auf die dann 126 Jahre alte Stadt und 20-jährige Große Kreisstadt.

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