Stadthalle

Er will doch nur ein bisschen erzählen

Mundartcomedian Christian Habekost bereitet den Besuchern mit seinem Auftritt einen vergnüglichen Start ins neue Jahr

Von 
Matthias H. Werner
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Krönender Abschluss in „Hogggene“: Christian Habekost gastiert mit „Chako’s Goschpel-Show“ in der Stadthalle. © Lenhardt

„Hogggene mit drei G“ habe er sich ganz absichtlich zum Abschluss seiner jüngsten Weihnachts-Silvester-Neujahrs-Show ausgesucht – einfach wegen den „liewe Leit“. Sagt Christian „Chako“ Habekost mit einem eher hör- als sichtbaren Augenzwinkern und brennt dann in der Hockenheimer Stadthalle die letzte „Chako’s Goschpel-Show“ aus der Serie von 15 Auftritten seit November ab, die seine Fans, die kaum noch Platz im Musentempel gelassen hatten, rundum begeisterte. Dass er allen anderen vorab eine „Trigger-Warnung“ aussprach – „das hier ist Satire, auch wenn einige unter Euch Vegetarier sind“ – ist zunächst einer seiner vielen Seitenhiebe auf die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen unserer Tage. Zum anderen ist es aber tatsächlich nötig, weil diese Feinheit, die dereinst zu Habekosts genialsten Talenten gehörte, im aktuellen Kalauer-Reigen ein wenig unterzugehen droht und deshalb umso schmerzhafter wirkt, wenn sie dann doch völlig unvermittelt auftaucht.

Virtuoser Sprachakrobat

In seiner rund zweistündigen Plauderei, die „Chako“ fast ausschließlich in seinem (Kur)Pfälzer Idiom zelebrierte und damit zum „Gebabbl“ weihte, mischte er kleine nostalgische Erinnerungen an „Woihnachte“ mit einigen vorgelesenen Gedichten und wenigen, zusammen mit dem Bad Dürkheimer Gitarristen Stefan Kahne angebahnten Mitmachliedern. Während Letztere mit Ausnahme des wirklich genialen, wenn dann zuletzt doch etwas zu breit ausgewalzten „Belzniggel“-Blues aus der melancholisch frustrierten Perspektive des abgetakelten Weihnachtsmanns („Heut häng isch als Deko vum Balkon und die G’schenke bringt Amazon“) nicht wirklich zünden konnten und Zweite zwar Habekosts großartiges Sprachtalent unter Beweis stellten, sonst aber immer noch etwas zu langatmig waren, feierte „Chako pur“ das größte Fest: Wenn der heute in Deidesheim lebende Habekost ohne jedes Gekasper, ohne Grimmassieren und ohne jeden Special Effect einfach nur „ä bissl verzeehlt“. Wenn er durch das reine Aussprechen des Begriffs „Kruuschtkischt“ Emotionen weckt. Genial und schon seit eh und je so etwas wie der Wort gewordene Wahnsinn ist nämlich die virtuose Sprache des gebürtigen Mannheimers. „Wenn irgendwann ämol än Feldweg zwische Hoggene un Ketsch noch mir benonnt wird – die Doktor Christian Habekost-Sackgass“, dann sicher für diese Sternstunden einer Sprachakrobatik, die aus jedem Satz Poesie und aus letztlich jedem Thema eine Geschichte machen kann.

Dabei spielt er nur allzu gerne mit einer subtilen Kontrastierung zwischen einem fraglos viel einfacheren „Früher“ und einer Gegenwart, die in ihren oft auch bizarren Ausformungen eigentlich nur ausgesprochen werden muss, um schon urkomisch zu sein. Wenn Habekost seine kurzen Gedankenblitze zu Allerweltsthemen irgendwo zwischen „Angehörigen piensrelevanter Berufe – Lehrer“ und den Vorbereitungen für das Weihnachtsessen („Davor ware mir eine gonz normali Familje – danoch än zerstrittener Haufe vun Gesundheits-Autischde“) wie am Schnürchen abfeuert, ist das ebenso köstlich, wie es seine verblüffenden „Belehrungen“ sind. Etwa wenn er mit stolz geschwellter Brust erläutert, dass der Weihnachtsmann in Wirklichkeit nicht von einem US-amerikanischen Limohersteller, sondern vom „Pälzer Thomas Nast“ (der übrigens auch das Aussehen „Uncle Sams“ maßgeblich beeinflusste) inspiriert ist.

Grandios ist die Beichte, die er sich abnehmen lässt für seine schändliche Vergangenheit, als er ein „Indianerkoschtüm an Fassenacht“ getragen hatte, „statt es beim Grünen-Ortsverein als Sondermüll abzugewwe – un isch hab mich neddemol g’schäämt dafür“ – wie aus der Pistole geschossen kommt von seinem gut eingespielten Publikum: „Is scho‘ guud!“ Seine „Gosch als Verbal-Stroboskop“ mischte Habekost zuletzt mit seiner Figur „Reverend Lovemachine“ – eine dann wieder sehr auf Showeffekte setzende Anheizer-Predigt, die die „German Angst“ ins Zentrum stellte: „The Lieblingstier of the Deutsche ist the Angsthas“. Leider drohten die vielen durchaus guten Gags und tiefgründigen Gedanken im Klamauk unterzugehen.

Am Ende war es ein unterhaltsamer und auf weiten Strecken begeisternder Abend der leichten Muse auf Höchstniveau-Sprache, der manche Bitterkeit nur unterschwellig transportierte, die Habekost aber trotzdem genau so wollte: „T’schuldischung, dass ich monsche Leit die Illusione g’nomme hab“. „Weesch, wie‘sch män?! – Ah jo!“

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

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