Hockenheim/Reilingen. Temperaturen nahe an die 40 Grad Celsius, auch nachts kaum Abkühlung – viele Menschen hat die tropische Hitze diese Woche um den Schlaf gebracht. Für viele Tiere geht es jedoch um mehr als nur den Schlaf – sie kämpfen ums Überleben. Seit Wochen hat es kaum geregnet und auch die für Freitag angekündigten Regenfälle werden wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein: Den Tieren fehlt das dringend benötigte Wasser, fehlt Flüssigkeit.
Nächtliche Temperaturen von weit über 20 Grad Celsius verwehren oftmals nicht nur einen erholsamen Schlaf, sie sind auch dafür verantwortlich, dass die morgendliche Taumenge stark zurückgeht. Für viele Tiere die wichtigste Wasserquelle. In den Städten können Gartenbesitzer hier wichtige Hilfestellungen geben: Ob Insekten- oder Vogeltränke oder ein Schälchen Wasser für Igel und Co. – die Tiere werden es dankbar annehmen.
„Extreme Dürre“
Dramatischer hingegen die Situation im Wald. Wie es im Forst aussieht, davon gibt eine aktuelle Pressemitteilung des Landratsamtes Karlsruhe einen guten Einblick: „Die Auswirkungen der andauernden Trockenheit in Verbindung mit den extremen Temperaturen zeichnen sich nun auch deutlich in den Wäldern im Landkreis Karlsruhe ab. Schlimmer als die andauernde Hitze ist dabei der ausbleibende Regen. Schon durch die heißen Sommer der vergangenen Jahre sind die Wasserreserven im Boden nahezu aufgebraucht. Insbesondere in den für die Bäume so wichtigen Bodenschichten bis in zwei Meter Tiefe herrscht akuter Wassermangel, nach Angaben des Dürremonitors sogar eine extreme Dürre.“
Eine Beschreibung, die auf große Teile des Lußhardtwaldes zutrifft. Wobei es keinen Grund gibt anzunehmen, dass es dem Wald einen Meter weiter, auf dem Gebiet des Rhein-Neckar-Kreises, besser geht. Die Trockenheit zieht sich durch die Region bis hinein in den Hardtwald. Auch hier ist der Notabwurf zu beobachten. Die Bäume reagieren damit auf langanhaltende Dürrephasen: Teilweise werden die Blätter welk und verfärben sich oder werden direkt abgeworfen.
Dieser sogenannte Notabwurf ist eine gezielte Reaktion des Baumes. Wenn nicht mehr die gesamte Krone mit Wasser versorgt werden kann, reduziert der Baum durch den Abwurf eines Teils der Blätter die Verdunstungsrate, um den übriggebliebenen Teil der Krone bestmöglich mit der vorherrschenden Wassermenge zu versorgen. Durch diesen Schutzmechanismus ist zwar der Wachstumszyklus für diese Vegetationsperiode unterbrochen, der Baum kann jedoch im kommenden Jahr wieder austreiben. Voraussetzung hierfür ist aber, dass es dem jeweiligen Baum noch vor dem Notabwurf gelungen ist, die nächstjährigen Knospen auszubilden.
Ein Indiz dafür, dass dem Wald das Wasser ausgeht. Was sich auch an den Suhlen beobachten lässt, die nicht nur kleine Biotope sind und einer Vielzahl von Amphibien als Heimat dienen, sondern auch für Rot- und Schwarzwild die wichtigsten Gelegenheiten sind, sich mit Wasser zu versorgen.
Tränken trocknen langsam aus
Momentan bieten die Suhlen ein trauriges Bild. Die Vespersuhle an der Einmündung des Ketscher Wegs in den Reilinger Weg ist nur noch spärlich mit Wasser gefüllt. Ein einsamer Frosch lässt beim Besuch an der liebevoll vom Forst BW gepflegten Wasserstelle seine Stimme ertönen. An einer neu aufgestellten Infotafel wird über die Entstehung der Suhle informiert. Sie stammt noch aus der Zeit der Waldweide. Über Jahrhundert hinweg haben die Menschen ihre Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen zum Weiden in den Wald getrieben. Um dem Vieh eine Trinkmöglichkeit zu bieten, wurden künstliche, grundwassergespeiste Tümpel angelegt. Forst BW weist auch darauf hin, dass das im Laufe der Jahre entstandene Biotop ständig gepflegt werden muss, damit es nicht verlandet. Eine Mammutaufgabe, wenn gleichzeitig der Grundwasserspiegel immer weiter absinkt.
Auch zur Suhle nördlich des Reilinger Wegs muss sich das Wild einen immer steileren Weg bahnen, um an das kostbare Nass zu kommen – der Wasserspiegel ist deutlich gesunken, die Oberfläche von Wasserlinsen, auch Entengrütze genannt, bedeckt. Eine Pflanze, die vom Biologen Uwe Heidenreich zum einen begrüßt wird, sie verhindert ein Stück weit die Aufheizung des Wassers und wo sie ist, haben Algen keine Chance, zum anderen mit gemischten Gefühlen betrachtet wird, stoppt sich doch im Gegenzug die Sauerstoffproduktion im Wasser.
Neben den genannten zwei Suhlen gibt es noch weitere im Wald, speziell auch im Hardtwald, sodass das Wild noch die Chance hat, seinen Durst zu stillen. Dennoch gilt es, besonders jetzt Rücksicht auf die Tiere zu nehmen wie das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises betont. „Die hohen Temperaturen und viel zu seltenen Niederschläge erschweren den Wildtieren, ihre Wasserspeicher aufzufüllen. Hinzu kommt, dass beispielsweise Rehe und Hasen ihren Nachwuchs derzeit noch säugen müssen, wozu die Tiere zusätzliche Energie und Flüssigkeit benötigen“, stellt der Wildtierbeauftragte des Kreises fest und fordert dazu auf, die Tiere in der freien Wildbahn in Ruhe zu lassen.
„Rücksicht nehmen“
Hinzu kommt bei den Rehen die beginnende Paarungszeit, die sämtliche Energiereserven beansprucht und die Tiere selbst zur sengenden Mittagshitze auf den Beinen hält. Hierdurch steigt die Wahrscheinlichkeit von Straßenquerungen, weshalb beispielsweise auf der Straße von Reilingen nach Kirrlach quer durch den Lußhardtwald erhöhte Vorsicht geboten ist.
„Nehmen Sie Rücksicht, gönnen Sie den Wildtieren die Ruhe, die sie brauchen und meiden Sie Bereiche, in denen Wildtiere ihren Einstand beziehen. Jede vermiedene Störung erhöht die Chancen für die Tiere, gesund durch diese kräftezehrende Zeit zu kommen“, appelliert der Wildtierbeauftragte Dorian Jacobs an die Menschen. Im Wald heißt dies in erster Linie, die Suhlen zu meiden, die für das Überleben der Tiere überaus wichtig sind, sie beim Trinken nicht zu stören.
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