Hockenheim/Reilingen. Das gibt es nur noch selten in der Bankenwelt: Dass ein Mitarbeiter von der Ausbildung bis zum Ruhestand über 40 Jahre am gleichen Ort ist und sich dabei von Lehrling zum Direktor hocharbeitet, das ist einer aussterbenden Spezies zuzuordnen. Reiner Fillinger ist so eine treue Seele, die sich nun nach 42 Jahren mit einem kleinen Festakt im kleinen Saal der Stadthalle in die Altersteilzeit verabschiedet hat. "Er war das Herz und Gesicht unserer Bank in der ganzen Verwaltungsgemeinschaft", sagte Vorstandsmitglied Heinz Kuppinger, der vom ersten Tag an eng mit ihm zusammenarbeitete: Gerade erlebe die Volksbank einen seltenen Generationswechsel: "Wir verabschieden drei unserer acht Regionaldirektoren binnen weniger Wochen. Im Juni folgt in Hockenheim noch Karl-Heinz Träutlein. Zusammen haben die zwei 92 Jahre Volksbankgeschichte geschrieben", so Kuppinger.
Immer auf dem neuesten Stand
Kuppinger zitierte aus der schlicht gehaltenen Bewerbung vom 29. Juli 1970, in der Fillinger sich um eine Ausbildungsstelle bei der damaligen Volksbank Hockenheim. Die hatte gerade mal 28 Mitarbeiter und eine für heutige Verhältnisse lächerlich scheinende Bilanzsumme von umgerechnet 14 Millionen Euro.
Aber es wurde damals kräftig aufgerüstet - mit jungen und engagierten Mitarbeitern wie Reiner Fillinger und zweistelligen Zuwachsraten. Kein Wunder, im Talhaus siedelten sich neue Unternehmen an und auch Fillinger stand vor deren Werkstoren, denn gerade begann der bargeldlose Zahlungsverkehr für Privatpersonen. Der Lohn wurde nicht mehr in der Papiertüte am Ende der Woche ausbezahlt, sondern aufs Konto überwiesen, das jetzt angelegt werden musste. Ein entscheidender Kampf um die langjährige Kundenbeziehung mit den Bürgern, die oft ein Leben lang hielt. Buchungen wurden noch auf Lochkarten erfasst, die EDV steckte in den Anfängen.
Aber hier liegt eine Stärke von Reiner Fillinger: Er ist ein Technikfreak, beschäftigt sich immer mit neuesten Entwicklungen, kann nur schwer an einem Media Markt vorbeigehen und er ist auch in der Lage, Mitarbeiter für neue Lösungen zu begeistern.
Vorbildlicher Einsatz
Und da sind wir bei seinem zweiten Plus. Sein Einsatz für seine Leute war immer vorbildlich - auch gegenüber dem Vorstand hat er um Lösungen gekämpft und notfalls so lange diskutiert, bis das Ergebnis für beide Seiten in Ordnung war. "Das konnte auch mal bis in die Nacht hinein gehen", erinnerte sich Heinz Kuppinger heute mit einem Lächeln.
Reiner Fillinger war immer dort besonders gut, wo es um den Kundenkontakt ging. Ab 1976 arbeitete der Reilinger in der Hockenheimer Hauptstelle, dann in der Kreditabteilung und schon 1980 wurde er Zweigstellenleiter in der Parkstraße, wo er 14 Jahre lang verantwortlich blieb.
Die Allzweckwaffe Fillinger betreute dann das Firmen- und Privatkundengeschäft der Hockenheimer Bank, leitete die Kreditabteilung und nach der großen Fusion über den Rhein 1999 war klar, dass er den Regionalmarkt Hockenheim übernimmt, einen der größten der sechs neu gebildeten Märkte.
Als langjähriger Sprecher der Regionaldirektoren koordinierte er federführend sämtliche Vertriebsaktivitäten der Bank und er blieb leidenschaftlicher Verfechter technischer Verbesserungen und Kämpfer für die Interessen seiner Mitarbeiter. Reiner und Margot Fillinger sind sehr gesellige Menschen. Sie sind bei Festen, offiziellen Anlässen und Veranstaltungen aller Art gerne dabei - und das war einer der größten Vorteile, die die Bank hatte: die Präsenz. Dafür galt der Dank der Volksbankvorstände beiden.
OB-Stellvertreter Ernst Bohrmann unterstrich diese Stärke: "Reiner Fillinger ist das Gesicht der Volksbank in unserer Region. Seine ansteckende Fröhlichkeit und seine Kompetenz zeichnen ihn aus. Die Bank hat sehr davon profitiert", so Bohrmann.
Marc Eisinger wird Nachfolger
Nachfolger Marc Eisinger (Foto) erinnerte sich an seinen ersten Tag bei der Volksbank 1990, als er Fillinger erstmals begegnete. Er sei sein wertvollster Ratgeber geworden und er habe von ihm gelernt, dass die Kunden immer im Vordergrund stehen. Auch er wolle ein guter und fairer Vorgesetzter sein, versprach der 40-jährige Familienvater.
Viele Herausforderungen
Dann lag der Ball beim Regionaldirektor: Anhand der verschiedenen gesellschaftlichen Veränderungen und Bankenkrisen erinnerte Fillinger daran, was er und seine Volksbank alles positiv gemeistert haben. Die Vertriebsorientierung habe ihm immer besonders am Herzen gelegen und er habe dank der kräftigen Mithilfe seiner Leute immer "den besten Beruf der Welt gehabt".
Dann erinnerte Fillinger noch an eine kleine Anekdote: Eines Tages zu DM-Zeiten sei eine Mitarbeiterin zu ihm gekommen, die mit ihrem Kunden nicht mehr weiterkam. Er wolle 10 000 Mark haben, aber in Großgeld, nicht in 1000-Mark-Scheinen. Fillinger ging an den Schalter und der Mann behauptete steif und fest, letztes Mal habe er von ihm persönlich doch auch einen 10 000-Mark-Schein bekommen. Da konnte auch er nicht helfen, obwohl damals ja das Volksbank-Motto hieß: Wir bieten mehr als Geld und Zinsen."
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