Gemeinderat - Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Gewerbegebiet Mörscher Weg“ mit Nischen für geschützten Bodenbrüter einstimmig gefasst

Hockenheim: Lösung für Gewerbe und Haubenlerche gefunden

Der Gemeinderat hat den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Gewerbegebiet Mörscher Weg“ mit Nischen für den geschützten Bodenbrüter einstimmig gefasst.

Von 
Volker Widdrat
Lesedauer: 
Perspektive für ortsansässige Betriebe: Das Acker- und Wiesengelände zwischen den Straßen Im Auchtergrund (unten), Mörscher Weg (rechts) und Hinter den Bergen (links) soll für Gewerbeansiedlungen erschlossen werden, es ist die letzte Möglichkeit der Stadt in diesem Bereich. Dass es sich auch um ein Brutrevier der Haubenlerche handelt, soll dabei berücksichtigt werden. © Lenhardt

Der Gemeinderat hat den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Gewerbegebiet Mörscher Weg“ verabschiedet. Er soll ermöglichen, dass sich in dem 7,85 Hektar großen Geltungsbereich, begrenzt im Westen durch die Wohnbebauung Hinter den Bergen, im Süden durch die Straße Im Auchtergrund, im Osten durch den Mörscher Weg und im Norden durch eine Landwirtschaftsfläche, nun endlich mehrere Gewerbebetriebe ansiedeln. Für das hier brütende Haubenlerchenpaar soll eine Lösung gefunden werden.

Es handelt sich vor allem Firmen, die schon länger eine geeignete Fläche in Hockenheim suchen. „Wir sind es den Gewerbetreibenden schuldig, die seit Jahren von uns vertröstet werden. Es gibt sonst keine Möglichkeiten mehr für Neuansiedlungen“, freute sich Oberbürgermeister Marcus Zeitler über die Beschlussfassung.

Fachbereichsleiter Christian Engel stellte den Geltungsbereich vor. Im Flächennutzungsplan der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Hockenheim, Reilingen, Altlußheim und Neulußheim von 1985 war das gesamte Areal zwischen dem Bestandsgebiet „Hinter den Bergen“ und der Talhausstraße bereits als „gewerbliche Baufläche“ dargestellt worden. Der Bereich südwestlich des Mörscher Weges im Gewann „Auchtergrund“ war Mitte der 1990er Jahre mit der Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Mörscher Weg“ verbindlich überplant worden.

Der Geltungsbereich dieses ursprünglichen Bebauungsplans, der zwischenzeitlich mehrfach geändert und zum Teil erweitert wurde, umfasste damals das gesamte Gebiet zwischen der A 61 im Norden und den Straßen Hinter den Bergen im Westen, Im Auchtergrund im Süden sowie der Talhausstraße im Osten.

Erschließung zwingend erforderlich

In der Folge wurde zunächst der Bereich zwischen der Talhausstraße und dem Mörscher Weg erschlossen, der südwestlich gelegene und als Gewerbegebiet festgesetzte Bereich wurde für die weitere Entwicklung vorgehalten. Heute ist der erschlossene Bereich weitestgehend bebaut, es gibt für die weitere Entwicklung, insbesondere auch der ortsansässigen Betriebe, keine ausreichenden Grundstücke mehr. Daher ist die Erschließung des letzten Abschnittes des rechtskräftigen Bebauungsplanes zwingend erforderlich.

Allerdings erweist sich die ursprünglich geplante Ringerschließung für den Zweck als Gewerbegebiet und für die der Wirtschaftsförderung vorliegenden Anfragen als ungeeignet, führt der Beschlussvorschlag der Verwaltung aus. Die mittlerweile sechste Änderung des Bebauungsplans soll deshalb für die Optimierung der Erschließung und die Neueinteilung der Grundstücke sorgen. Der Geltungsbereich wird bis zur Straße Im Auchtergrund erweitert und ermöglicht dadurch den Anschluss an die Verkehrsfläche unter Berücksichtigung des Fuß- und Radverkehrs.

Die Stadt habe inzwischen 25 Anfragen von Gewerbetreibenden, die dort dringend Flächen suchten, führte Engel aus: „Es ist wichtig, dass wir mit dem Aufstellungsbeschluss jetzt anfangen.“ Sonst drohe die Abwanderung von Firmen in andere Kommunen und somit der Verlust von Arbeitsplätzen.

Das neue Gewerbegebiet könnte längst in trockenen Tüchern sein, gäbe es nicht auf genau diesen Flächen auf Hockenheimer Gemarkung ein Brutrevier der streng geschützten Haubenlerche. Auf dem Acker- und Wiesengelände am Mörscher Weg brütet ein Paar dieser vom Aussterben bedrohte Art. In Baden-Württemberg liegt der aktuelle Brutbestand bei knapp über 40 Revieren. Laut Regierungspräsidium gab es 2020 noch fünf Brutreviere im Bereich „Dänisches Lager“ und im Industriegebiet Talhaus.

Im neu geplanten Gewerbegebiet werden nun Nischen und Bewegungsräume für diese gefährdete Vogelart geschaffen, führte Engel aus. So soll die Entwicklung der Bestände in die westlich und nördlich angrenzenden Freiflächen mit einer Größe von etwa fünf Hektar ermöglicht werden. Zugleich ist die Durchgrünung des Gewerbegebietes für Zwecke der Oberflächenwasserversickerung zugesagt.

Zu Kompromissen bereit

„Wir sind bereit, Kompromisse einzugehen, auch für Haubenlerchen“, sagte OB Marcus Zeitler. Er forderte, dass rechtskräftige Beschlüsse aber auch umgesetzt werden: „Wenn wir uns nicht mehr auf die Zusagen übergeordneter Behörden verlassen können, auf wen soll man sich dann verlassen?“, schob er nach: „Das können wir nicht akzeptieren.“

Markus Fuchs (CDU) meinte, es sei seit Jahren bekannt, „dass wir diese Fläche anbieten müssen, wenn die Betriebe nicht in andere Kommunen abwandern sollen“. Gemeinsam wolle man „ein möglichst grünes Gewerbegebiet“ entstehen lassen, in dem der Haubenlerche fünf Hektar zur Verfügung stehen.

Frank Köcher-Hohn (FDP/LfH) war unzufrieden darüber, wie es gerade läuft. Übergeordnete Behören würden demokratisch zustande gekommene Beschlüsse über den Haufen werfen. Fünf Hektar seien zu viel für zwei Haubenlerchen. „Wir müssen umdenken, es braucht Alternativen zum Gewerbegebiet Talhaus“, meinte er.

Die Verwaltung habe nach einer Lösung für gewerbliche Bauflächen gesucht, „die auch den schützenswerten Haubenlerchen einen Raum lässt“, erklärte Marina Nottbohm (SPD). Es müsse auch bei diesem Punkt ein Miteinander geben, wenn etwa fünf Hektar angrenzende Fläche für die Population der Haubenlerche zur Verfügung gestellt werden und eine Durchgrünung des Gewerbegebiets geplant ist. Viele Firmen suchten Gewerbeflächen.

Für die Stadt bestehe dringender Handlungsbedarf, um das Abwandern weiterer ortsansässiger Betriebe in die Nachbargemeinden zu verhindern. Der Beschlussvorschlag ging ohne Gegenstimmen durch. Elke Dörflinger (Grüne) enthielt sich.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

Copyright © 2025 Hockenheimer Tageszeitung