Hockenheim. Der Anfang hat schon mal gute Laune gemacht: Stadträte sitzen zur Mittagszeit in Liegestühlen in der Sonne, Passanten testen spielerisch ihre lokalen Kenntnisse und der Bürgermeister zieht vorwitzige Vergleiche. Den „neuen Hockenheimer Laufsteg“ gab Bürgermeister Matthias Beck mit der Einladung frei, „unsere Stadtmitte neu zu denken. Und wenn‘s gut läuft, vielleicht sogar neu zu lieben.“ Die Fußgängerzonen-Testphase in der Karlsruher Straße ist eröffnet.
Dass bis zum 7. Juni der Abschnitt zwischen der Fortuna-Kreuzung und der Straße „Zum Messplatz“ zur autofreien Zone wird, hatte sich noch nicht bei allen Verkehrsteilnehmern herumgesprochen, sodass eine ganze Reihe von Fahrern erst im letzten Moment von den beiden uniformierten Mitarbeitern der Ortspolizeibehörde gestoppt wurden, die sich vor der Einfahrt postiert hatten, um die kurze Eröffnungsfeier vor Störungen zu bewahren.
Kommunaler Vollzugsdienst überwacht die Einhaltung
Denn die Testphase wird nicht von martialischen Betonblockaden oder rot-weißen Barrieren begleitet. Schließlich sollen jederzeit Einsatzfahrzeuge einfahren können, außerdem ist Lieferverkehr an Werktagen ebenso gestattet wie die Einfahrt von Berechtigten wie Anwohnern, Menschen mit Handicap oder Geschäftsinhabern. Der Rest muss allerdings draußen bleiben mit seinem Wagen, sonst droht ein 50-Euro-Ticket, wie Bürgermeister Matthias Beck auf Anfrage mitteilt. Auch wenn es keinen permanenten Posten gibt, der die Einhaltung der Vorschrift überwacht, müsse doch jederzeit damit gerechnet werden, dass der kommunale Vollzugsdienst auch hier seine Runden dreht.
Wobei der Fokus nicht auf Bestrafung, sondern auf Überzeugung liegt. „Eine lebendige Stadt entsteht da, wo Menschen sich begegnen – und nicht nur vorbeifahren“, sagte Beck zum Einstieg in die Testphase, die durch den landesweiten Wettbewerb „The Städt“ finanziert und von einem Prozesscoaching mit verschiedenen Dialogformaten begleitet wird.
Bürgermeister Beck: Keine Revolution, aber doch eine kleine städtische Evolution
„Wir sind hier nicht gleich bei einer Revolution, aber doch bei einer kleinen städtischen Evolution“, formulierte es Bürgermeister Beck. Manch einer habe sich beim Lesen der Ankündigung gedacht: „Fußgängerzone? In der Karlsruher Straße? Ist das jetzt Kunst oder kann das weg?“, vermutete er. „Die Antwort ist: Nein, das bleibt erstmal – aber nur zwei Wochen lang.“ In diesen zwei Wochen werde einiges geboten: „Wir haben Pop-up-Installationen, die so kreativ sind, dass selbst Ikea neidisch wird“, versprach er vollmundig unter Verweis auf Sitzmobiliar, das in moderner Aufmachung zum Hinsetzen und Verweilen einlädt. Die Optik wird durch zusätzliche farbenfroh bepflanzte Blumenkübel aufgewertet.
Die Antwort auf die Frage, wie die Innenstadt lebendig bleibt, laute: mit mehr Platz für Menschen - für Begegnungen, für Kinderlachen, für spontane Gespräche zwischen Latte Macchiato und Boulekugel. Beck: „Kurz für das, was eine Stadt lebenswert macht.“ Was das für die Hockenheimer ist, versuchte Dr. Sonja Rube mit ihrer Kollegin von der Firma USP Projekte herauszufinden, die den Test begleitet - „unsere Begleiterin im Wandel“, wie Matthias Beck sie bezeichnete.
„Die Bürger entscheiden, was das beste für Hockenheim ist“
Sie helfe Hockenheim dabei, den Blick von außen zu behalten, kluge Fragen zu stellen und diesen Veränderungsprozess gut zu gestalten. „Ohne so jemanden verliert man sich ja schnell im Klein-Klein“, gab der Bürgermeister zu bedenken. Sonja Rube betonte: „Nicht wir sind die Fachexperten, die bestimmen, was für Hockenheim das beste ist, sondern Sie entscheiden.“ Der Prozess bestehe aus mehreren Veranstaltungen, bei denen sich die Bürger einbringen sollen, drei seien bereits absolviert, weitere drei stehen noch bevor.
Rube lud zur Beteiligung ein, etwa an einem kleinen Quiz, bei dem die Hockenheimer testen können, ob sie sich in ihrer Karlsruher Straße eigentlich auskennen. Wie viele Parkplätze es in dem jetzt den Fußgängern (und im Schritttempo fahrenden Radfahrern) Abschnitt gibt (vier) war da beispielsweise ebenso gefragt wie die geringste Breite zwischen den Gebäuden (9,60 Meter) und die Mindestbreite für die Durchfahrt eines Feuerwehrfahrzeugs (3,50 Meter).
Fragebogen zu Erwartungen und Wünschen an die Fußgängerzone
Auf Wunschzetteln können die Bürger das Aktionsformat „The Städt“ ebenso bewerten wie Vorschläge äußern, welche Angebote dabei gemacht werden sollen - von der Sitzgelegenheit bis zu Veranstaltungen. Gefragt werden die Teilnehmer, ob sie sich gerne in diesem Straßenabschnitt aufhalten, welchen Anlass sie hatten herzukommen und mit welchem Verkehrsmittel sie da sind.
Am Montag, 2. Juni, um 14 Uhr gibt es auf Höhe der Karlsruher Straße 10 eine Podiumsdiskussion, bei der nach gut einer Woche Fußgängerzone die Stimmung abgefragt wird.
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