Streitthema

Hockenheim setzt Servicepauschale für stillgelegte Gasanschlüsse aus

Werkausschuss beschließt, klare gesetzliche Vorgaben abzuwarten und vorerst nicht 92 Euro pro Monat zu erheben. Das betrifft aber nicht den Rückbau.

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Matthias Mühleisen
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Für den Rückbau eines Gasanschlusses werden Summen im vierstelligen Bereich verlangt - dagegen wehren sich viele Betroffene. © picture alliance/dpa

Hockenheim. Die Frage, was mit nicht mehr genutzten Gasanschlüssen in Haushalten passiert und vor allem, welche Kosten das verursacht, beschäftigt viele Verbraucher. Der Werkauschuss hat am Mittwoch einstimmig beschlossen, bis zu einer gerichtlichen Entscheidung die Servicepauschale auszusetzen, die zur Unterhaltung von inaktiven Gas-Hausanschlüssen erhoben werden soll. Wer den Rückbau des Gas-Hausanschlusses wünscht, wird weiterhin mit 3.154 Euro zur Kasse gebeten.

Das Thema hatte im August hohe Wellen geschlagen, nachdem CDU-Landtagsabgeordneter Andreas Sturm in seiner Sprechstunde im Wahlkreisbüro von einer Reilingerin über die Forderung von fast 3.000 Euro für die endgültige Stilllegung ihres Gas-Hausanschlusses unterrichtet wurde (wir berichteten). Nach einem ersten Bericht meldeten sich über 50 Betroffene aus der Region bei Sturm, bei denen ähnliche Summen auf dem Tisch lagen. Mit seinem Bundestagskollegen Olav Gutting wandte sich Sturm daraufhin an die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sowie die Unternehmen Netze Südwest und EnBW.

Verschlossene Gasleitung muss alle drei Jahre überprüft werden

Die Werkleitung der Stadtwerke hatte die Sachlage dem Ausschuss bereits in der Mai-Sitzung erläutert. Die Umstellung von Gasheizungen auf Elektro-Wärmepumpen mache die Unterbrechung der Gaszufuhr notwendig. Dies erfolge entweder durch den Rückbau des Gas-Hausanschlusses oder durch gasdichtes Verschließen direkt nach der Hauseinführung. Ein Rückbau erfordere aufwendige Tiefbauarbeiten, die beim Kunden mit 3.154 Euro in Rechnung gestellt werden. Werde die Gasleitung lediglich verschlossen, müsse sie alle drei Jahre durch einen sachkundigen Monteur überprüft und im Geoinformationssystem der Stadtwerke weitergeführt werden. Die Servicepauschale werde jährlich mit knapp 92 Euro in Rechnung gestellt.

Die Stadtwerke hatten nach dem Beschluss der beiden Pauschalen rund 150 Umsteller angeschrieben, die sich wahlweise für den einmaligen Rückbau oder die jährliche Servicepauschale entscheiden sollten. Dieses Vorgehen, das auch andere Gasnetzbetreiber praktizierten, sei bei den Kunden „auf hohes Unverständnis gestoßen“, heißt es in der Beschlussvorlage. Insbesondere bei der Servicepauschale habe es zahlreiche Einwände gegeben. Warum solle für etwas bezahlt werden, was überhaupt nicht mehr gebraucht wird, fragten sie. Wie bei der Reilingerin, die Andreas Sturm um Unterstützung gebeten hatte, wären Kunden von der Pauschale betroffen gewesen, die schon vor Jahren ihren Gasvertrag gekündigt hatten und ihren Anschluss inaktivieren ließen.

Nur wenige Widersprüche auf Schreiben der Stadtwerke

In Hockenheim habe es, abgesehen von den zahlreichen Äußerungen und Diskussionen in sozialen Medien, nur wenige Rückmeldungen oder Widersprüche auf die Briefe gegeben. Die Stadtwerke sehen bis auf Weiteres davon ab, bei Nichtreaktion den Kunden zu kontaktieren. Die Werkleitung schlug dem Ausschuss vor, dem Beispiel anderer Versorger zu folgen und bis zur Einführung gesetzlicher Vorgaben auf die Forderung der Servicepauschalen zu verzichten. Anders sehe es bei der Rückbaupauschale aus, da diese auf Freiwilligkeit beruhe.

Die Stadtwerke Hockenheim gehen davon aus, dass das Thema zeitnah in den politischen Gremien diskutiert wird, da die Umstellung auf Elektro-Wärmepumpen und damit die Inaktivierung der Gas-Hausanschlüsse rasant voranschreite. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu den Kostenfolgen für Verbraucher, die ihren Gasnetzanschlussvertrag gekündigt haben, existiere bislang nicht. Insbesondere die Servicepauschale, die personellen Aufwand bedeutet, werde momentan noch von den Versorgern getragen. Eine Rechtsprechung zu diesen Fragen fehle bislang ebenso.

Andreas Sturm dankt für Votum und will bundesweite Regelung

Der Ausschuss folgte der Argumentation und nahm den Beschlussvorschlag ohne Wortmeldung an. Andreas Sturm dankt für das Votum, das ein klares Zeichen setze. „Aus meiner Sicht braucht es hier dringend eine bundesweite Regelung, um für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen“, sagt der Abgeordnete in einer Stellungnahme. Klar sei: Energie- und Netzbetreiber benötigten Rechtssicherheit und eine wirtschaftliche Perspektive, um den Ausfall von Gaskunden bewältigen zu können. Sturm findet aber: „Es darf jedoch nicht sein, dass der politisch gewollte Umstieg auf Wärmepumpen vollständig zulasten der Verbraucher und Energieversorger geht.“

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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