Hockenheim. „Seit wir die Schreiben zu den neuen Abschlägen in der vergangenen Woche verschickt haben, sind die Mitarbeiter der Kundenbetreuung permanent am Telefonieren.“ Doch der Beratungsbedarf der Stadtwerkekunden hat sich nach Schätzung von Vertriebsexperte Jan Mersmann und Werkleiterin Martina Wilk nicht erst seit den deutlichen Preiserhöhungen seit einiger Zeit „mindestens verdoppelt“.
Rund 10 500 Kunden beziehen in Hockenheim ihren Strom von den Stadtwerken, 3500 ihr Gas. Die höheren Beschaffungskosten für Energie müssen die Stadtwerke Hockenheim wie alle anderen rund 800 Stadtwerke bundesweit ab kommendem Jahr an sie weitergeben. Bis zum Jahresende 2022 gelten die bisherigen Konditionen ungeachtet der zahlreichen Meldungen von Preissteigerungen.
Diese haben laut Mersmann und Wilk nicht erst mit Putins Krieg gegen die Ukraine eingesetzt, sondern bereits im September 2021. Damals seien sie nach jahrelanger Stabilität in die Höhe geschnellt. Doch die Stadtwerke hatten bereits im Voraus ihre Mengen für 2022 recht preiswert eingekauft. Das führte laut Mersmann dazu, dass nach dem Wegfall der EEG-Umlage die Strompreise Mitte des Jahres sogar sanken.
Jetzt müssen die Strombezieher tiefer in die Tasche greifen – doch die Steigerungen fallen nicht so hoch aus, dass sie Schockreaktionen verursachen dürften, betont Jan Mersmann. Der Grundpreis von 108 Euro im Jahr, seit etwa zehn Jahren stabil, bleibe weiter unangetastet. Mit ihm werden Stromzähler, Abrechnung und Service abgegolten, er ist für alle Kunden gleich. Verbrauchsabhängig ist der Arbeitspreis pro Kilowattstunde fließenden Strom. Er beinhaltet die Kosten für Energiebeschaffung, Netznutzung, Strom- und Umsatzsteuer und einige Umlagen. Für die Kunden positiv ist, dass die sogenannte Strompreisbremse des Bundes bereits ab Jahresbeginn greifen soll.
Strompreisbremse greift ab Januar
Konkret bedeutet sie, dass die Kunden für 80 Prozent ihrer verbrauchten Strommenge die Kilowattstunde nicht mit knapp 59 Cent bezahlen müssen, die die Stadtwerke als Preis kalkuliert haben, sondern mit 40 Cent. Bislang sind es knapp 28 Cent seit Wegfall der EEG-Umlage. Die Differenz kommen aus dem Staatshaushalt, die Stadtwerke müssen sie abrufen.
Noch nicht ganz klar ist laut Vertriebsexperte Mersmann, was als Grundlage für die Mengenberechnung dient: der Verbrauch des Vorjahres oder des Vorvorjahres. Das Gesetz liegt den Stadtwerken noch nicht vor. Die restlichen 20 Prozent müssen zu Marktkonditionen abgenommen werden.
Beim Gas werden etwa 80 Prozent der Kunden im kommenden Jahr nicht höher belastet, da die Stadtwerke mit ihnen im vergangenen Jahr einen Vertrag über zwei Jahre abgeschlossen haben. Trotzdem profitieren sie von den sogenannten Dezemberhilfen des Staats, der für den Monat Dezember die Aussetzung der Abschlagszahlungen vorsieht. Wirksam werde das allerdings erst Ende Dezember, da die Stadtwerke ihre Abschläge erst zum Ende des Monats abbuchen, betont Mersmann. Für andere Kunden wird der Preis pro Kilowattstunde vom Gesetzgeber auf zwölf Cent gedeckelt. Die Stadtwerke werden im Lauf des kommenden Jahres wieder neue Deltaverträge auflegen.
Die demnächst anstehenden Jahresendabrechnungen werden für die meisten Kunden wohl erfreulich ausfallen, schätzen Mersmann und Wilk. Der Verbrauch habe im laufenden Jahr niedriger gelegen, außerdem sei die EEG-Umlage weggefallen. Dem Regierungsaufruf zum Energiesparen haben die Hockenheimer Folge geleistet: Der Hauptzähler des Gaswerks zeige, dass der Istverbrauch seit September um 20 Prozent unter dem des prognostizierten Verbrauchs liege.
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