Hockenheim. Das beste Feuerwehrfahrzeug wäre dasjenige, das nach 25 Jahren mit null gefahrenen Kilometern zurückgeht, sagte Oberbürgermeister Marcus Zeitler in der Ratssitzung am Mittwoch. „Dann hätten wir keinen Einsatz und bräuchten es nicht“, erläuterte er. Doch die Realität sehe anders aus. Das bestätigte Feuerwehrkommandant Daniel Ernst: Im vergangenen Jahr mussten die Hockenheimer Brandbekämpfer ihm zufolge 319-mal ausrücken, davon zu 285 Einsätzen im Stadtgebiet und 34-mal als Verstärkung zu den Kameraden in den Horan-Gemeinden. An einige spektakuläre erinnerte er mit Fotos: den Brand des Forstpavillons im Landesgartenschaugelände, den tödlichen Arbeitsunfall in der Gleisstraße und den Hangarbrand beim Sportfliegerclub - allesamt im Juni 2023 in Hockenheim - sowie den Großbrand bei der Firma Delvanis im Juli 2022 und den Brand eines Tankzugs auf der A 61 im September 2022. „Dieses Jahr hatten wir bislang 263 Einsätze“, berichtete er.
Die Retter würden also sehr oft gebraucht. „Und wenn wir schon so eine tolle Feuerwehr mit so vielen Freiwilligen haben, sollten wir ihnen auch das bestmögliche Gerät zur Verfügung stellen, um entsprechend eingreifen zu können“, sagte Zeitler und machte deutlich, weshalb die Ratsmitglieder zwei Beschlussvorlagen auf den Tisch bekommen hatten, bei denen es um den Erwerb neuer Einsatzfahrzeuge ging - einer Drehleiter und eines Gerätewagens Transport. Die vorhandenen Modelle im 13 Feuerwehrautos umfassenden Fuhrpark der Hockenheimer Brandbekämpfer sind inzwischen in die Jahre gekommen. Die Drehleiter stammt von 2005, der Gerätewagen aus dem Jahr 2000.
Den Bedarf untermauerte Kommandant Ernst abermals mit Zahlen. Die Drehleiter habe vergangenes Jahr 75 Einsätze absolviert, 2022 seien es 79 gewesen. Dazu zählten jährlich mehr als 20 Überlandeinsätze, „bei denen wir zu Bränden oder zur Personenrettung aus Obergeschossen in die Horan-Gemeinden gerufen werden“, erklärte er. Da die Drehleiter immer wieder Einsätze in den Nachbarkommunen fahre, beteiligten diese sich an den Beschaffungskosten, merkte Verwaltungschef Zeitler an. Das zeige die sehr gute Zusammenarbeit auf Horan-Ebene.
Warum jetzt ein neues Exemplar nötig sei? „Neben den Themen Alter oder Ersatzteilverfügbarkeit soll die neue Drehleiter einen großen einsatztaktischen Vorteil für uns haben“, antwortete Experte Ernst. Das veranschaulichte er anhand von Einsatzfotos. Eines davon zeigte die Drehleiter der Schwetzinger Kameraden bei einem Gebäudebrand. Deren Leiterspitze verfüge bereits über eine Knickfunktion, wie sie auch das künftige Hockenheimer Modell besitzen soll. „Mit dem Knick vorne kann man die gesamte Gebäudefront von oben nach unten abfahren, ist viel flexibler im Bereich von Dächern und bei der Personenrettung aus Obergeschossen“, erklärte er.
Hergestellt wird das lastwagengroße Fahrzeug von drei verschiedenen Firmen. Die erste liefert das Fahrgestell (fast 166 000 Euro), die zweite den Aufbau (rund 795 000 Euro) und die dritte die feuerwehrtechnische Beladung (knapp 32 000 Euro). Insgesamt schlägt die neue Drehleiter mit rund 992 000 Euro zu Buche, wovon das Land 265 000 Euro bezuschusst.
Daneben erläuterte Kommandant Ernst, wozu der Gerätewagen Transport dient: „Vor allem zur Einsatzlogistik und um unser Hygienekonzept umzusetzen.“ Dieser Punkt werde immer schwerwiegender für Einsatzkräfte. Dabei gehe es darum, eine Kontamination bei einem Einsatz nicht ins Feuerwehrgerätehaus zu verschleppen und besonders nicht nach Hause. Darüber hinaus sei der Wagen Teil des Hochwasser-Zugs im Rhein-Neckar-Kreis. In der Funktion sei er unter anderem bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal in Rheinland-Pfalz, im Saarland und zuletzt in Bruchsal im Einsatz gewesen. 2023 sei er 23-mal ausgerückt, 36-mal im Jahr 2022 und dieses Jahr bislang elfmal. „Da kommt bis Jahresende bestimmt noch der ein oder andere Einsatz hinzu“, merkte Ernst an.
Die Gesamtkosten für den neuen Gerätewagen Transport belaufen sich auf rund 268 000 Euro, wozu das Land einen Zuschuss von 55 000 Euro gewährt hat. An der Fertigung sind zwei Unternehmen beteiligt: Eines liefert für rund 141 000 Euro das Fahrgestell, das andere für rund 127 000 Euro den Aufbau.
Hockenheims Oberbürgermeister Zeitler zufrieden
Oberbürgermeister Zeitler dankte den Mitgliedern des Feuerwehrausschusses und allen, die mit den Ausschreibungen für die beiden neuen Fahrzeuge beschäftigt waren. Diese müssten europaweit erfolgen, wofür Leistungsverzeichnis erforderlich seien. Ein Ingenieurbüro damit zu betrauen, würde zwischen 10 000 und 18 000 Euro verschlingen. „Wir haben das große Glück, dass wir Fachpersonal bei uns in der Feuerwehr haben, das sich nach Feierabend hinsetzt und diese Leistungsverzeichnisse ehrenamtlich erstellt, sich Fahrzeuge anschaut und alles so gut vorbereitet “, hob er hervor. Das sei nicht selbstverständlich und laufe nicht in allen Kommunen so. Sein großes Dankeschön vernahmen viele Feuerwehrleute direkt im Bürgersaal, in dem sie die beiden Tagesordnungspunkte live verfolgten und für volle Zuhörerreihen sorgten.
Die Kommunalpolitiker von CDU, FDP, FWV, Grünen, und SPD waren jeweils einstimmig mit dem Beschaffen der beiden neuen Einsatzwagen einverstanden. „Wer jetzt glaubt, dass die Drehleiter morgen vor der Tür steht, irrt sich. Wir haben Lieferzeiten von 24 bis 30 Monaten.“, sagte Zeitler. Das treffe auch auf den Gerätewagen zu. Die vorhandenen Wagen müssten also noch mindestens zwei weitere Jahre ihren Dienst für die Bürger tun. Letztlich würden sie wie gewohnt an andere Kommunen weiterverkauft. „Wer in zwei Jahren Hochzeitstag hat und seiner Frau ein Feuerwehrauto schenken möchte, kann sich jetzt schon mal anmelden, um eines zu ersteigern“, scherzte er und erntete amüsierte Lacher im Saal.
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