Beringung

Hockenheimer Jungstörche erhalten ihre Identität

Die Störche "Svea" und "Jonas" in Hockenheim haben vier Jungstörche, die erfolgreich beringt und von Plastik befreit wurden. 80 Prozent der Jungstörche in Baden-Württemberg sind aufgrund des heftigen Regens verendet.

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Katrin Dietrich
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Die vier nassen Hockenheimer Jungstörche in ihrem Nest. © Katrin Dietrich

Hockenheim. Die Hockenheimer Störche „Svea“ und „Jonas“ freuen sich in diesem Frühling über vierfachen Nachwuchs, der sich trotz der heftigen Wetterkapriolen prächtig entwickelt hat. Damit die vier Jungstörche auch in Zukunft immer eindeutig als echte Hockenheimer identifiziert werden können, erhielten sie am Sonntag ihre Ausweise, die ihnen in Form von Ringen ans Bein geheftet wurden. Knapp über dem Knie der Jungen klickte der ehrenamtliche Vogelberinger der Vogelwarte Radolfzell, Thomas Picke aus Oberhausen- Rheinhausen, die schwarzen Ringe mit den weißen Nummern und Zahlen zusammen und gab den Tieren somit ihre ganz persönliche Identität. Damit kann man sie auch bei einer Wiedersichtung registrieren.

Dafür fuhren am Morgen zwei Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Hockenheim mit der Drehleiter in der Unteren Hauptstraße vor und brachten, nachdem der Linienbus den Straßenabschnitt passiert hatte, ihr Fahrzeug in Stellung. Thomas Picke und Annette Kühn, Tierärztin aus Brühl, bestiegen daraufhin den Korb und ließen sich nach oben zum Nest fahren.

Tierwelt

Hockenheimer Jungstörche werden beringt

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Auf Anweisung von Thomas Picke wurde der Korb erst mit Abstand zum Haus über das Nest hinaus gefahren. Dadurch gab man den Eltern die Zeit, ihr Nest zu verlassen und den fünf bis sechs Wochen alten Jungstörchen die Möglichkeit, eine Gefahr zu erkennen. Das lässt sie in die Akinese fallen, einen Totstellreflex. Hierbei legen sich die Jungen ganz flach ins Nest und bleiben ruhig liegen. Thomas Picke deckte die Köpfe der Kleinen noch mit einem Handtuch ab, was sie zusätzlich beruhigte. Und somit konnte die Beringung problemlos durchgeführt werden.

Plastikband an Bein von Hockenheimer Jungstorch

Auf den Bildern der Kamera am Storchennest haben die Verantwortlichen vor etwa zwei Wochen gesehen, dass einer der Jungstörche mit einer Art Plastikband an den Beinen umwickelt war. Dies nahm der Beringer zum Anlass, die Tierärztin Annette Kühn mit ans Nest zu nehmen, um den Storch zu befreien und ihn bei eventuellen Verletzungen gleich fachmännisch versorgen zu lassen. Gemeinsam schnitten sie das Folienband, das sich um die Füße und den Körper des Storchs gewickelt hatte auf und die Tierärztin untersuchte das Junge. „Dem Kleinen geht es gut, es sind keinerlei Verletzungen durch das Band entstanden“, sagte Annette Kühn zurück auf dem Boden und fügte hinzu: „Alle vier sind hervorragend entwickelt und sehr gut genährt“. Denn sie hat sich ehrenamtlich auch gleich den gesundheitlichen Zustand aller Geschwister angeschaut. Dies ist bei vier Jungen im Nest oft nicht der Fall.

Thomas Picke beginnt mit der Beringung der vier Jungstörche.

© Katrin Dietrich

Thomas Picke erklärte, dass das Entfernen der Folie sehr wichtig für das Tier war. „Hätten wir nichts getan, hätte das Jungtier sich nicht aufstellen und auch nicht fliegen können“, sagte er und zeigte gleichzeitig einen schwarzen Sack, in den er den Müll aus dem Nest gelegt hat. „Es war leider wieder der ,Hockenheimer Standard’ darin. Folien, ein Handschuh, Plastik und auch ein Dehnfugenband“, zählte er auf. Alle Gegenstände können eine erhebliche Gefahr für die Tiere darstellen.

Wasser fließt aus Hockenheimer Storchennest ab

Sehr überraschend war es auch, dass alle vier Jungen überlebt haben, denn bei dem heftigen Regen in den letzten Wochen sind in Baden- Württemberg rund 80 Prozent der Jungstörche verendet. Das Glück der Hockenheimer Tiere war wohl, dass die Eltern zum einen so gut gebaut haben, dass das Wasser immer gut abfließen konnte, und zum anderen, dass es vor Pfingsten, als die Tiere nur von Flaum bedeckt waren, nicht viel Regen gab. Mittlerweile haben sie Federn, die wasserabweisend sind, und somit vor einer Unterkühlung schützen. Der viele Regen in den letzten Tagen hat auch einen positiven Nebeneffekt: Die Natur lieferte viel Nahrung und die kleinen sind schön kräftig.

Reiserouten der Hockenheimer Störche

  • Seit 2014 wurden in Hockenheim im Durchschnitt 2,8 Störche pro Jahr beringt.
  • Störche legen im Lauf ihres Lebens viele Kilometer zurück. Dank der Beringung weiß man von einigen Hockenheimer Störchen, wo sie überall unterwegs waren.
  • Ein 2012 in Hockenheim beringter Storch wurde im Dezember 2012, im Januar 2013 und im August 2017 in Spanien, im August 2013 in Offenbach, 2014 in Rülzheim und 2016 und 2017 in Rußheim gesichtet, im vergangenen Jahr dann nochmals in Frankreich.
  • Ein 2018 beringter Storch wurde in den darauffolgenden Jahren in Wiesloch und in Rheinhausen gesichtet.
  • Ein weiterer wurde mehrmals in Spanien und in Mannheim registriert.
  • Die Hockenheimer Störche wurden auch in der Pfalz, Hessen, Freiburg und den Niederlanden gesichtet.

Natürlich fanden sich auch wieder einige Besucher ein, die die Beringung vom Boden aus verfolgten. Diese durften gerne einen Blick auf das Handy von Gabi Picke werfen. Dort gab es die Liveübertragung aus dem Nest zu sehen. Beringung und Befreiung konnten auf dem Display so in Echtzeit verfolgt werden.

Freie Autorin Seit 2001 fotografiere und schreibe ich regelmäßig und gerne als Freie Mitarbeiterin für die Schwetzinger Zeitung. Vor meine Linse und unter meine Feder kommen gerne die Feuerwehr, Tiere, Natur, Kinder, Kirche, Feste, Kultur, mein Heimatort Reilingen und

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