Landwirtschaft

In Hofläden in und um Hockenheim steigt die Nachfrage rasant

Von 
Laura Kaltschmidt
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Verwaltungsgemeinschaft. Unter dem Eindruck des Klimawandels, aber auch der Corona-Pandemie verlagern sich Aktivitäten und Einkäufe stärker auf die lokale Ebene. Der Prozess, der von der Wirtschaft als „Deglobalisierung“ bezeichnet werden würde, ist auch für Hofläden in der Verwaltungsgemeinschaft Hockenheim deutlich spürbar – in positiver Hinsicht, wie eine Umfrage bei den Betrieben ergeben hat.

Johannes Härdle, Inhaber des Johanneshofs in Hockenheim, bietet derzeit hauptsächlich Erdbeeren und Himbeeren an. Die Ernte beschreibt er als „eher verhalten“ und führt das auf die vergleichsweise kühlen April- und Maiwochen zurück. „Kaputtgegangen ist aber fast nichts und von einem Mangel kann man auch nicht sprechen. Die Ernte des Obsts verschiebt sich einfach um etwa 14 Tage“, berichtet Härdle.

Die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Pandemie habe diesen Anstieg noch verstärkt. Diese Entwicklung sei auf mehrere Ursachen zurückzuführen. „Der Gang zum Supermarkt mit langen Schlangen war vielen zu risikoreich. Zudem war der Konsum allgemein eingeschränkt, dadurch, dass man nicht shoppen gehen konnte, wollten viele dann eher mal auf einem Bauernhof einkaufen. Bestimmt schwingt beim einen oder anderen auch der Akt der Solidarität mit. Aufgrund der ökonomischen Schwierigkeiten wollten sie vermutlich die Region unterstützen“, sagt Johannes Härdle.

Mehr Zeit zum Kochen

Die erhöhte Nachfrage bestätigt Rainer Hoffmann, Chef des Obsthofs Hoffmann in Neulußheim. „Seit mehreren Jahren kommt das direkte Vertrauen vom Kunden zum Verkäufer gut an. Die Leute wissen, woher die Produkte kommen. Durch Corona war dann auch fast keiner im Urlaub und die Leute hatten mehr Zeit zum Selbstkochen“, erläutert er.

Während der Obsthof Hoffmann hauptsächlich alles rund um den Apfel anbietet, verkauft der Wersauer Hof in Reilingen überwiegend eigenes Biofleisch. In diesem Bereich sei die Kauflust „durch Corona um etwa 15 bis 20 Prozent gestiegen“, schätzt Betreiberin Helga Hoffmann.

Der Ernteertrag ist durch das Wetter in diesem Jahr auch im Bereich Salat und Spargel „nicht ganz so enorm, aber trotzdem ausreichend“, wie Helene Schmitt, Inhaberin des Gemüsehofs Schmitt in Hockenheim, erzählt. Ihr liegt am Herzen, die regionale Landwirtschaft anzukurbeln, weshalb sie ausschließlich auf Eigenproduktion und Zusammenarbeit mit anderen Höfen des Umkreises zurückgreife.

Auch in ihrem Gemüsehof sei die Nachfrage seit Pandemiebeginn deutlich in die Höhe gegangen. „Das hat zwar schon vorher leicht begonnen, aber Corona hat stark dazu beigetragen. Inwieweit das dann nach der Pandemie so bleibt, ist natürlich noch nicht absehbar, aber ein Umdenken hat scheinbar stattgefunden“, meint sie.

Steffen Großhans, Inhaber des Spargelhofs Großhans, spricht sogar von einem „Boom im vergangenen Jahr, den es so noch nie gegeben hat“. Man habe erwartet, dass das eine Ausnahme war, doch auch in diesem Jahr sei die Nachfrage „unglaublich“. Die Ursache dafür sieht er einerseits bei der Pandemie, andererseits aber auch bei dem Verlust von kleineren Hofläden. Einige im Umkreis seien vom Spargelanbau abgerückt oder hätten ganz schließen müssen.

Erntehelfer trotz Pandemie da

Die Pandemie macht nicht nur das Einkaufen, sondern auch das Reisen nur bedingt möglich. Dadurch stellt sich auch die Frage, inwieweit Saisonarbeiter und Erntehelfer verfügbar sind. Die Anzahl benötigter Erntehelfer variiert von Hof zu Hof. Der Gemüsehof Schmitt in Hockenheim berichtet wie die Kollegen, dass es in diesem Jahr genug Hygienekonzepte und Vorschriften gegeben habe, um die sichere Einreise und Unterkunft für Saisonarbeiter zu ermöglichen.

„Das Beschäftigen von Saisonarbeitern ist zwar schwieriger als sonst, aber letztendlich ist die Problematik gut gelöst“, findet Hubert Merz vom Biolandhof Merz in Neulußheim. Er spürt ebenfalls einen „starken Kundenzustrom“ – vermutlich, weil die Kunden sensibler geworden und zusätzlich die Hygienebedingungen auf dem Bauernhof besser seien.

Zeitverzögerte und geringere Ernteerträge lassen sich auf die Witterung zurückführen und stehen nicht mit der Pandemie in Verbindung, wie die Höfe bestätigen. Durch ausgeprägte Kooperationen und gegenseitige Belieferungen zwischen den Höfen im Umkreis steht trotz der schwereren Bedingungen ein ausreichendes Sortiment an regionalen Bioprodukten zur Verfügung. Großhans erklärt, dass es bei hohen Temperaturen oft ein Überangebot gegeben hätte, dadurch gebe es in diesem Jahr genug Spargel und der Markt sei ausgeglichen.

Regionales wird geschätzt

„Die Erdbeeren unter Folientunneln haben mit dem Wetter kein Problem, nur die Erdbeeren auf dem Feld werden erst später fertig“, berichtet Florian Schmidt, Inhaber des Obsthofs Schmidt in Altlußheim. Der Verkauf seiner Erdbeeren laufe von Jahr zu Jahr besser. In der ersten Corona-Welle sei man schon beinahe überfordert gewesen. „Mittlerweile hat sich das etwas normalisiert, aber ich habe den Eindruck, der Antrieb, auf Regionales zu achten und es zu schätzen, ist stärker geworden“, reflektiert Schmidt.

Ernteschwierigkeiten gibt es beim Bauernhof Kief in Hockenheim als Verkäufer von tierischen Produkten wie Milch und Eiern nicht. Laut Inhaber Jochen Kief ist auch in diesem Bereich ein großer Anstieg der Nachfrage zu beobachten. „Durch Corona gab es einen ziemlichen Sprung in die Höhe“, verrät er. Neben dem Willen, bewusster zu konsumieren, hätten die Menschen mehr Zeit und im Hofladen weniger Kontaktpersonen. „Viele schauen sich dann auch gerne noch die Tiere in der Scheune an“, berichtet Kief.

Die Hofläden scheinen sich allgemein über einen starken Kundenzuwachs freuen zu dürfen. Das bewusstere Einkaufen setzt sich offenbar immer stärker durch. Das verkürzt auch die Transportwege und mindert so den Kohlendioxidausstoß – und hilft der Natur.

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