Landgericht

Keine Erinnerung an tödliche Hiebe mit Bratpfanne in Hockenheim

Von 
Volker Widdrat
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Der Eingangsbereich des Landgerichts in Mannheim. © Michael Ruffler

Hockenheim/Mannheim. Vor der Strafkammer des Landgerichts hat der Prozess gegen einen 36-Jährigen aus Philippsburg wegen des Verdachts des Totschlags begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten, der in Untersuchungshaft sitzt, vor, am Abend des 15. Januar seinen 59-jährigen Vater in dessen Wohnung in Hockenheim mit einer Bratpfanne erschlagen zu haben. Das Opfer hatte durch sechs Schläge gegen den Kopf ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und Gehirnblutungen davongetragen und war trotz der Bemühungen der Rettungskräfte noch in seiner Wohnung verstorben.

Der 36-Jährige war am Vortag durch Polizeibeamte in der Nähe seiner Wohnung volltrunken aufgefunden und zu seinem Schutz in die Wohnung seines Vaters in Hockenheim gebracht worden. Zum Tatzeitpunkt soll er wegen eines Blutalkoholgehalts von 2,6 Promille vermindert schuldfähig gewesen sein.

Frühe Alkoholprobleme

Am Nachmittag des 26. Novembers soll er in der Bahnhofsanlage in Schwetzingen in erheblich alkoholisiertem Zustand bei einer Kontrolle gegen Polizisten vorgegangen sein und sie grob beleidigt haben. Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann sprach in der Anklage von einer „tiefgreifenden Bewusstseinsstörung“ beim Beschuldigten. Möglicherweise komme die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in Betracht.

Der gebürtige Pole kam im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie nach Deutschland. Nach Kindergarten und Hauptschule machte er eine Ausbildung zum Holzfachwerker. Die Familie zog mehrfach um. Nach der Trennung seiner Eltern wohnte er bei seiner Mutter, bezog dann aber eine eigene Wohnung.

Sein Alkoholproblem habe schon früh angefangen, etwa mit 13 Jahren habe er zunehmend Bier und Wein konsumiert, sagte der 36-Jährige, für den es auch ein Betreuungsverfahren gibt, vor dem Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Gerd Rackwitz aus. In den letzten Jahren sei es immer problematischer geworden. Den Führerschein habe er wegen Trunkenheit verloren, zuletzt habe er von Hartz IV gelebt.

Verteidiger Steffen Lindberg übernahm die Angaben zur Sache. Sein Mandant bedauere zutiefst den Tod seines Vaters. Er habe an jenem Abend viel getrunken, etwa vier bis fünf Liter Wein, und nur noch „bruchstückhafte Erinnerungen“. Vermutlich sei es zum Streit gekommen, sein Vater könnte ihn auch im Schwitzkasten gehabt haben – er wisse es nicht mehr genau. Er sei aber für den Tod verantwortlich. Das Spurenbild am Tatort und die rechtsmedizinischen Erkenntnisse ließen keine Zweifel aufkommen. Man könne auch nicht nur von Notwehr ausgehen. Der 36-Jährige bedauere auch die Widerstandshandlungen und Beleidigungen gegenüber der Polizei.

Notruf selbst abgesetzt

Zu Beginn der Beweisaufnahme hörte das Gericht eine Audiodatei des Notrufs, den der Angeklagte am Tatabend um 22.19 Uhr selbst abgesetzt hatte. Sein Vater atme nicht mehr. „Ich weiß nicht, was passiert ist. Er reagiert nicht. Kommen Sie bitte schnell“, flehte er. Eine 25-jährige Polizistin des Reviers Hockenheim berichtete vom Einsatz. Der Angeklagte sei „sehr aufgewühlt“ gewesen. Er habe aber „nicht wahrgenommen, was gerade passiert ist“. Während der Fahrt nach Mannheim zum Polizeipräsidium habe er von einer „schweren Kindheit“ gesprochen. Sein Vater habe selbst viel Alkohol getrunken.

Eine 28-jährige Kriminalbeamtin gab zu Protokoll, dass das Opfer durch Notärzte noch reanimiert worden sei. Der Angeklagte habe diese Maßnahme immer wieder gestört, indem er neben seinem schwer verletzten Vater gekniet sei. Deshalb habe er gefesselt werden müssen. Später habe er gegenüber den Polizisten mehrmals die Worte „Alkohol“ und „Streit“ geäußert. Das Hemd des Angeklagten sowie sein Gesicht und seine Hände seien „blutverschmiert“ gewesen, so die Zeugin.

Der Prozess vor dem Landgericht wird an diesem Donnerstag, 25. November, um 9 Uhr, mit der Anhörung von Polizeibeamten und Kriminaltechnikern fortgesetzt.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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