Hockenheim. Es gab eine Zeit, da kamen Schüler und Lehrer einfach an die Schule. Es wurde unterrichtet, gelernt und gelebt – und nie hätte irgendjemand daran geglaubt, dass aus dieser Normalität etwas beinahe Spektakuläres wird. Doch genau dies ist Hockenheim wie überall anderswo eingetreten. Unterricht in der Schule, ganz analog samt Tafel und Kreide, wird nach einem Jahr Corona mit Fern-, Wechsel- und Präsenzunterricht von nicht wenigen mittlerweile herbeigesehnt. Von den Grundschulen über die Realschule bis zum Gymnasium ist Druck im Kessel.
Das heißt nicht, dass die verschiedenen Unterrichtsmodi mittlerweile nicht gut funktionierten. Im Gegenteil, quer durch die Schulleiterlandschaft fällt das Urteil positiv aus. Aber natürlich sei Schule unter Pandemiebedingungen ein andauernder und vor allem Unsicherheit schaffender Ausnahmezustand, der die Bedingungen für das Lernen nicht wirklich verbessere.
Es ist, berichtet Robin Pitsch, Konrektor an der Theodor-Heuss-Realschule, „wahnsinnig viel Unruhe im System“. Am schwierigsten, so ergänzt die Schulleiterin der Pestalozzi-Grundschule, Isabelle Kunter, sei die Kurzfristigkeit. Der Maßnahmenkatalog sei im ständigen Wandel und nicht selten würden Mittel und Instrumente nicht ganz zu den politisch definierten Zielen passen.
Maximale Flexibilität gefragt
Schule, da sind sich alle Befragten einig, sei etwas sehr Kompliziertes geworden, das auf allen Seiten größtmögliche Flexibilität erfordere, hat auch Marcus Roth, Rektor der Hartmann-Baumann-Grundschule, festgestellt. Und richtig gut werde es erst wieder, wenn das Spektakuläre dem Alltäglichen Platz mache, ist die Direktorin des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums, Anja Kaiser, überzeugt.
In normale Zeiten besuchen die Hartmann-Baumann- und die Pestalozzi-Grundschule zusammen knapp 515 Schüler. Derzeit sind es im Wechselunterrichtsmodell, bei dem je die Hälfte der Schüler vor Ort unterrichtet wird und die andere Hälfte zuhause, rund 155 an der Pestalozzi- und 100 an der Hartmann-Baumann-Schule.
Rücksicht auf Grundschüler
Die jüngste Herausforderung, die es zu meistern gilt, ist das Testen. Anders als an den weiterführenden Schulen werden die Grundschulkinder in vertrauter Umgebung von ihren Eltern getestet. Bei Grundschulkindern, so Roth, sollte das doch etwas sensibler gehandhabt werden. Natürlich setze das Vertrauen in die Eltern voraus, dass diese Tests auch wirklich gemacht werden.
Aber Roth genau wie Kunter ließen im Gespräch mit der Hockenheimer Tageszeitung keinen Zweifel daran, dass sie den Eltern vertrauten. Die Testkits werden über die Schule an die Eltern verteilt. Eine nicht ganz unaufwendige Arbeit, die die Schulen zu stemmen haben. Verteilen inkludiert hier übrigens auch das Packen der Testkits. Erschwerend komme hinzu, dass mit der ersten Lieferung nicht genug Tests gekommen seien. Bleibt zu hoffen, so Kunter, dass mit der nächsten Lieferung mehr eintrifft – und das vielleicht sogar etwas früher.
Denn vor allem die Kurzfristigkeit erschwere den Schulbetrieb und belaste den Austausch mit den Eltern. Für manche von ihnen mache jede Stunde Präsenzunterricht einen Unterschied. Derzeit sind es an den Grundschulen der Rennstadt zehn Stunden die Woche. Und jede Veränderung erhöhe den Planungsbedarf. Da sei es angezeigt, die Eltern möglichst früh zu informieren. Das gelinge leider nicht immer, so dass sie immer wieder in schwieriges Fahrwasser gerieten. Ein Umstand, der allen Schulleitern bewusst ist – doch leider habe man jenseits von Appellen nicht allzu viele Einflussmöglichkeiten.
Nervosität durch hohe Inzidenz
Ein Umstand, der auch das Leben an der Theodor-Heuss-Realschule nicht gerade einfacher macht. Und das, so Konrektor Robin Pitsch, vor dem Hintergrund einer für Hockenheim sehr hohen Sieben-Tage-Inzidenz von über 400. Maßgeblich sei aber der Landkreis mit seinem bis dato geringeren Infektionsgeschehen. Allein dieser Hintergrund sorge für Nervosität. Trotz allem laufe es an der Schule gut.
Knapp über 300 Schüler sind pro Tag vor Ort. In den Klassenzimmern hielten sich nie mehr als neun bis 15 Schüler auf. Dementsprechend reibungslos laufe das Testen. „Wir unterstützen sie dabei und haben sogar eigens ein Video zur Anleitung gedreht.“
Dabei gelte: Wer sich nicht testen lässt, darf nicht am Präsenzunterricht teilnehmen, ergänzt Pitsch. Nur zu Klassenarbeiten dürften die Schüler auch ungetestet kommen. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich darauf keiner der Protagonisten einen wirklichen Reim machen kann.
Wie sehr das Organisatorische ausarten kann, wird am Beispiel des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums mit seinen insgesamt 850 Schülerinnen und Schülern deutlich. Die Jahrgangsstufe zwei, die dieses Jahr Abitur schreibt, ist nach einer kurzen Präsenzphase bis zum Prüfungsstart am 4. Mai im Fernunterricht.
Die Jahrgangsstufe eins kommt dagegen nun in den Präsenzmodus. Die Klassen neun und zehn befinden sich im Wechselunterricht, die Klassen sieben und acht sind im Fernunterricht und die Fünft- beziehungsweise die Sechstklässler sind komplett in Präsenz.
Da hilft kein Computerprogramm
Dazu kommen dann noch, so die Schulleiterin Anja Kaiser, die Schüler in der Notbetreuung und die Klassen, bei denen eine Klassenarbeit anstehe, die ebenfalls komplett in die Schule kämen. Ein Computerprogramm, das nur zur Ergänzung, gebe es dafür nicht. „Diese Prozesse müssen wir schon selber auf die Reihe bekommen.“
Und auch hier, so betont Kaiser, sei alles einigermaßen in der Spur. Klar gebe es bei manchen Schülern Schwierigkeiten, doch diese könne man mit der Notbetreuung oder auch mit den eigens installierten Förderkursen auffangen.
Der Aufwand, erklären die Verantwortlichen an den Schulen unisono, sei enorm. Zu leisten nur mit einem Kollegium, das sich über die Maße engagiere. Und das, so alle Schulleiter hier, täten die Kollegien an den Schulen in der Rennstadt ganz ohne Frage.
Die gute Nachricht ganz zum Schluss: Seit der Unterricht wieder begonnen hat, ist an keiner der Schulen ein Test positiv ausgefallen.
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