Hockenheim. Er ist ein Künstler, an dem sich die Geister scheiden – dass er ein wahrer Künstler ist, hat Lars Redlich am Samstagabend im Hockenheimer Kulturzentrum Pumpwerk unter Beweis gestellt. Vielleicht gar nicht so, wie er es geplant hatte und sicher auch nicht, wie es das durchweg begeisterte Publikum sehen würde: Der in Berlin aufgewachsene Musicaldarsteller, Schauspieler, Moderator und Musik-Comedian hat sowohl die „intelligente Comedy“ als auch das „Musikkabarett“ aus der Vorankündigung vermissen lassen – schon allein, weil er selbst betont, dass er „kein Kabarett“ machen will, sondern eben Comedy.
Aus der versprochenen „Show“ allerdings hat der smarte Anfangvierziger wirklich alles rausgeholt, was geht, und damit einen wahren Glanzpunkt gesetzt, der überraschende künstlerische Größe atmete.
Comedy soll die Menschen zum Lachen bringen. Das ist Redlich gelungen: mit Kalauern aus der untersten Schublade ebenso wie mit seinen Liedern, die zwar nicht mit den Wortspielen aus den eher entfernteren Weiten des Intellekts punkten können, die aber eben den – manchmal etwas billigen – Lacher ernten und die vor allem bereits einen ersten Eindruck von der musikalischen Größe des Allroundtalents geben, der bereits als „Olaf“ in Christoph Hagels Musical „Eiskönigin“ aufgetreten ist. Das aber – wie die meisten seiner größeren Erfolge – bereits vor geraumer Zeit.
Lars Redlich in Hockenheim: „Blues für Hockenheim“
Beispiel dafür könnte der kauzige Song „Date mit ’ner Veganerin“ sein, dessen Tarantino-Abschluss mit Rotenburg-Einschlag textlich witzig, wenn auch nicht allzu geistreich war, der aber vor allem musikalische Klasse zeigte.
Insgesamt ist das Programm „Lars But Not Least!“ eine Sammlung kleiner Geschichten zwischen Beckenboden-Schnupperkurs und „Reisen made in Germany“, mit dem er die Klischees über teutonische Ausflügler persifliert, zwischen Penis-Neid und einem „Blues für Hockenheim“, den er – „mit viel Wertschätzung“ – in drei Minuten im Zug geschrieben habe.
Thematisch bleibt der Abendfüller, den Redlich seit 2014 spielt, weil er ohnedies nur zwei Programme in seiner bisherigen Karriere entwickelt hat, etwas lau und einen roten Faden entdeckt man nicht.
Musikalisch aber ist Redlich viel mehr, als er in seinen Programmen zeigen kann oder will: Ob an der Gitarre oder am Klavier, immer glänzt der Mann, dem vor allem die Frauenherzen – zu Recht – zufliegen, mit einer gewitzten und dabei ernst zu nehmenden Klasse.
Lars Redlich in Hockenheim: Sächsische „Mandy“ gefeiert
Die „Moritat von Schorsch, der einzelnen Socke“ lässt – vielleicht nicht textlich, aber in der künstlerischen Machart – an den genialen Namensvetter Lars Reichow denken, wenn er den Barry-Manilow-Song „Mandy“, den Scott English und Richard Kerr einige Jahre zuvor als „Brandy“ veröffentlicht hatten und der 2003 der britischen Boygroup „Westlife“ im Cover einen Nummer-eins-Hit bescherte, ins sächsische Sonnenstudio verlegt, bleibt sowohl kein Auge trocken, als auch der Musikliebhaber gespannt.
Seine diesbezügliche geniale Größe stellte Lars Redlich mit einem „Song nach der Pause“ unter Beweis, in dem er Publikumsbegriffe zwischen „prämenstruell“ und „Integrationsfachkraft“ in einen bemerkenswerten Text goss und vor allem mit der Zugabe: Auf Zuruf spielte er sich spontan und mit einer unfassbaren musikalischen Anpassungskraft durch Titel irgendwo zwischen „Highway to Hell“, „Thriller“ und „Bohemian Rhapsody“, die er dann tatsächlich in allen sechs Teilen drauf hatte.
Dass er daneben auch stimmlich eine Wucht ist, präsentierte Redlich in jedem seiner Lieder, vor allem aber mit einer „Lieblingsopernarie“, als er „Habanera“ aus Georges Bizets „Carmen“ in perfektem Falsett gab, und in einer zweiten „Diven-Nummer“, die neben „Big Spender“ und Lucilectric eine umwerfend gute Version von Dolly Partons Song „I will always love you“ beinhaltete, der die zum Hit gewordene Interpretation von Whitney Houston glatt in den Schatten stellte.
Was bleibt als Fazit nach zwei Stunden Redlich? Lustig war’s – genial aber wäre es, wenn der talentierte Mann noch viel mehr das machen würde, was er wirklich mit Genius kann.
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