Fleischerhandwerk - Zweiter Innungsobermeister Matthias Hauser beklagt fehlende Auszubildende / Qualität und Individualität gefragt / "Auf Preiskampf können wir uns nicht einlassen"

"Metzgereien müssen Besonderheiten bieten"

Von 
Franz A. Bankuti
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Gut essen will jeder, Metzger werden aber kaum jemand: Matthias Hauser will das Image der Branche verbessern und damit Nachwuchs anlocken.

© Schwerdt

"Es wird mit Recht ein guter Braten, gerechnet zu den guten Taten . . ." heißt es bei Wilhelm Busch. Matthias Hauser schmunzelt, schließlich ist er Metzgermeister und weiß auch, dass die Bedeutung eines guten Essens schon immer einen beachtlichen Stellenwert hatte und hat. Matthias Hauser ist seit kurzem zweiter Innungsobermeister der Fleischerinnung Mannheim/Heidelberg. Ebenso ist der 52-jährige Hockenheimer stellvertretender Innungsobermeister als Vertreter der Handwerkskammer Mannheim im Vorstand des Landesinnungsverbandes im Bereich Ausbildung und Nachwuchs engagiert.

"Hier haben wir jetzt leider kein fröhliches Busch-Zitat mehr, wir suchen dringend Nachwuchs, aber der Beruf des Metzgers, wie auch der des Bäckers, ist derzeit für junge Menschen bei der Berufswahl nicht sehr attraktiv", meint Matthias Hauser eher nachdenklich. Die Suche nach geeigneten Auszubildenden ziehe sich aber wie ein roter Faden durch alle Bereiche des Handwerks, ergänzt Hauser. Etwa 30 000 Ausbildungsplätze im gesamten Handwerk sind derzeit bundesweit unbesetzt.

Ansprüche sind gewachsen

Gut essen will jeder, Metzger werden will kaum einer, das klingt nach einem Widerspruch in sich. "Wir arbeiten intensiv daran, unser Image zu verbessern, vieles haben wir auch schon erreicht", weiß Hauser aus eigener Erfahrung und der Erfahrung von vielen Kollegen. Auch bei der Arbeit des Fleischers hat die Technik Einzug gehalten, Maschinen erleichtern die früher oft schwere Arbeit, mit Blut hat man kaum noch zu tun. Im Umkehrschluss heißt das natürlich auch, dass die Ansprüche an die Auszubildenden immer größer werden, der Beruf des Metzgers ist moderner und anspruchsvoller geworden.

Die Fleischer-Innung bemüht sich, die Vielfalt und die vielfältigen Möglichkeiten des Berufes zu verdeutlichen, Kontakte zu jungen Menschen herzustellen, ihnen mittels Praktika die Arbeit als Metzger "schmackhaft" zu machen. Das Interesse wird auch erfreulicherweise größer, weiß Matthias Hauser, aber immer noch ist die Zahl derer zu klein, die dann wirklich eine Ausbildung beginnen.

Und was bedeutet es, wenn immer weniger junge Leute zu Metzgern ausgebildet werden? "Der stellvertretende Innungsobermeister Hauser bringt es knapp und klar auf den Punkt: "Vielen Betrieben fehlen die Nachfolger. Konsequenz ist die Schließung vieler, vor allem kleinerer Metzgereien."

Die Zahl von etwa 700 Schließungen bundesweit pro Jahr dürfte eine deutliche Sprache sprechen. Anfang 2014 gab es noch etwa 14 000 Betriebe bundesweit - Tendenz rückläufig. "Wir sehen ja die Entwicklung hier in Hockenheim", analysiert Matthias Hauser.

Mangelnder Nachwuchs ist die eine große Sorge der Metzger hierzulande, die Discountläden und Supermärkte sind das zweite Phänomen, das den Metzgern, also den reinen Handwerksbetrieben, zu schaffen macht. Der Fleischverbrauch der Bundesbürger lag im Jahre 2013 pro Kopf etwa bei 60 Kilogramm. Insgesamt kann man etwa zehn Prozent der Bevölkerung den Vegetariern und Veganern zurechnen, exakte Zahlen sind schwierig zu ermitteln, Tendenz mag ein wenig steigend sein. "Den Kampf um den Fleischkunden wollen die Discounter mit den Preisen gewinnen", vermerkt Matthias Hauser. Die Großschlachtanlagen haben sich regelrecht zu einer Industrie entwickelt, da kann der Handwerker finanziell nicht Paroli bieten.

"In der Innung sind wir deshalb schon seit Jahren überzeugt, dass wir neue Wege gehen müssen und die meisten Kollegen sind damit auch erfolgreich", erläutert Hauser. Sofern die Metzgereien selbst schlachten, wird stets auch deutlich gemacht, von welchem Bauernhof die Tiere kommen.

Zwischenzeitlich ist es auch so, dass es in vielen Orten keine eigene Metzgerei mehr gibt. Metzgereien haben sich darauf eingerichtet und versorgen dort die Bevölkerung mit ihrem Verkaufswagen, den "rollenden Filialen", zu bestimmten festgelegten Zeiten mit ihrem Angebot, berichtet Hauser.

Für Erzeugergemeinschaften

"Die Metzgereien unserer Tage müssen einfach Besonderheiten bieten, auf einen Preiskampf können wir uns nicht einlassen, wir müssen Individualität und Qualität verdeutlichen", meint Hauser. Der bewusste Verbraucher wisse es zu schätzen, wenn er sicher sein könne, dass die Tiere tierartgerecht gehalten werden, wenn er weiß, welche Futtermittel verwendet werden, wenn er sicher sein kann, dass das Fleisch gentechnisch unbelastet und antibiotikafrei ist. Viele Metzgereien der Innungen würden sich deshalb auch Erzeugergemeinschaften anschließen.

Auch Matthias Hauser hat sich mit seinem Bruder Wolfgang dazu entschlossen, das Fleisch nur noch von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall zu beziehen. Die Resonanz der Kunden sei sehr gut, von Kollegen, die sich ebenfalls für die Schwäbisch Hällische Erzeugergemeinschaft entschieden habe, höre man genauso, dass der Verbraucher dieses Plus schätze und er keinen direkten Preisvergleich anstrebe. Die Kunden hätten das Vertrauen in "ihren" Metzger und seine Produkte und das beinhalte auch die Akzeptanz des Preises.

"Durch nichts abschrecken lassen"

Wer bereit sei, einen individuellen Weg zu gehen und die Wünsche seiner Kunden kenne und sie auch erfüllen könne, habe auch in Zukunft gute Chancen auf dem Markt, ist der zweite Innungsobermeister Matthias Hauser überzeugt. Man dürfe sich, so banal dies klingen mag, durch nichts abschrecken lassen. "Von viel Arbeit natürlich schon gar nicht", lacht Hauser, aber man wisse inzwischen ja auch, dass viel Bürokratie notwendig sei, um alle nur erdenklichen Nachweise führen zu können.

"Das macht aber unseren Arbeitsablauf transparent, unsere Kunden sollen wissen, was wir wie machen, das vertieft auch das Vertrauensverhältnis, schließlich will man ja der ,Metzger des Vertrauens' für den Kunden sein." Womit wir wieder, wie zu Beginn, bei Wilhelm Busch wären, am Ende des eingangs zitierten Gedichtes heißt es nämlich: "Wer einen guten Braten macht, hat auch ein gutes Herz." Dieses Lob gehört ja zum Teil auch dem Metzger.

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